Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2001 - 2006

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Drucksachen-Abteilung I (A) Ausgegeben am 05.12.2002

Eing. Dat. 27.11.2002

 

Nr. 430/1

Kindertagesstättenentwicklungsplan
Antrag des Jugendhilfeausschusses gem. § 71 SGB VIII; vom 26.11.2002, DS I (A) 430/1

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

1.
Den in Anlage beigefügte Kindertagesstättenentwicklungsplan.

2. Der Magistrat wird aufgefordert, die notwendigen Maßnahmen einzuleiten bzw. Beschlußlagen
    vorzubereiten, damit der seit 01.04.1996 bestehende Rechtsanspruch auf einen Kindergarten-
    platz wohnortnah erfüllt
werden kann.

3. Hierbei sind vom Magistrat die in Kapitel VIII des Kin­dertagesstättenentwicklungsplanes
    aufgeführten Vor­
schläge zum quantitativen und qualitativen Ausbau des Kindertages-
    stättenangebotes umzusetzen. Dies sind
insbesondere:

a)
die Erledigung der bereits eingeleiteten Prüfaufträge zu Um- bzw. Erweiterungsbauten
    vorhandener
städtischer Kindertagesstätten,
b)
die Realisierung der vom evangelischen Kirchengemeindeverband vorgesehenen
     Platzerweiterun
gen,
c)
der Bau einer neuen Kindertagesstätte in der Innenstadt sowie
d)
die Schaffung tatsächlich notwendiger Kindertagesstättenplätze bei der Umsetzung künftiger
    Bebau
ungsvorhaben.
   
Zur qualitativen Verbesserung des vorhandenen und zukünftigen Angebotes an
    Kindergartenplätzen ist ins
besondere
e)
die Personalausstattung des Eigenbetriebes Kindertagesstätten Offenbach an den Durchschnitts­
   
wert der Ausstattung freier Träger anzupassen,
f) die damit gewonnene zusätzliche Personalausstattung auf Einrichtungen der Innenstadt mit ho­
   
hem Ausländeranteil und einer Gruppenstärke von 25 Kindern mit Priorität zur verteilen,
g) freien Trägern ein zusätzlicher Personalkostenzu
schuß zur Verfügung zu stellen, insoweit deren
    Ein
richtungen in den Regionen der Innenstadt liegen, einen Ausländeranteil von über 60%
    aufweisen und
einen Personalschlüssel unter dem Durchschnittswert aller freien Träger
    aufweisen. Die Erhöhung
des Zuschusses ist an die tatsächliche Aufstockung des Personals zu
     binden,
h) mittelfristig dafür Sorge zu tragen, dass die Grup­penstärke wieder auf das von der Stadtver­ 
   
ordnetenversammlung beschlossene Niveau von maximal 22 Kindern pro Gruppe
     zurückgefahren
werden kann,
i) mit Priorität die Gruppenstärke in Einrichtungen mit einer Belegung von über 50% kulturell nicht
  deut
scher Kinder auf 20 Plätze zu senken,
j) die bereits im Haushaltsplan 2002 etatisierten Mittel
für Maßnahmen der Sprachförderung auch
   in den folgenden Haushaltsjahren einzustellen, sofern seitens des Landes Hessen
   entsprechende Programm-Mittel als Cofinanzierung bereit gestellt
werden.



4.
Der Magistrat wird aufgefordert, in Abstimmung mit dem Hess. Städtetag über eine
    Investitionskostenbe
teiligung des Landes und Steigerung der Anteile an den Betriebskosten
   vergleichbar derer anderer Bun
desländer durch das Land Hessen zu verhandeln.

5.
Die Aufgabe der Integration wird im Hinblick auf den hohen Anteil von Migrantenkindern,
   insbesondere bei dem öffentlichen Träger, verbunden mit Sprachförde
rung und
   Fortbildungsmaßnahmen für das Personal, vorrangig weitergeführt.

6. Der Stadtverordnetenbeschluss l (A) 975 vom
23.05.1996, der als Versorgungsziel festlegt,
    dass für
85% der Population der Rechtsanspruchskinder Plätze vorgehalten werden müssen, ist
    aufgrund des verän-
derten Kundenverhaltens zu überprüfen. Das Ergebnis ist der
    Stadtverordnetenversammlung vorzulegen.

7. Die zur Umsetzung der o. g. Maßnahmen erforderli­
chen Mittel sind im Rahmen eines
    Nachtragshaushaltes für das Jahr 2003 der Stadtverordnetenversamm
lung zur
    Beschlussfassung durch den Magistrat vor
zulegen.

Begründung:

Der Jugendhilfeausschuß hat in seiner Sitzung vom 21.11.2002 den von der Ver­waltung vorgelegten Kindertagesstättenentwicklungsplan erörtert und beschlossen.

Aus Sicht des Jugendhilfeausschusses besteht auf Grund des eklatanten Mangels an Kindergartenplätzen dringender Handlungsbedarf. Hinzu kommen notwendige Verbesserungen der Qualität des Angebotes.

Der nunmehr vorliegende Kindertagesstättenentwicklungsplan zeigt die bestehenden Mängel auf und weist Wege der Verbesserung auf. Der Jugendhilfeausschuß hält es für dringend geboten, dass durch die Stadtverordnetenversammlung und den Magi­strat mögliche und notwendige Schritte zur Erweiterung des Angebotes eingeleitet werden. Der Initiativantrag des Jugendhilfeausschusses verfolgt das Ziel, konkrete Schritte und Maßnahmen durch die Stadtverordnetenversammlung und den Magi­strat einzuleiten.

Zur Begründung im Einzelnen:

Zu1

Der Jugendhilfeausschuß hält es für notwendig, dass auch die Stadtverordnetenver­sammlung den vorliegenden Kindertagesstättenentwicklungsplan als Orientierung zum Ausbau des Kindertagesstättensystems in Offenbach zustimmend zur Kenntnis nimmt.

Zu 2

Der Kindertagesstättenentwicklungsplan belegt insbesondere in den Kapiteln VII und VIII, dass seitens des Magistrates alle möglichen und notwendigen Maßnahmen zur Deckung des Bedarfes an Kindergartenplätzen eingeleitet werden sollten.

Zu 3

Der Jugendhilfeausschuß hält die in Kapitel VIII des Kindertagesstättenentwick­lungsplanes aufgeführten Vorschläge zum quantitativen und qualitativen Ausbau des Kindertagesstättenangebotes für angemessen und notwendig. Die von (a) bis (d) aufgezählten Maßnahmen verstehen sich als Zusammenfassung der in Kapitel VIII formulierten Vorschläge. Die Positionen (e) bis (j) sind nach Auffassung des Jugend­hilfeausschusses notwendige qualitative Verbesserungen des Angebotssystems an Kindertagesstättenplätzen. Weder der Integrations- noch Bildungsauftrag kann mit der derzeitigen Ausstattung an Personal sowie der Belegungsdichte angemessen

erfüllt werden. Die Kapitel III und VI des Kindertagesstättenentwicklungsplanes ma­chen dies aus Sicht des Jugendhilfeausschusses überzeugend deutlich.

Zu 4

In keinem Flächenland der Bundesrepublik Deutschland liegt die Beteiligung des Landes an den Betriebskosten der Kindertagesstätten so niedrig wie in Hessen. Während in anderen Bundesländern zwischen 28 und 35% der Betriebskosten durch die Länder auf der Basis entsprechender Landesgesetze getragen werden, sind dies in Hessen nur ca. 7%. Hinzu kommt, dass der öffentliche Träger der Jugendhilfe für die von ihm getragenen Einrichtungen wesentlich geringere Zuschüsse als die freien Träger erhält. Der Jugendhilfeausschuß fordert, dass der kommunalen Familie eine bessere Ausstattung für diese Aufgabe durch das Land Hessen vergleichbar der an­derer Bundesländer zur Verfügung gestellt wird. Es ist nicht einzusehen, dass Ein­richtungen, die einen gesamtgesellschaftlichen Integrations- und Bildungsauftrag zu verwirklichen haben, fast ausschließlich von der kommunalen Ebene zu finanzieren sind.

Außerdem muß gefordert werden, dass das Land Hessen sich an den notwendigen Investitionen ebenfalls angemessen beteiligt. Insbesondere die Finanzsituation der Stadt Offenbach läßt nicht erwarten, dass diese Aufgaben ohne Landeshilfe bewältigt werden können.

Zu 5

Die erfolgreich angelaufenen Sprachfördermaßnahmen beim EKO wie den freien Trägern müssen aus Sicht des Jugendhilfeausschusses in 2003 unbedingt fortge­setzt werden. Sollte deren Finanzierung ab Januar 2003 nicht mehr gesichert sein, ist die Einschulung einer großen Zahl von Kindern aus Migrantenfamilien gefährdet. Abgesehen von der drohenden Desintegration dieser Kinder muß der öffentliche Ju­gendhilfeträger ein originäres Interesse haben, dass diese Kinder altersgerecht ein­geschult werden.

Der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz beginnt mit dem 3. Lebensjahr und endet mit der Einschulung. Sollte eine große Zahl von Kindern zum Schuljahr 2003/2004 nicht eingeschult werden können, verblieben diese im System Kinder­garten und würden die Mangelsituation an Plätzen zusätzlich verschärfen.

Zu 6

Die mit dem Kindertagesstättenentwicklungsplan vorgelegten Zahlen legen nahe, dass die bisherige Annahme, der Rechtsanspruch könnte gewährleistet werden, wenn für 85% der Gesamtpopulation Plätze vorgehalten werden, nicht mehr zutrifft. Der Jugendhilfeausschuß hält es aber auch für notwendig, vor Veränderung dieses Versorgungszieles das tatsächliche Kundenverhalten genauer zu untersuchen.
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