Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2016 - 2021


2016-21/DS-II(A)0081Ausgegeben am 28.01.2021

Eing. Dat. 17.12.2020

 

 

 

Allen Einwohner*innen den Zugang zum Wohnungsmarkt erleichtern
hier: Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 27.08.2019,

2016-21/DS-I(A)0657

dazu: Magistratsvorlage Nr. 2020-552 vom 16.12.2020

 

 

Die Stadtverordnetenversammlung hat am 19.09.2019 folgenden Beschluss gefasst:

 

Der Magistrat wird beauftragt:

 

  1. zu prüfen und zu berichten, ob, wo und wie in der Verwaltungsstruktur oder im Stadtkonzern eine Anlaufstelle zur Wohnberatung angedockt werden kann.

Kosten und mögliche Fördermöglichkeiten sind ebenfalls darzustellen.

 

  1. zu prüfen und zu berichten, ob und wie Belegungsvereinbarungen ähnlich wie in Wiesbaden mit den in Offenbach ansässigen Wohnungsunternehmen abgeschlossen werden können.

 

  1. das Offenbacher Förderprogramm „Zum Ankauf von Belegrechten in Offenbach am Main“ zu überarbeiten, um:

 

A.   Belegungsrechte an barrierefreien Wohnungen nach „DIN 18040-2“, für körperlich eingeschränkte Personen, die jedoch nicht auf den Rollstuhl angewiesen sind, zu erhalten bzw. neu zu erwerben.

 

B.   tatsächliche Anreize für Immobilienbesitzer zu schaffen, auch in einer dynamischen Marktumgebung Belegungsrechte zu veräußern.

 

 

Hierzu berichtet der Magistrat wie folgt:

 

Frage 1:

Der Magistrat wird beauftragt, zu prüfen und zu berichten, ob, wo und wie in der Verwaltungsstruktur oder im Stadtkonzern eine Anlaufstelle zur Wohnberatung angedockt werden kann.

Kosten und mögliche Fördermöglichkeiten sind ebenfalls darzustellen.

 

Antwort:

Für eine Anlaufstelle zur Wohnberatung sind im Wesentlichen zwei Themenbereiche denkbar: eine Wohnraumberatung und/oder eine Mietrechtsberatung.

 

Eine Option wäre eine Verankerung unmittelbar in der Stadtverwaltung. Eine weitere Option wäre eine Kooperation mit einem Externen.

 

a)    Kooperation mit Externen

Eine Kooperation mit einem Externen gibt es bereits in der Zusammenarbeit der MainArbeit mit der Caritas in dem sogenannten Wohnraumberatungsprojekt „CariJob“.

 

Zur Zusammenarbeit Caritas/MainArbeit können folgende Zahlen benannt werden:

Vom Fallmanagement der MainArbeit sind 3 Personen bei CariJob beschäftigt. Im Jahr 2020 wurden von diesem Team für Notuntergebrachte 157 Bedarfsgemeinschaften (BG) mit 391 Personen beraten. 43 BG mit 128 Personen haben eine Wohnung gefunden. Davon 25 in Offenbach und 18 außerhalb.

 

Von Seiten der Caritas ist  CariJob mit 0,5 Stellen besetzt.

Hier wurden 123 BG beraten und 11 BG haben eine Wohnung gefunden.

 

Beide Maßnahmen sind ausschließlich Menschen vorbehalten, die im SGB II Leistungsbezug stehen. D. h. die Kosten für die Leistungsbezieher werden über die MainArbeit abgerechnet.

 

Zusätzlich erfolgt eine Wohnraumberatung/Wohnraumanpassung in Offenbach durch den Sozialverbund VdK Hessen-Thüringen e. V.; ein entsprechender Hinweis ist auf der Homepage der Stadt Offenbach verlinkt. Die Wohnraumberatung/Wohnraumanpassung stellt sich den Fragen, wie der Verbleib in der Wohnung durch individuelle Veränderungen innerhalb der Wohnung möglich ist. Die Wohnraumberatung hat ihren Ansatzpunkt in der bereits bewohnten Wohnung; sie ist keine Wohnungsvermittlung

 

Die Zusammenarbeit mit einem Externen gibt es mit der „Fachberatung Wohnen“ auch in Kassel. Die Aufgaben der dortigen Beratungsstelle umfassen:

 

·         Menschen helfen vor drohendem Wohnungsverlust aufgrund von Mietschulden.

·         Unterstützung bei Wohnungssuche.

·         Helfen beim Ausfüllen von Anträgen auf Sozialleistungen oder bei unklaren Nebenkostenabrechnungen.

·         Begleitung zu Ämtern.

 

Das dortige Angebot gilt für die entsprechenden Einwohnerinnen und Einwohner, einkommensunabhängig (überwiegend werden dort aber alleinstehende Personen, ohne soziales Umfeld, beraten). Träger ist dort das Diakonische Werk und es sind dort 6 Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeiter beschäftigt.

 

b)    Angebot in der Stadtverwaltung

Denkbar wäre auch die Schaffung einer Wohnraumberatung direkt in der Stadtverwaltung. Aktuell wird bei Anfragen folgendermaßen vorgegangen:

 

Es erfolgt eine Art „Rechtsberatung light“ mit allgemeinen Informationen, die keine speziellen Rechtskenntnisse im Mietrecht erfordern. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Wohnungsamtes geben beispielsweise Hinweise wie bezüglich der Mietpreisbremse oder bei Mieterhöhungen verfahren werden sollte und Informationen z. B. zur Möglichkeit der Mietminderung.

 

Bei Anfragen, die eine vertiefte Auseinandersetzung mit mietrechtlichen Fragen erfordert, verweisen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Wohnungsamtes bisher an externe Ansprechpartner wie z. B. Mieter helfen Mieter e. V. oder an den Mieterschutzverein. Anfragende mit begrenzten finanziellen Mitteln werden auf die Möglichkeit eines „Beratungsscheins“ vom Amtsgericht hingewiesen.

 

Aktuell gibt es im Wohnungsamt durchschnittlich ca. 20 Anfragen jährlich. Die geringe Anzahl der Anfragen dürfte jedoch darauf zurückzuführen sein, dass es kein entsprechendes Angebot und auch keine entsprechende Bewerbung eines solchen Angebots gibt.

 

Als Orientierung, welcher Arbeits- und damit Stellenumfang bei einer Ämterlösung realistisch erscheint, wurden Informationen zum Aufgabenbereich und zur Ausstattung von Wohnraumberatungsangeboten in anderen Kommunen eingeholt. Hier eine Übersicht zu den Angeboten und dem Stellenumfang in Darmstadt, Frankfurt und Wiesbaden.

 

aa)      Wohnungsvermittlung des Amtes für Wohnungswesen der Wissenschaftsstadt Darmstadt:

 

Aufgaben:

Das Amt für Wohnungswesen ist Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger in den vielfältigen Fragen, rund um das Thema „Wohnen“. Von A, wie altengerechtes Wohnen, bis Z, wie zinsverbilligte Darlehen für Wohneigentum.

Unterstützung bei der Wohnungssuche leistet die Wohnungsvermittlungsstelle.

 

Wohnungsvermittlungsstelle

Für den Bezug einer sozial geförderten Wohnung im Bereich der Wissenschaftsstadt Darmstadt ist es erforderlich, bei der Wohnungsvermittlungsstelle des Amtes für Wohnungswesen als wohnungssuchend registriert zu sein.

Die Vermittlung der sozial geförderten Wohnungen erfolgt nach den derzeit geltenden Registrier- und Vergaberichtlinien, nach Dringlichkeit und Dauer der Vormerkung unter Abwägung der sozialen Problemlagen. Alleinstehende Frauen und Männer, die sich in Ausbildung oder Schulen befinden und im elterlichen Haushalt mit Wohnraum versorgt sind, sowie alleinstehende Studierende werden nicht als Wohnungssuchende registriert.

 

Anzahl der Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter:

Das Team besteht aus 6 Personen.

 

bb)      Mietrechtliche Beratung im Amt für Wohnungswesen bei der Stadt Frankfurt am Main

 

Aufgaben:

Bei Fragen zu allen mietrechtlichen Themen:

Beispielsweise zu Fragen nach der Rechtmäßigkeit von Mieterhöhungen, Modernisierungsmaßnahmen oder Betriebskostenabrechnungen, Betretungsrecht des Vermieters

Die Mietrechtliche Beratung im Amt für Wohnungswesen erfolgt jedoch nur für Frankfurter Bürgerinnen und Bürger kostenfrei, deren Einkommen zurzeit 2150 Euro netto monatlich zuzüglich 650 Euro für jeden weiteren Haushaltsangehörigen nicht übersteigt und soweit sie nicht anderweitig mietrechtlich beraten oder vertreten werden.

 

Anzahl der Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter:

Das Team besteht aus 5 Beraterinnen und Beratern sowie einer weiteren Mitarbeiterin, die die Aufgaben der Geschäftsstelle wahrnimmt.

 

cc)      Wohnungsvermittlung der Stadt Wiesbaden

Die Abteilung Wohnen ist zentrale Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger, die Unterstützung zum Thema "Wohnen" suchen.

 

Aufgaben:

Der Kommunale Wohnungsservice der Landeshauptstadt Wiesbaden vermittelt öffentlich geförderte und andere Wohnungen ehemals gemeinnütziger Wohnungsunternehmen und leistet Hilfe bei tatsächlicher oder drohender Wohnungslosigkeit.

 

Kommunaler Wohnungsservice:

Aufgabe des Kommunalen Wohnungsservice ist die Registrierung von wohnungssuchenden Haushalten und Vergabe von öffentlich gefördertem Wohnraum nach den gesetzlichen Vorgaben.

Zudem ist der Kommunale Wohnungsservice mit dem Bereich Mietpreisüberwachung Ansprechpartner für Wohnungsmieter und -mieterinnen, sofern der Verdacht besteht, dass die Wohnungsmiete das ortsübliche Maß (Mietspiegel) wesentlich übersteigt.

 

Wohnungsnotfallhilfe:

Haushalte, die von Obdachlosigkeit bedroht sind oder diese bereits eingetreten ist, werden von der Wohnungsnotfallhilfe beraten. Maßnahmen sind beispielsweise die Übernahme von Mietschulden und die Einweisung in eine Notunterkunft bei Obdachlosigkeit.

 

Wohnungsaufsicht:

Falls eine Wohnung gravierende Mängel aufweist, können sich betroffene Mieterinnen und Mieter an die Wohnungsaufsicht wenden.

 

Anzahl der Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter:

Unbekannt; unter dem Referat „Amt für soziale Arbeit“ ist das Thema Wohnen in 5 Einzelbereiche aufgegliedert.

 

Je nachdem, welche Aufgabenstellung und Anforderung eine solche Stelle in Offenbach haben soll, ist im Abgleich mit den oben benannten Kommunen und in Anpassung der Einwohnerzahlen von einem zusätzlichen Stellenbedarf von 2 - 3 Stellen (A10/A11) auszugehen.

 

Frage 2:

Der Magistrat wird beauftragt, zu prüfen und zu berichten, ob und wie Belegungsvereinbarungen ähnlich wie in Wiesbaden mit den in Offenbach ansässigen Wohnungsunternehmen abgeschlossen werden können.

 

Antwort:

Das Land Hessen hat mit dem Programm „Erwerb von Belegungsrechten“ zu diesem Zweck ein Instrument geschaffen. Zur Förderung angenommen werden vor allem größere Wohnungskontingente (ab 4 Wohnungen). Nach Informationen der Wohnbauförderung der Stadt Wiesbaden wird dort ausschließlich dieses Programm zum Ankauf genutzt. Dieses Landesprogramm wird auch in Offenbach vermittelt.

 

Die kürzlich deutlich verbesserten Konditionen des Programms haben in Offenbach - nach Ansprache durch die Wohnbauförderung - bisher die OBG (mit 24 Wohnungen) und die GBO (bisher mit 17 Wohnungen, weitere 101 Wohnungen wurden angefragt) überzeugt.

Beantragt wird der Ankauf bei der Wohnbauförderung, die im Vorfeld informiert, berät, schließlich den Antrag prüft und an die WIBank weiterleitet.

 

Frage 3:

Der Magistrat wird beauftragt, das Offenbacher Förderprogramm „Zum Ankauf von Belegungsrechten in Offenbach am Main“ zu überarbeiten, um:

 

Frage 3 A  

Belegungsrechte an barrierefreien Wohnungen nach „DIN 18040-2“, für körperlich eingeschränkte Personen, die jedoch nicht auf den Rollstuhl angewiesen sind, zu erhalten bzw. neu zu erwerben.

 

Frage 3 B 

Tatsächliche Anreize für Immobilienbesitzer zu schaffen, auch in einer dynamischen Marktumgebung Belegungsrechte zu veräußern.

 

Die Fragen 3 und 3 A und 3 B werden aufgrund des Sinnzusammenhangs zusammen beantwortet:

 

Tatsächlich hat sich das - im Kern mit dem Landesprogramm identischen - Offenbacher Förderprogramm zum „Ankauf von Belegungsrechten“ zwischenzeitlich überholt: Das Förderprogramm des Landes hat Mitte des Jahres mit Verbesserung der Konditionen deutlich an Attraktivität - nun auch gegenüber den Fördersätzen der kommunalen Richtlinie - gewonnen. Zudem wird der kommunale Eigenanteil im Landesprogramm, da Offenbach Mitglied des „Großen Frankfurter Bogen“ ist, vom Land Hessen übernommen.

 

Da das Landesprogramm lediglich eine Mindesthöhe der kommunalen Förderung bestimmt, wäre eine Erhöhung der - dann ggf. nicht mehr vom Land übernommenen - Beteiligung um einen (weiteren) kommunalen Anteil möglich, um eine besondere Zielgruppenförderung, z. B. die besondere Förderung barrierefreier Wohnungen, anzuregen.

 

Seit 2018 wurden in Offenbach ausschließlich Wohnungen der Nassauischen Heimstätte zur Förderung angemeldet oder für eine künftige Förderung angefragt. Die landeseigene Wohnbaugesellschaft baut ohnehin ausschließlich barrierefrei. Eine zusätzliche Förderung wäre hier nicht zielführend und wirtschaftlich gewesen.

 

Für private Vermieter besteht die Hürde, geförderte Wohnungen (barrierefrei) zu vermieten eher im Wunsch nach unkomplizierten Mietverhältnissen als in den finanziellen Anreizen. So zeigen private Käufer von Wohnungen bisher grundsätzlich wenig Bereitschaft, geförderte Wohnungen anzumelden. Es besteht zwischenzeitlich sogar bereits die Möglichkeit, im Rahmen des sozialen Mietwohnungsbaus, neue private Eigentumswohnungen in Bauträgerobjekten zur Förderung anzumelden. Auch davon wurde bisher kein Gebrauch gemacht.