Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2016 - 2021


2016-21/DS-I(A)0731/1Ausgegeben am 05.02.2020

Eing. Dat. 05.02.2020

 

 

 

 

 

Soziale Stadt (HEGISS) Offenbach Nordend

hier: Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept und Programmgebiet nach

§ 171 e Baugesetzbuch (BauGB)

Ergänzungsantrag Die LINKE. vom 05.02.2020

 

 

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Unter Punkt 6. wird folgende Maßnahme ergänzt:

 

„Erhaltungssatzung“ (Milieuschutz) nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB

 

 

Begründung:

 

Das ISEK führt unter den Zwischenergebnissen für das Wohnen und das Wohnumfeld im Programmgebiet folgende Schwäche des Nordends auf: „Viele der neu entstehenden Wohnungen sind im mittleren und hohen Preissegment angesiedelt und für viele Bewohnerinnen und Bewohner des Nordends nicht leistbar.“ Weiter wird eine Reihe von Risiken, die sich aus der Umsetzung des Konzepts ergeben, genannt, die sich alle auf die Erhöhung der Mietpreise und die damit einhergehende Verdrängung der alteingesessenen Bevölkerung beziehen. Die einzige Maßnahme, die das Konzept gegen diese Schwächen und Risiken anbringt, ist eine „Immobilienmarktbeobachtung“. Die Priorität der Maßnahme wird mit „Niedrig“ angegeben und sie kommt im Antragstext nicht mehr vor.

Eine Erhaltungssatzung („Milieuschutz“) wird den im Konzept genannten Schwächen und Risiken entgegenwirken und die befürchtete Verdrängung durch Aufwertung eindämmen. Sie zielt darauf ab, die aktuelle Bevölkerungszusammensetzung zu erhalten. Die Bevölkerung im Nordend weist aufgrund der Sozialstruktur ein überdurchschnittliches Verdrängungspotential auf und ist deshalb besonders auf Unterstützung angewiesen. Das hohe Aufwertungs- und Verdrängungspotential erfordert ein dringendes Handeln.

In Städten wie München oder Frankfurt werden anhand der eben beschriebenen Faktoren Erhaltungs- und Milieuschutzsatzungen erlassen. Konkret bedeutet dies, dass in von der Stadt ausgewiesenen Gebieten der Rückbau, die Änderung oder die Nutzungsänderung baulicher Anlagen genehmigungspflichtig sind. Es wird geprüft, ob die konkrete bauliche Maßnahme das Satzungsziel gefährdet.

Hingegen nicht genehmigungspflichtig sind etwa Instandhaltungsmaßnahmen oder die Herstellung zeitgemäßer Ausstattung. Mit einer Milieuschutzsatzung werden Luxusmodernisierungen verhindert, da durch diese die Mieten für einen Großteil der ansässigen Bevölkerung unbezahlbar werden.

Aus städtebaulicher Sicht ist es sinnvoll, preiswerten Wohnraum zu erhalten, da aktuell nur sehr begrenzt Ersatz geschaffen werden kann. Selbst die GBO argumentiert, dass sie keine günstigen Sozialwohnungen schaffen könne, da u.a. die Baukosten zu hoch seien und eine kostenfreie Übereignung von Baugrundstücken durch die öffentliche Hand notwendig wäre. Wenn günstige Wohnungen nach und nach wegfallen, wird sich die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung verändern. Damit verbunden sind nachteilige städtebauliche Entwicklungen, denn es müsste an anderer Stelle Ersatzwohnraum geschaffen werden. Vorhandene Infrastruktureinrichtungen, die aktuell auf den Bedarf der ansässigen Bevölkerung zugeschnitten sind, müssten angepasst und an anderer Stelle mit erheblichem Aufwand neu geschaffen werden.

Die Anwendung von Erhaltungs- und Milieuschutzsatzungen haben sich in Frankfurt, Berlin, München und Hamburg bewährt. In einem Bericht der Akademie für Raumforschung und Landesplanung (2015)[1] wird argumentiert, dass insbesondere im Programm „Soziale Stadt“ ungewollten Nebenwirkungen, wie etwa Gentrifizierung, mittels eines Milieuschutzes vorgebeugt werden könne. Der Deutsche Städtetag (2013)[2] schlägt das Instrument vor, um den sozialen Zusammenhalt in einer Stadt zu sichern.

Auch in Offenbach sollte diese Maßnahme Anwendung finden, um die städtebaulichen Eigenarten und die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung im Nordend und anderen relevanten Quartieren langfristig zu sichern. Den Bewohner*innen muss die Chance gegeben werden, dort langfristig bleiben zu können. Es muss verhindert werden, dass ärmere Bevölkerungsschichten an den Rand von Offenbach gedrängt werden oder die Stadt verlassen müssen.