Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2001 - 2006


Drucksachen-Abteilung I (A) Ausgegeben am 04.01.2006

Eing. Dat. 03.01.2006

 

Nr. 963

 

 

Privatisierungen von städtischen und stadtnahen Betrieben

Antrag DIE LINKE. vom 29.12.2006, DS I (A) 963


Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

Private Beteiligungen an Betrieben der SOH, an Eigenbetrieben und an Einrichtungen in kommunaler Verantwortung soll der Magistrat nur in öffentlich debattierten Ausnahmefällen anstreben.


Begründung:

Kommunale Betriebe dienen traditionell der Daseinsvorsorge der Bürgerschaft, die über die Entrichtung ihrer Abgaben das Gemeineigentum erst ermöglichte. Die Stadt Offenbach hat jedoch - wie andere Gebietskörperschaften - in der jüngeren Vergangenheit eine Reihe von städtischen Betrieben zusammen mit Neugründungen in privatgesellschaftliche Rechtsform umgewandelt (z.B. EEG, ESO, GBM, GBO, Klinikum) bzw. mit unterschiedlichen Beteiligungsformen an private Investoren gebunden (ESO, EVO, OVB).

 

Da in Deutschland langjährige Erfahrungen mit Privatisierungen nicht vorliegen, zeigt ein Blick auf einschlägige Erfahrungen in Italien und den USA (Zusammenbruch der Stromversorgung – kürzlich auch in Deutschland), in Bolivien, Nicaragua und Ecuador (Trinkwasserversorgung, elektrische Energie, Telefon) oder Großbritannien (ÖPNV), dass durch diese Privatisierungen die Sicherung der allgemeinen Grundbedürfnisse signifikant beschädigt wird.

 

Nach einem überschaubaren  Start beeindrucken die privaten Investoren mit Sanierungen und Zuverlässigkeit, vernachlässigen danach die Instandhaltung der Anlagen, betreiben Niedriglohnpolitik und beginnen mit ungebremsten Preissteigerungen. Der Widerstand von Bürgerinnen und Bürgern in unseren Nachbarstädten gegen Cross-Border-Leasing (Frankfurt) und Privatisierung der Stadtwerke (Mühlheim) zeigt, wie sensibel die Menschen auf die Übertragung kommunalpolitischer Verantwortung an Private reagieren. Gerade auch einkommensschwache Schichten werden von diesen wirtschaftlichen Unsicherheiten besonders benachteiligt.

 

Es mag in einzelnen Fällen, v.a. durch dauerhafte und hohe Bezuschussungen städtischer Einrichtungen aus den überschuldeten kommunalen Haushalten, nicht immer zu vermeiden sein, sich finanziell stabile Partner zu suchen. Diese Kooperationen müssen aber im Interesse der Bürgerschaft öffentlich kontrollierbar sein und vor ihrem Zustandekommen hinreichend  öffentlich kommuniziert werden.

Grundsätzlich jedoch ist seitens der politischen Organe Skepsis bei Privatisierungen angezeigt.