Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2021 - 2026


2021-26/DS-I(A)0689Ausgegeben am 11.04.2024

Eing. Dat. 11.04.2024

 

 

 

 

 

Sozialer Zusammenhalt (ehem. HEGISS) – Südliche Innenstadt / Senefelder-Quartier

hier: Erweiterter Grundsatzbeschluss über die Nachnutzung des historischen Stellwerks

Antrag Magistratsvorlage Nr. 2024-139 (Dez. IV, Amt 60) vom 10.04.2024

 

 

Der Magistrat beantragt, dass die Stadtverordnetenversammlung wie folgt beschließt:

 

1.    Der gemeinsamen Entwicklung von Stellwerk und einem Teil des Erdgeschosses des zukünftigen gemeinschaftlichen Wohnhauses Bismarckstraße 118 („Multifunktionsfläche“) der GBO Gemeinnützigen Baugesellschaft Offenbach mbH wird zugestimmt. Die Räumlichkeiten des Stellwerks sowie der Erdgeschoss-Fläche des Wohnhauses sollen zusammen zu einem öffentlich und niedrigschwellig nutzbaren, identitätsstiftenden Ort entwickelt werden.

 

2.    Der Magistrat wird beauftragt, Verhandlungen mit der GBO zum Erwerb der Flächen im Neubau zu führen. Der Beschluss über den Erwerb wird den Beschlussgremien nach gutachterlicher Wertermittlung erneut vorgelegt.

 

3.    Die Vermietung und der Betrieb der Flächen sollen vorrangig durch eine zivilgesellschaftliche Gruppe selbst getragen werden und nachrangig durch eine Tochter der Stadtwerke Offenbach Holding oder eine städtische Stelle erfolgen. Die Grundannahmen für ein Betriebskonzept sind als Anlage 1 beigefügt. Das Betriebskonzept wird den Beschlussgremien erneut zur Entscheidung vorgelegt.

 

4.    Der denkmalgerechten Sanierung des Stellwerks als „Möglichkeitsraum“ für diverse soziokulturelle Nutzungen mit einem Grobkostenansatz in Höhe von 680.000,00 € gemäß Anlage 2 wird zugestimmt.

 

5.    Die OPG Offenbacher Projektentwicklungsgesellschaft mbH wird im Namen des Magistrats der Stadt Offenbach zunächst im Rahmen einer Inhouse-Vergabe mit der Erstellung des Bauantrags beauftragt. Nach dessen Vorliegen wird sie gemäß der Punkte 6 bis 8 mit dem Projektmanagement (Projektleitung und Projektsteuerung) für weitere erforderliche Planungsleistungen sowie für die Durchführung der Baudurchführung beauftragt. Die Honorarermittlung der OPG für das Projektmanagement orientiert sich an den Regelungen der AHO bzw. des Rahmenvertrags zwischen dem Magistrat der Stadt Offenbach und der OPG. Das Honorar ist im unter Punkt 4 genannten Grobkostenansatz enthalten.

 

6.    Die OPG wird innerhalb des unter Punkt 5 benannten Auftrags ermächtigt, alle Planer- und Gutachtervergaben sowie Vergaben der Bauleistungen herbeizuführen. Die Beauftragungen, die Koordination und die Abrechnung von erbrachten Leistungen von Ingenieurbüros und Sonderfachleuten sowie der ausführenden Firmen für die im Vorherigen genannten Punkte erfolgen durch die OPG im Namen und auf Rechnung des Magistrats der Stadt Offenbach. Dafür wird ein projektspezifisches Treuhandkonto geführt. Geprüfte Rechnungen einschließlich des Nachweises der Rechnungsbegleichung sind in Form von Mittelabrufen dem Amt für Planen und Bauen, Bereich Stadtentwicklung und Städtebau, lediglich zur Begleichung vorzulegen. Notwendige Abstimmungsmaßnahmen zwischen der OPG und dem Amt für Planen und Bauen erfolgen in regelmäßig laufenden Besprechungen („Jour fixe“).

 

7.    Bei der Projektbetreuung sind die Förderrichtlinien gemäß Zuwendungsbescheid sowie alle mitgeltenden Bestimmungen, Nebenabstimmungen, Gesetze, Richtlinien und sonstige Regelungen, wie insbesondere Fristen, für die OPG verpflichtend. Die Richtlinie des Landes Hessen zur Förderung der Nachhaltigen Stadtentwicklung (veröffentlicht im Staatsanzeiger für das Land Hessen am 27.11.2023 unter Nr. 895) ist ebenfalls zu berücksichtigen. Dies gilt vor allem hinsichtlich der Beachtung vergaberechtlicher Anforderungen, der Anforderungen an die baufachliche Prüfung zur Detailklärung der Förderfähigkeiten und der Genehmigungspflicht von Änderungen des Projekts sowie in Bezug auf die Dokumentationspflichten. Die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei der Planung und Durchführung sind einzuhalten.

 

8.    Der Kontakt zum Fördergeber und die Fördermittelabrufe erfolgen durch das Amt für Planen und Bauen (Amt 60) im Rahmen des gesamten Förderprogramms. Die OPG stellt hierfür spätestens zum 01.11. des jeweiligen Jahres die notwendigen Unterlagen zusammen. Diese umfassen insbesondere die Bereitstellung der geprüften Rechnungen und eine dazuhörige Rechnungsaufstellung. Darüber hinaus reicht die OPG spätestens zum 01.12.2024 einen Zwischen- und spätestens zum 01.12.2025 einen Schlussverwendungsnachweis für das Einzelprojekt „Stellwerk“ ein.

 

9.    Die erforderlichen Finanzmittel in Höhe von 680.000,00 € sind auf dem Produktkonto 09010600.0951004460 „HEGISS 2, Innenstadt südlich der Bahn“, Investitionsnummer 0901060900601203, in den Haushalten 2024 und 2025, vorbehaltlich der Genehmigung der Haushalte durch das Regierungspräsidium Darmstadt, bereitgestellt.

 

Die Refinanzierung erfolgt aus Mitteln des Städtebauförderprogramms HEGISS / Sozialer Zusammenhalt (Bund und Land) mit bis zu 90 %.

 

 

Begründung:

 

Zu 1. und 2.:

Mit den Stadtverordnetenbeschlüssen Nr. 2016-21/DS-I(A)0033/1 und Nr. 2016-21/DS-I(A)0033 wurde das Integrierte Entwicklungskonzept für das HEGISS- (mittlerweile „Sozialer Zusammenhalt“) Programmgebiet südliche Innenstadt / Senefelderquartier beschlossen. Eine zentrale Zielsetzung des Entwicklungskonzepts und des Städtebauförderprogramms ist die Einbindung der Bahnanlagen in die umliegenden Quartiere und eine damit erzielte Verringerung der Barrierewirkung des Bahndamms. Die Maßnahme A.33 umfasst dabei die Sanierung und Umnutzung des historischen Stellwerks an der Bismarckstraße in engem Zusammenhang mit der als Maßnahme A.19 beschlossenen Umgestaltung des davor liegenden Grundstücks und der damit verbundenen Freistellung des Stellwerks. Schon damals war das Stellwerk funktionslos und leerstehend, gleichzeitig aber eines der wenigen städtebaulichen Kleinode des Programmgebiets. In diesem fehlt es zudem an niedrigschwellig nutzbaren Räumen für zivilgesellschaftlich initiierte Gruppen und Angebote. Die Behebung dieses Defizits wurde bereits im Integrierten Entwicklungskonzept als Maßnahme verankert und soll mit der Entwicklung des Stellwerks weiterverfolgt werden.

 

Zur Verfolgung dieser Zielsetzungen wurde das erforderliche Bahn-Grundstück Bismarckstraße 118 inklusive des Stellwerks Ende 2018 durch die Stadt Offenbach erworben (2016-21/DS-I(A)0473). Zur Entwicklung der dem Stellwerk vorgelagerten Fläche wurde 2022 ein städtebaulich-freiraumplanerischer Wettbewerb durchgeführt (2016-21/DS-I(A)0930), ebenso wurden die bestehenden Nebengebäude abgerissen. Die Herstellung der Platzfläche auf Basis der Wettbewerbsergebnisse wird derzeit vorbereitet.

 

Nach dem Erwerb wurde die OPG 2019 mit der Untersuchung der Bausubstanz des inzwischen denkmalgeschützten Stellwerks beauftragt. Hierbei wurde eine starke Schadstoffbelastung insbesondere mit PCB-belasteten Wandanstrichen festgestellt, weshalb 2023 eine Schadstoffsanierung durchgeführt wurde (2021-26/DS-I(A)0271). Ebenfalls Teil dieses Beschlusses über die Durchführung der Schadstoffsanierung war die Zielsetzung der Entwicklung des Stellwerks zu einem identitätsstiftenden Ort, für dessen Entwicklung die notwendigen Schritte angestoßen werden sollten.

 

Anschließend an die Brandwand der Bismarckstraße 112 soll auf dem vorderen Teil des Kaufgegenstands zudem ein Neubau zum gemeinschaftlichen Wohnen entstehen, der durch die GBO realisiert wird (ebenfalls 2016-21/DS-I(A)0930). Hierzu wurde seitens der GBO zunächst ein Gutachterwettbewerb zur Gestaltung des Wohnhauses durchgeführt, auf dessen Basis seitdem gemeinsam mit einer im Bewerbungsverfahren gefundenen Wohngruppe die konkrete Erarbeitung des Bauvorhabens erfolgt. Im Zuge dieser Planungen hat sich im Erdgeschoss des Neubaus ein Potential für eine multifunktional nutzbare Fläche von rund 100 Quadratmetern herausgestellt, die gemeinsam mit einer anschließenden Toilettenanlage nicht vorrangig durch die Wohngruppe bespielt werden kann.

 

Diese Fläche soll von der Stadt erworben und gemeinsam mit dem Stellwerk entwickelt werden. Dadurch ergeben sich größere gemeinsame Flächenpotentiale, die eine flexiblere Nutzung als im Solitär des Stellwerks erlauben. Das Stellwerk selbst weist drei Etagen mit jeweils rund 50 Quadratmetern Fläche auf, die im derzeitigen Zustand nicht zusammenhängend erschlossen sind. Darüber hinaus kann der ehemalige Kanalanschluss der Deutschen Bahn nicht weitergenutzt und müsste neu verlegt werden.

 

Durch eine gemeinsame Entwicklung mit den Erdgeschossflächen des Neubaus kann auf eine aufwändige Sanierung und einen erneuten Kanalanschluss des Stellwerks verzichtet werden. Vielmehr können vielseitig nutzbare und großzügige Räumlichkeiten, die den denkmalschutzrechtlichen Charakter des Gebäudes aufgreifen und wenige interne Barrieren aufweisen, hergestellt werden. Die derzeitige Grobkostenschätzung dafür basiert auf den Annahmen einer solchen grundsätzlichen und möglichst kostengünstigen, dennoch den notwendigen Ansprüchen genügenden Erneuerung des Stellwerks.

 

Die Toilettenanlage des Erdgeschosses im Neubau ist im verfolgten Planungsstand von außen erreichbar, sodass verschiedene Raumnutzungskonstellationen denkbar sind. Im Erdgeschoss des Neubaus wird zudem eine kleine Küchenzeile zur Verfügung stehen.

 

Gleichzeitig wirkt die zwischen den Gebäuden liegende öffentliche Freifläche als verbindendes Element, die bei der Bespielung der Räumlichkeiten mit genutzt werden kann.

 

Ein Wertgutachten der Neubauflächen wird derzeit erstellt, liegt aber noch nicht vor. Zudem sind exakte Maße noch von den weiteren notwendigen Planungen bis zur Einreichung eines Bauantrags abhängig. Der Erwerb soll den Beschlussgremien daher nach Finalisierung der Verhandlungen und Vorliegen der Baugenehmigung erneut vorgelegt werden.

 

Zu 3.:

Um die im Vorangegangenen skizzierten, aus dem Integrierten Entwicklungskonzept abgeleiteten Zielsetzungen zu erreichen, benötigt es eine starke Einbindung der Zivilgesellschaft und potentieller zukünftiger Mieter. Um eine niedrigschwellige Nutzbarkeit zu gewährleisten und gleichzeitig die quartiersbezogene Identifikation der Örtlichkeit zu stärken, sollen insbesondere der laufende Betrieb und die Vermietung der Räumlichkeiten vorrangig durch eine zivilgesellschaftliche Gruppe selbst erfolgen.

 

Erste Kontaktaufnahmen mit zivilgesellschaftlichen Akteuren sind im Rahmen von Bürgerbeteiligungen bereits erfolgt. Eine größere Öffentlichkeitsarbeit wurde im Rahmen des „Großen Frankfurter Bogen-Sommers 2022“, der auf der Fläche der Bismarckstraße 118 ausgerichtet wurde, durchgeführt.

 

Um die Grundannahmen der gemeinsamen Entwicklung von Stellwerk und Erdgeschoss wie auch der Möglichkeiten für einen zivilgesellschaftlich getragenen Betrieb auszuarbeiten, wurde die OPG mit der Erstellung eines ersten Grobkonzepts beauftragt (Anlage 1). Dieses skizziert auch mögliche Vermietungsabläufe und potentielle finanzielle Rahmenbedingungen.

 

Die Erstellung eines detaillierten Konzepts ist zunächst abhängig von der Klärung der Rahmenbedingungen, hier konkret der gemeinschaftlichen Entwicklung von Stellwerk und Neubauteil, und soll im Anschluss an diesen Beschluss erfolgen. Nachrangig soll zudem geprüft werden, inwieweit der Betrieb auch durch einen städtischen Eigenbetrieb oder eine städtische Stelle erfolgen kann, sollte keine zivilgesellschaftliche Akteursgruppe gefunden werden.

 

Zu 4. bis 9.:

Die bauliche Realisierung der Sanierung des Stellwerks kann aufgrund ausgelasteter Kapazitäten nicht durch eine städtische Stelle erfolgen und soll daher der OPG überlassen werden. Dies soll sichern, dass die Baumaßnahme zügig umgesetzt werden kann und die ausreichend zur Verfügung stehenden Fördermittel fristgemäß eingesetzt werden können. Aus einer ersten Kalkulation notwendiger Baumaßnahmen zur denkmalgerechten Sanierung und Wiederherstellung einer Nutzbarkeit des Stellwerks im Sinne der oben skizzierten Ziele ergibt sich ein Finanzierungsbedarf von rund 680.000,00 €. Dieser kann aus Mitteln der Städtebauförderung zu 90 % refinanziert werden.

 

Dieses Projekt ist Bestandteil des im Masterplan 2030 benannten Schlüsselprojekts:

Aufwertung der Innenstadt.

Anlagen:

Anlage 1: Grobkonzept Betrieb Stellwerk und Erdgeschossflächen Neubau

Anlage 2: Grobkostenschätzung Sanierung Stellwerk

Anlage 3: Klimarelevanzprüfung

 

 

Hinweis: Antrag und Anlagen werden den Stadtverordneten und Fraktionen elektronisch (PIO) zur Verfügung gestellt.