Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2006 - 2011


Drucksachen-Abteilung I (A) Ausgegeben am 25.11.2010

Eing. Dat. 25.11.2010

 

Nr. 666

 

 

Klage auf hinreichende Finanzausstattung Offenbachs durch das Land Hessen
Antrag SPD, B´90/Die Grünen und FDP vom 22.11.2010, DS I (A) 666


Der Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

Der Magistrat wird beauftragt,

1. eine Klage gegen das Land Hessen vorzubereiten, die zum Ziel hat, Offenbach die
    zur Erfüllung eigener und der Stadt übertragener Aufgaben erforderlichen Geldmittel
    zu sichern.

2. der Stadtverordnetenversammlung unverzüglich zu berichten, welche Ergebnisse die
    Prüfung der Erfolgsaussichten einer solchen Klage ergab.


Begründung:

 

Die Stadt Offenbach hat in den letzten Jahren die harten Auflagen des Regierungspräsidenten erfüllt und immer wieder eine striktere Haushaltsdisziplin an den Tag gelegt. Dies wird auch deutlich durch die vergleichende Prüfung der hessischen Großstädte durch den Landesrechnungshof. Auch der aktuelle Haushaltsentwurf zeigt jedoch, dass trotz erheblicher Sparanstrengungen das Defizit auf neue Rekordhöhen emporschnellt.

 

Aufgrund der Tatsache, dass die von der Kommune wirklich zu beeinflussenden Kostenblöcke (sogenannte ‚freiwillige Leistungen’) in Offenbach nur rund 3 % des Haushalts (in anderen Kommunen ist es oft etwas mehr) betragen und das laufende Defizit selbst beim Abbau aller freiwilligen Leistungen nur marginal gesenkt werden könnte, muss man heute folgendes feststellen:

  • Die Pflichtaufgaben werden durch die Einnahmen nicht gedeckt.
  • Die Finanzausstattung der Stadt Offenbach entspricht damit nicht den Erfordernissen angesichts der ihr per Gesetz von Land und Bund übertragenen Aufgaben.
  • Die Kosten bei Pflichtaufgaben, u. a. im Bereich der Jugendhilfe und der Integration von Behinderten, steigen erheblich stärker als die Mittelzuweisungen des Landes.

 

Artikel 137 (5) der Landesverfassung schreibt vor: „Der Staat hat den Gemeinden und Gemeindeverbänden die zur Durchführung ihrer eigenen und der übertragenen Aufgaben erforderlichen Geldmittel im Wege des Lasten- und Finanzausgleichs zu sichern. Er stellt ihnen für ihre freiwillige öffentliche Tätigkeit in eigener Verantwortung zu verwaltende Einnahmequellen zur Verfügung.“ Aus Sicht der Antragsteller kommt der Staat derzeit seinen hieraus resultierenden Pflichten nicht nach.

 

Auch den antragstellenden Fraktionen ist klar, dass die finanziellen Spielräume des Landes äußerst gering sind. Da jedoch die Kommunen nur geringen Einfluss auf ihre Einnahmesituation haben und ihre Aufgaben und Kosten zum größten Teil von Land und Bund vorgeschrieben werden, müssen Lösungen gefunden werden, die trotz aller Probleme eine Selbstverwaltung mit selbst gewählten Schwerpunkten (z. B. in Offenbach die Themen Integration und Bildung) in den Kommunen erlauben.

 

Es ist aufgrund der hohen Defizite praktisch aller Gebietskörperschaften in Hessen (übrigens auch in vielen anderen Bundesländern) offensichtlich, dass seit vielen Jahren die erforderlichen Geldmittel nicht zur Verfügung gestellt werden, sondern durch Kreditaufnahme auch bei laufenden Ausgaben Lasten auf kommende Generationen verschoben und die Kommunen mit Pflichtaufgaben betraut werden, ohne eine adäquate Finanzausstattung hierfür zu erhalten.

 

Dies ist keine Offenbacher Sondersituation. Daher sehen die Antragsteller die Frage einer Klage als angemessenes Instrument, um die Selbstverwaltung der Kommunen zu verteidigen.

 

Die Erfolgsaussichten der vorzubereitenden Klage werden derzeit vom Hessischen Städtetag und dem Hessischen Landkreistag geprüft. Darüber hinaus geht mit der beabsichtigten Vorbereitung der Klage eine eigene entsprechende Prüfung einher. Die Stadtverordnetenversammlung soll in die Lage versetzt werden, unverzüglich mit einem Beschluss auf Klageerhebung zu reagieren, wenn die Prüfung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg ergibt.