Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2016 - 2021


2016-21/DS-II(A)0007Ausgegeben am 08.02.2017

Eing. Dat. 22.12.2016

 

 

 

Beschleunigung von Baugenehmigungsverfahren

hier: Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 21.06.2016, DS-I(A)0035
dazu: Magistratsvorlage Nr. 2016-444 (Dez. I, Amt 63) vom 21.12.2016


Die Stadtverordnetenversammlung hat am 21.06.2016 folgenden Beschluss gefasst:

1.    Der Magistrat wird beauftragt, zu prüfen und zu berichten, wie ein digitales Baugenehmigungsverfahren für Offenbach eingeführt werden kann. Entstehende Kosten sind hierbei darzustellen.

2.    Der Bericht ist binnen 6 Monaten nach Beschlussfassung vorzulegen.

3.    Der Bericht soll konkrete Vorschläge zur praktischen Umsetzung enthalten.

 

 

Hierzu berichtet der Magistrat wie folgt:

 

Die Bauaufsicht der Stadt Offenbach am Main arbeitet aktuell mit einem Produkt der Firma PROSOZ, einem Anbieter für kommunale IT. Die Bauaufsicht verwendet das Produkt „ProBAUG“. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um eine IT-Lösung zur Vorgangsverwaltung. Die Vorgänge werden mit allen wesentlichen Daten erfasst (z.B. Vorgangsart, Akteure), Dokumente (Schriftstücke) werden im jeweiligen ProBAUG-Aktenzeichen erstellt, einzelne Schritte der Bearbeitung abgebildet sowie insbesondere der Verbleib der Akte verfolgt. Grundsätzlich kann auch die E-Mail-Kommunikation über ProBAUG erfasst werden. Dieses Feature (wie auch eine ganze Reihe anderer) ist jedoch äußerst umständlich und zeitaufwändig, so dass es aktuell kaum genutzt wird. Nunmehr ist eine neue Version von ProBAUG auf dem Markt, die Amt 63 in 2017 einführen wird. Diese Version verspricht in vielen Punkten eine erhebliche Vereinfachung und Flexibilisierung. Sie ist zudem ein grundlegender Schritt für die weitere Digitalisierung.

 

Zu dieser weiteren Digitalisierung im Tätigkeitsfeld der Bauaufsicht (baurechtliche und denkmalschutzrechtliche Genehmigungsverfahren; wiederkehrende Prüfungen; bauaufsichtliche, denkmalschutzrechtliche und wohnungsaufsichtliche Anordnungen; Abgeschlossenheiten; fliegende Bauten; Widerspruchsverfahren; Beschwerdeverfahren; Gerichtsverfahren etc.) hat Amt 63 kontinuierlich verschiedene Schritte untersucht:

 

-          Digitalisierung des vorhandenen Hausaktenarchivs;

-          Digitalisierung der vorhandenen Statiken;

-          Digitalisierung der Akteneinsicht;

-          Digitalisierung weiterer Teil-Aktivitäten;

-          Digitalisierung aller Aktivitäten.

 

Digitalisierung des vorhandenen Hausaktenarchivs

Nach Gesprächen mit der hausinternen IT sowie mit einer Bauaufsicht, die sich schon sehr weit in der Entwicklung befindet (Oberursel), erscheint es derzeit wenig opportun, den Bestand zu digitalisieren. Abgesehen von einem erheblichen Zeit-, Personal- und Kostenaufwand ist es wenig sinnvoll, den Bestand zu digitalisieren, wenn noch nicht über das zukünftige System für die laufenden Vorgänge entschieden worden ist. Würde der Bestand nun digitalisiert, käme es zu einer Insellösung, die sich mit den Entwicklungen für die laufenden Vorgänge voraussichtlich nicht ohne weiteres vereinbaren lässt. Es käme letztlich entweder technisch und inhaltlich zu zwei parallelen Systemen oder aber zu einem erheblichen zusätzlichen Aufwand, um den digitalisierten Bestand in das neue System zu integrieren. Beispielhaft sei eine derzeit große Unbekannte benannt: Der Bestand ist in seiner ganzen Heterogenität und Diversität derzeit chronologisch aufgebaut. Heute verfügbare IT-Systeme für laufende Verfahren sortieren jedoch u.a. nach Verfahrens- und Dokumentkategorien. Diese Kategorien sind von den jeweiligen Anbietern nicht vorgegeben. Es gibt zwar – einem allgemeinen Gerüst gleich – standardisierte Kategorien, diese müssen jedoch auf die jeweilige Behörde im Einzelnen strukturell angepasst werden. Daher ist also gegenwärtig nicht ersichtlich, welche Struktur die zukünftigen laufenden Vorgänge haben werden. Es empfiehlt sich dringend, zuerst das System für die laufenden Verfahren zu etablieren und erst dann den Bestand entsprechend zu integrieren.

 

Digitalisierung der vorhandenen Statiken

Anders als bei den Archivakten handelt es sich bei einer Statik um ein unabhängiges, in sich abgeschlossenes Dokument. Hier ist es unschädlich, bereits jetzt eine Digitalisierung voranzutreiben. Denn es entstehen einzelne Dateien, die später mit überschaubarem Aufwand in ein neues System integriert werden können.

Amt 63 befindet sich derzeit mit der hausinternen IT im Gespräch, hier eine Lösung einzurichten. Die Tendenz geht in Richtung einer anlassbezogenen Digitalisierung: Wenn eine Kundin / ein Kunde im Rahmen der Akteneinsicht eine Kopie der Statik wünscht, wird diese für die Kundin / den Kunden digitalisiert und auf einem geeigneten mobilen Datenträger übergeben. Zeitglich wird die Datei auf einem internen Laufwerk abgelegt. Auf dieses Verfahren wird voraussichtlich Mitte / Ende 2017 umgestellt werden können. Dies ist dadurch bedingt, dass Amt 63 in 2017 die neue ProBAUG-Version aufspielen lässt. Diese Version ermöglicht die verfahrensungebundene Ablage von Dateien, ein Feature, das Amt 63 auch für weitere verfahrensungebundene Daten nutzen wird.

 

Nach Rücksprache mit der hausinternen IT erscheint die anlassbezogene Digitalisierung nach gegenwärtiger Einschätzung als sinnvollste Vorgehensweise. Eine systematische Digitalisierung würde einen erheblichen Zeit- und Kostenaufwand auslösen, dem kein adäquater Nutzen gegenüber steht.

 

 

 

Digitalisierung der Akteneinsicht

Amt 63 ist in Zusammenarbeit mit der hausinternen IT und mit Unterstützung des Hauptamtes dabei, die Akteneinsicht zu digitalisieren. Zukünftig sollen keine Fotokopien mehr erstellt werden. Vielmehr erhält die Kundschaft einen mobilen Datenträger, auf dem sich die gewünschten Dokumente aus der eingesehenen Akte befinden. Dies wird zu einer Beschleunigung, Vereinfachung und Kostensenkung führen. Zeitgleich führt es zu einem schonenderen Umgang mit den Archivakten (die immerhin z.T. aus dem vorletzten Jahrhundert stammen). Denn die Anfertigung von Papierkopien – wie es derzeit der Fall ist – beansprucht die Akten in erheblichem Umfang, insbesondere wenn zu diesem Zwecke Urkunden aufgelöst und anschließend wieder zusammengeführt werden müssen.

 

Geplant ist die Einrichtung eines Arbeitsplatzes, an dem die Kundschaft die Akte einsehen und mit einer Digitalkamera Fotos anfertigen kann. Viele nehmen die Akteneinsicht mit eigenen Geräten schon heute in dieser Form wahr. Diese Möglichkeit bleibt natürlich bestehen.

 

Für den Arbeitsplatz werden eine geeignete Digitalkamera, ein Stativ sowie ein lokaler PC benötigt. Eventuell bedarf es noch eines passenden Tisches für den Arbeitsplatz. Dies ist derzeit noch in Prüfung. Weiterhin werden mobile Datenträger (voraussichtlich SD-Cards und USB-Sticks) angeschafft. Die Kundschaft kann entweder direkt die SD-Card aus der Kamera mitnehmen. Alternativ können die Daten über den lokalen PC auf einen USB-Stick übertragen werden. Die Kosten für die SD-Cards / USB-Sticks werden – so wie derzeit die Kopierkosten – als Auslagen auf die Kundschaft umgelegt.

 

Während heute die Kundschaft die Seiten, die sie als Kopien wünscht, zunächst markiert, ein/e Mitarbeiter/in der Bauaufsicht die Seiten sodann auf Kosten der Kundschaft kopiert und die Kopien erst nach Fertigung zur Verfügung gestellt werden können, kann die Kundschaft die gewünschten Ablichtungen zukünftig in Echtzeit fertigen und erhält den Datenträger noch im Akteneinsichtstermin zur Mitnahme.

 

Zeitziel der Umstellung: Ende März 2017.

 

Digitalisierung weiterer Teil-Aktivitäten

Über die bereits in Angriff genommenen Maßnahmen im Bereich Akteneinsicht und Statiken hinaus ist Amt 63 kontinuierlich in Prüfung, ob ggf. weitere Teil-Aktivitäten mit Unterstützung der gegenwärtigen und zukünftigen ProBAUG-Version digitalisiert werden können.

 

Digitalisierung aller Aktivitäten

Amt 63 untersucht fortlaufend die Möglichkeiten zur Digitalisierung der gesamten Aktivitäten, mithin die Entwicklung hin zum „papierlosen Büro“.

 

Es hat hierzu immer wieder Kontakte zu der Bauaufsicht Oberursel gegeben, die schon vor einigen Jahren die Digitalisierung ihrer Prozesse auf den Weg gebracht hat. Am 28.11.2016 hat eine Delegation der Stadt Offenbach die Bauaufsicht Oberursel besucht und sich das System vorführen lassen. Mitglieder der Offenbacher Delegation waren Mitarbeiter/innen aus allen Bereichen der Bauaufsicht sowie drei Mitarbeiter/innen der hausinternen IT.

 

Oberursel hat sich für die Systeme ProBAUG und ITEBO entschieden. Wie auch die Bauaufsicht der Stadt Offenbach hat Oberursel bereits zuvor mit ProBAUG gearbeitet. Als sie sich für die Digitalisierung entschied, verblieb es bei diesem Basissystem. Die Erwägung war, dass bei Wechsel des Softwareanbieters zunächst eine Datenmigration fällig geworden wäre. Damit verbundener Aufwand, Kosten und Risiken (Datenverlust) wurden gegen eventuelle Vorteile eines Wechsels abgewogen; im Ergebnis wurde letzerer verworfen. Die „Wahl“ für das Verfahrensmanagement fiel auf das System der Firma ITEBO, da dies seinerzeit der einzige Anbieter war. Heute kooperiert ProBAUG mit weiteren Anbietern. Oberursel hat sich zudem entschlossen, die Daten nicht auf einem eigenen Server abzulegen, sondern hat diesen Teil der Digitalisierung an ein Unternehmen in München outgesourct. Dort werden sämtliche Daten gespeichert und gesichert. Bei dem Besuch der Offenbacher Delegation wurde das System vorgestellt. Zudem wurde die konkrete Umsetzung am Arbeitsplatz vorgeführt. Insgesamt macht das System einen zukunftsfähigen Eindruck. Derzeit verhält es sich jedoch noch so, dass in erheblichem Maße parallel analog und digital gearbeitet bzw. hin und her gesprungen wird (sog. Medienbruch). Dies liegt vor allem daran, dass die heutigen Schnittstellen der Bauaufsichten noch nicht entsprechend ausgestattet sind. Dies gilt für die Antragsteller und deren Entwurfsverfasser ebenso wie für andere Behörden, Gerichte, Sachverständige, Prüfingenieure. In der Konsequenz müssen digitale Akten immer wieder in Papierform reproduziert werden. Umgekehrt wurden mehrere Scanner und Plotter angeschafft, damit die Mitarbeiter/innen die eingehenden analogen Unterlagen von Hand digitalisieren können (sog. Medienbruch). Weiterhin wurden bis heute nicht die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür geschaffen, das Verfahren vollständig in digitaler Form laufen zu lassen. Dies ist auch in der aktuell geplanten Novelle der Hessischen Bauordnung nicht vorgesehen. Oberursel arbeitet derzeit ebenfalls noch mit einer älteren Version von ProBAUG. Der Wechsel auf die neue Version ist mit drohendem Datenverlust verbunden. Derzeit wird dort noch untersucht, wie die Umstellung mit möglichst wenigen Reibungsverlusten erfolgen kann.

 

Situation in Offenbach: Die derzeitige Funktionalität von ProBAUG spricht eindeutig gegen eine Beibehaltung und Fortentwicklung dieses Systems. Jedoch verspricht die neue Version in vielen Punkten eine erhebliche Verbesserung. Auch sollte ein Systemwechsel mit allen damit verbundenen Kosten, Risiken und Reibungsverlusten wohl erwogen sein. Amt 63 hat sich daher entschieden, vorerst bei ProBAUG zu bleiben und die neue Version zu implementieren. Dies ist für Mitte / Ende 2017 vorgesehen. Sollte sich diese Version bewähren und sie ihre Versprechungen einhalten, hält Amt 63 das System für die Digitalisierung der Prozesse für geeignet.

 

Parallel zur Implementierung der neuen Version wird Amt 63 in Kooperation mit der hausinternen IT herausarbeiten, nach welchem System das Verfahren in Offenbach am optimalsten digitalisiert werden kann. Hierzu sind vorgesehen:

 

-          Gespräche mit weiteren Kommunen, die bereits (ganz / teilweise) umgestellt haben oder den Prozess gerade anstoßen;

-          Gespräche mit ITEBO und den weiteren Kooperationspartnern von PROSOZ;

-          Angebotsabfragen (Leistungsinhalte, Ablauf, Kosten, Zeitziele etc.);

-          Identifizierung der erforderlichen Hardware (etwa leistungsadäquate technische Ausstattung der Arbeitsplätze, geeignete mobile Endgeräte, Scanner / Plotter, Beamer) nebst Kostenvorschlag;

-          Identifizierung von ggf. erforderlichem Schulungsbedarf;

-          Identifizierung von ggf. erforderlichem Personalbedarf für die Einführung / Umstellung als Projekt.

 

Zeitziel zur Klärung der vorgenannten Fragestellungen: Ende 2017