Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2011 - 2016


2011-16/DS-I(A)0572/3Ausgegeben am 24.7.2014

Eing. Dat. 24.7.2014

 

 

 

 

 

Änderung des Investitionsprogramms für die Haushaltsjahre 2014 ff

Ergänzungsantrag SPD, B´90/Die Grünen und FW vom 24.7.2014

 

 

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Der Magistrat der Stadt Offenbach wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass:

 

  1. der Bund und das Land Hessen die Kommunen und damit auch die Stadt Offenbach bedarfsgerecht finanziell ausstatten.

 

  1. im Zuge der KFA-Neuordnung die Quoten für „pflichtige Leistungen“, die im aktuellen Entwurf des Hessischen Finanzministeriums (Stand Mai 2014) aufgelistet werden, deutlich erhöht werden und sich dabei an den tatsächlichen Bedarfen der Kommunen orientiert wird. Dies gilt insbesondere für die Bereiche Sportförderung, Kinderbetreuung, Soziales, Wirtschaftsförderung, Bildung, Kultur und Umwelt- und Klimaschutz. Es muss gewährleistet werden, dass von der Kommunalaufsicht zur Umsetzung der pflichtigen Leistungen keine Kompensationsmaßnahmen an anderen Stellen im Haushalt eingefordert werden können.

 

  1. die Neuausrichtung des KFA auf der Grundlage doppischer Haushaltsführung erfolgt.

 

  1. bei der Neuausrichtung des KFA die Bedarfsermittlung nicht rein nach „Pro-Kopf-Regelung“ erfolgt, sondern unter Berücksichtigung ausgewählter Strukturdaten bzw. sozioökonomischer Daten als Indikatoren für besondere Bedarfslagen (z.B. analog der Lehrerzuweisung nach Sozialstrukturindex) erfolgt.

 

  1. Sowohl bei den pflichtigen als auch bei den freiwilligen Leistungen Mindeststandards so definiert werden, dass Kommunen im Strukturwandel hierdurch keinen Wettbewerbsnachteil erleiden (z.B. bei der Frage der Standards für den baulichen Zustand, die Sach- und Personalausstattung bei KITAS und Schulen).

 

  1. bei der Zuweisung der finanziellen Mittel die Abdeckung eines Mindeststandards bei freiwilligen Leistungen ebenfalls eingerechnet wird.

 

Begründung:

 

Zur Dringlichkeit: Die aktuelle Genehmigungslage des Offenbacher Haushalts 2014 zeigt:  Nicht mal die notwendigen Investitionen für Offenbachs Bildungseinrichtungen (KITAS und Schulen) werden der Stadt durch das Land Hessen erlaubt. Die Aufrechterhaltung der Kommunalen Daseinsvorsorge ist in der Stadt Offenbach in Gefahr. Dem muss sofort Abhilfe geschaffen werden.

 

Zu 1. Hessens Kommunen haben laut statistischem Bundesamt im Ländervergleich den höchsten Finanzierungsbedarf je Einwohner. Die Kommunen verzeichneten auch im Jahr 2013 das zweischlechteste Ergebnis beim Finanzierungssaldo je Einwohner in Deutschland. Der Fehler steckt im System. Es muss wiederholt darauf hingewiesen werden, dass Kommunen in Deutschland für Aufgaben, die sie von höheren Ebenen auferlegt bekommen, keine ausreichende Finanzausstattung erhalten.

 

Zu 2. Im sog. „Alsfeld-Urteil“ des Hessischen Staatsgerichtshofs wurde die Verfassungswidrigkeit des bisherigen Kommunalen Finanzausgleichs festgestellt:

 

Der … Anspruch auf finanzielle Mindestausstattung ist verletzt, wenn infolge unzureichender Finanzausstattung keine freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben mehr wahrgenommen werden können.“

 

Das Urteil hat dazu geführt, dass der KFA neuausgerichtet werden muss. Das Hessische Finanzministerium hat im Mai 2014 Tabellen vorgelegt, in denen freiwillige und pflichtige Leistungen für die künftige Berechnung des KFA aufgelistet werden. Das Finanzministerium hat dabei nach dem Vorbild anderer Bundeslänger, den kommunalen Aufgaben einen Pflichtgrad zwischen null und einhundert Prozent beigemessen. Dabei ist jedoch an keiner Stelle erklärt, auf welcher Grundlage das Ministerium zu den einzelnen Gewichtungen gelangt.

 

Im aktuellen Entwurf des Hessischen Finanzministeriums zur Neuordnung des KFA (Stand Mai 2014) werden die Produktgruppen Sport, Wirtschaftsförderung und Kultur komplett den freiwilligen Leistungen zugeordnet.

 

Es befremdet, dass der Hessische Innenminister offensichtlich die Verankerung des Sports in der Hessischen Verfassung nicht für bindend im Hinblick auf die Aufgabenerfüllung und die Finanzierung der Aufgaben erachtet. In ihrer Presseerklärung vom 11.07.2014 erklärten Innenminister Beuth und Finanzminister Schäfer: „Momentan können Kommunen sogar bei defizitären Haushalten für die Sportförderung bis zu 1,5 Prozent des Haushaltsvolumens verausgaben. Die Kommunalaufsicht wird dies nicht beanstanden“.   Diese Aussage würde bedeuten, dass Offenbach jährlich 2 Millionen Euro  mehr für die Sportförderung ausgeben könnte. Aufgrund der dennoch verbindlich einzuhaltenden Schutzschirmvorgabe ist es jedoch ausgeschlossen, diese Ausgaben ohne Kompensationsmaßnahmen aus anderen Bereich wie etwa der Wirtschaftsförderung zu tätigen. Das wäre inhaltlich absurd. Aussagen in einer Pressemitteilung reichen nicht aus. Die Stadt Offenbach braucht klare und deutliche Angaben, die im KFA festgehalten werden müssen.

 

Auch der „Pakt für den Nachmittag“ (ganztägige Betreuung im Grundschulalter) wurde für die Zeit von 14.30 Uhr bis 17 Uhr als freiwillige kommunale Leistung beurteilt. Auch das Mittagessen müsste von den Kommunen getragen werden. Die durch das Land vorgeschlagene Maßnahme bleibt somit finanziell an den Kommunen hängen, wollen sie sich beteiligen. Die Folge könnte sein, dass sich nur finanzstarke Kommunen eine Beteiligung am Pakt leisten können. Sinnvoller wäre an dieser Stelle ohnehin, wenn das Land den Ausbau echter Ganztagsschulen vorwärts treiben würde.

 

Unverständlich ist zudem eine Einschränkung bei der Wirtschaftsförderung.  Nur wenn wir weiter Gewerbe ansiedeln können kann sich das strukturelle Defizit Offenbachs langfristig beseitigen lassen.

 

Zu 3. Da der doppische Haushaltsausgleich Maßstab kommunaler Haushaltsrechnung ist, muss er auch Maßstab für den KFA sein. Alles andere führt zu Intransparenz und Willkürlichkeit.

 

Zu 4. Die antragsstellenden Fraktionen sehen die Gefahr, dass besonders hohe oder niedrige Bedarfe einzelner Kommunen als „Ausreißer“ behandelt werden, obwohl sie durch sozioökonomische Gegebenheiten und nicht durch eine besonders (un)wirtschaftliche Haushaltsführung verursacht wurden.

 

Zu 5. Wettbewerbsnachteile könnten sich unter anderem bei der Frage von baulichen Standards an Schulen ergeben. Ist nur das Stopfen von Löchern im Dache eine Pflichtleistung oder auch die Ausstattung mit modernen Medien, einer angemessenen Lüftung, Akustiksanierung und Schallschutzfenstern?  Wichtig sind auch die baulichen Standards für inklusive Beschulung, die eine neue Herausforderung für die Schulträger sind. Müssen Intensivkurse und Seiteneinsteigerklassen in Containern unterrichtet werden oder muss es ein Gebäude sein? Sind Kellerräume für Grundschüler angemessen?

 

Zu 6. Der Stadt Offenbach ist nicht gedient, laut Erklärung der Minister Beuth und Schäfer z.B. „bis zu 1,5% des Haushaltsvolumens“ für Sport ausgeben zu dürfen, wenn das Geld im Rahmen des Schutzschirms nicht vorhanden ist. In Offenbach würde dies ca. 2 Millionen Euro mehr für den Bereich Sport bedeuten. Eine solche Erhöhung hätte jedoch zur Folge, dass das Schutzschirmziel verfehlt würde und folglich eine Ablehnung der Haushaltsgenehmigung erfolgen würde. Damit ist die Behauptung der Minister ad absurdum geführt, wenn keine Zuweisung finanzieller Mittel zur Abdeckung des Mindeststandards erfolgt.