Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2006 - 2011

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Drucksachen-Abteilung II (A) Ausgegeben am 05.02.2010

Eing. Dat. 04.02.2010

 

 

Nr. 499/97

 

 

Kulturelle Vielfalt am Arbeitsplatz in der Stadtverwaltung Offenbach
inkl. städtischer Gesellschaften
hier: Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 01.10.2009, DS I (A) 499
dazu: Magistratsvorlage Nr. 027/10 (Dez. I, Amt 11) vom 03.02.2010


Die Stadtverordnetenversammlung hat am 01.10.2010 folgenden Beschluss gefasst:

1. Die Stadtverordnetenversammlung sieht die interkulturelle Öffnung der
    Stadtverwaltung und der städtischen Gesellschaften als eine
    gesamtstädtische Querschnittsaufgabe an.

2. Der Magistrat wird beauftragt,

    a) bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie
        jugendlicher Auszubildender interkulturelle Kompetenzen gezielt und
        verstärkt zu berücksichtigen und zu fordern;

    b) zielgenau auf die Bedürfnisse von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
        sowie jugendlicher Auszubildender mit Migrationshintergrund
        ausgerichtete Unterstützungs-, Fort- und Weiterbildungsangebote
        bereitzustellen;

    c) darauf hinzuwirken, dass in den städtischen Gesellschaften in gleicher
        Weise verfahren wird.

 

Hierzu berichtet der Magistrat wie folgt:

 

Vorbemerkungen

 

Die Stadtverordnetenversammlung hat in ihrem Beschluss den Begriff der interkulturellen Kompetenz nicht näher erläutert. Auch in der einschlägigen Literatur und der aktuellen Debatte wird der Begriff der interkulturellen Kompetenz nicht einheitlich definiert.

 

Die Abteilung Personal- und Organisationsentwicklung des Personalamtes hat bereits in den Jahren 1998 bis 2000 vier Seminare mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus publikumsintensiven Bereichen zum Thema „Interkulturelle Kompetenz im Verwaltungshandeln“ sowie ein Training für Auszubildende durchgeführt. Der Schwerpunkt lag dabei auf der interkulturellen Kommunikation und dem Verstehen von unterschiedlichen Kulturdimensionen.

 

Für das Personaldezernat bedeutet „interkulturelle Kompetenz“ die Fähigkeit, eine kulturelle Überschneidungssituation als solche wahrzunehmen und flexibel, sensibel, angemessen und produktiv zu agieren. Dies setzt Kenntnisse über die kulturell geprägten Regeln, Wertehaltungen und Symbole des eigenen und des jeweiligen Kulturkreises voraus. Interkulturelle Kompetenz bewegt sich zwischen fachlicher Qualifikation und sozialer Kompetenz; sie erfordert bestimmte Persönlichkeitseigenschaften und Einstellungen.

 

Das Merkmal interkulturelle Kompetenz war bereits in der Vergangenheit Gegenstand einiger Auswahlverfahren (z.B. Fachstelle Bildung Kooperation Schule/Jugendhilfe, Allgemeiner und Sozialer Dienst, Tätigkeit in den Jugendbegegnungsstätten).

 

Der Auftrag an den Magistrat

 

a)    bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie jugendlicher Auszubildender interkulturelle Kompetenzen gezielt und verstärkt zu berücksichtigen und zu fordern

 

       Die Zielgruppe des Auftrages bilden neu zu gewinnende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Auszubildende. Gemeint sind damit Bewerberinnen und Bewerber ohne und mit Migrationshintergrund.

 

       Das Personalamt wird die für alle Organisationseinheiten bestehende Systemverfahrensanweisung über das Stellenbesetzungsverfahren dahingehend ergänzen, dass bereits bei der Festlegung der Anforderungsprofile zu prüfen ist, ob auf dem jeweiligen Arbeitsplatz interkulturelle Kompetenzen zu fordern sind. Vorrangig werden hiervon Organisationseinheiten mit Publikumsverkehr (z.B. Bürgerbüro, Ausländeramt, Sozialamt, Jugendamt, Wohnungs-, Versicherungs- und Standesamt) betroffen sein.

 

       Damit ist gewährleistet, dass sich dieses Anforderungsprofil in der Stellenausschreibung abbildet und bei der späteren inhaltlichen Gestaltung des Auswahlverfahrens sowie im Rahmen der geforderten Bestenauslese berücksichtigt werden muss.

 

       Dies setzt voraus, alle unmittelbar am Auswahlverfahren beteiligten Personen, z.B. Führungskräfte, Personalbetreuung, Personal- und Schwerbehindertenvertretung sowie die interne Frauenbeauftragte interkulturell zu schulen. Dabei wird es insbesondere Ziel sein, hinderliche Strukturen in Stellenbesetzungsverfahren für Menschen mit Migrationshintergrund zu erkennen, was bedeutet, den Blick nicht auf potenzielle Defizite, sondern vielmehr auf mögliche Potentiale und außerhalb des beruflichen oder schulischen Umfeldes erworbene Kompetenzen zu richten.

 

       Die Abteilung Personal- und Organisationsentwicklung (11.4) des Personalamtes wird hierzu entsprechende Schulungsmaßnahmen entwickeln und den an Auswahlverfahren beteiligten Personen anbieten. Zielsetzung ist hierbei die sukzessive Schulung aller am Auswahlverfahren beteiligter Personen. Ferner wird das Merkmal interkulturelle Kompetenz Gegenstand zukünftiger Führungskräfteentwicklungsprogramme werden.

 

       Im vorstehenden Sinne werden auch die Eignungstests für die Auswahl von Auszubildenden überprüft und ggf. angepasst.

 

 

b)   zielgenau auf die Bedürfnisse von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie jugendlicher Auszubildender mit Migrationshintergrund ausgerichtete Unterstützungs-, Fort- und Weiterbildungsangebote bereitzustellen.

 

       Hier wird offenbar davon ausgegangen, dass bei städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kernverwaltung mit Migrationshintergrund ein Bedarf an entsprechenden Angeboten besteht. Dies entspricht aber nicht den tatsächlichen Verhältnissen. Alle städtischen Bediensteten mit Migrationshintergrund sind qualifiziert eingesetzt und verfügen in der Regel über einen qualifizierten Schul- und Berufsabschluss.

 

       Auch bei Auszubildenden gibt es diesbezüglich keinen Bedarf. Dies ist u.a. darauf zurückzuführen, dass z.B. für die Ausbildung in der Beamtenlaufbahn als Zugangsvoraussetzung für den gehobenen Dienst das Abitur und für den mittleren Dienst die mittlere Reife laufbahnrechtlich gefordert werden. Für die sonstigen Ausbildungsberufe nach dem Berufsbildungsgesetz (z.B. Verwaltungsfachangestellte, Fachinformatik, Fachangestellte für Medien und Informationsdienste, Vermessungstechnik) ist mindestens ein guter Hauptschulabschluss bzw. mittlere Reife zum erfolgreichen Abschluss der Ausbildung erforderlich. Die Praxis hat gezeigt, dass Auszubildende mit Migrationshintergrund und diesen Schulabschlüssen keiner spezifischen Unterstützung bedürfen. Diese Aussage wird auch dadurch gestützt, dass von 11 Ausbildungsstellen nach dem Berufsbildungsgesetz seit dem Jahr 2003  5 Stellen von Auszubildenden mit Migrationshintergrund besetzt wurden, was einer Quote entspricht, die über der der Offenbacher Bevölkerung mit Migrationshintergrund liegt. Auch in Korrelation zu den Bewerbungszahlen kann von einer Überrepräsentanz der eingestellten Auszubildenden mit Migrationshintergrund ausgegangen werden.

 

       Der Stadtverordnetenbeschluss zielt offenbar auf Arbeitsfelder und Ausbildungsberufe, bei denen praktische handwerkliche Tätigkeiten ohne qualifizierten Schulabschluss im
Vordergrund stehen. Solche Arbeitsfelder bzw. Ausbildungsberufe stehen im Bereich
der Kernverwaltung nicht zur Verfügung.

 

       Im Übrigen nutzen Bedienstete und Auszubildende mit Migrationshintergrund die angebotenen Fortbildungen und Maßnahmen im städtischen Fortbildungsprogramm.

 

c)    darauf hinzuwirken, dass in den städtischen Gesellschaften in gleicher Weise verfahren wird.

 

       Die Dezernentin bzw. Dezernenten werden innerhalb ihrer Zuständigkeit für städtische Gesellschaften auf deren Umsetzung des Stadtverordnetenbeschlusses hinwirken. Zu diesem Zweck werden alle städtischen Vertreterinnen und Vertreter in den Gesellschaften beauftragt, in diesem Sinne tätig zu werden.