Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2011 - 2016

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2011-16/DS-I(A)0002Ausgegeben am 09.05.2011

Eing. Dat. 24.02.2011

 

 

 

 

 

Programm des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales „Gleichstellen – Bundesinitiative für Frauen in der Wirtschaft“

hier: Grundsatzbeschluss

Antrag Magistratsvorlage Nr. 087/11 (Dez. I, Amt 18) vom 06.04.2011

 

 

Der Magistrat beantragt, dass die Stadtverordnetenversammlung wie folgt beschließt:

1.    Die Stadt Offenbach  bewirbt sich um Fördermittel des Bundes und des Europäischen Sozialfonds (ESF) im Rahmen des vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) ausgeschriebenen Programms „Gleichstellen - Bundesinitiative für Frauen in der Wirtschaft“ mit dem Ziel, ein betriebliches Modellprojekt „Frauen – Stärken – Offenbach“ zu installieren.

 

2.    An der Entwicklung und Umsetzung der Maßnahmen im Rahmen des Programms  beteiligen sich von Seiten der Stadt Offenbach

 

·         die OVB Offenbacher Verkehrsbetriebe GmbH

·         die EEG Entwicklung, Erschließung, Gebäudemanagement GmbH

·         die ESO Offenbacher Dienstleistungsgesellschaft mbH

·         die Berufsfeuerwehr 

 

3.    Die Laufzeit beträgt drei Jahre (2011 -2013).

 

4.    Nach der Bewilligung von Fördergeldern aus dem o.g. Programm ist der Stadtverordnetenversammlung ein Aktions-, Durchführungs- und Steuerungsprogramm zum Beschluss vorzulegen.

 

5.    Unter Federführung des Dezernates I (Referat Frauenbüro) wird zur Umsetzung  eine Steuergruppe eingesetzt. Dieser sollen  angehören:

 

·         federführend die Leiterin des Referates Frauenbüro

·         die Frauenbeauftragte der Berufsfeuerwehr

·         je 1 Vertreterin / 1 Vertreter der beteiligten Unternehmen OVB, EEG, ESO

·         je 1 Vertreterin / 1 Vertreter der Berufsfeuerwehr

·         1  Vertreterin / Vertreter des Amtes für Arbeitsförderung

 

6.    Die Kosten des Projekts werden durch die Gesamtfinanzierung des Projekts sichergestellt. Gemäß der Inaussichtstellung durch das BMAS können in den Jahren 2011, 2012 und 2013 insgesamt maximal 960.000 € Förderung aus Bundes- und ESF-Mitteln realisiert werden. Die Stadtverwaltung Offenbach und die unter 2. genannten Akteure stellen dieser Förderung eine Kofinanzierung in Höhe von 240.000 € entgegen. Diese wird in Höhe von 90.000 € von der SOH und in Höhe von 150.000  € von der Stadt Offenbach / Berufsfeuerwehr gewährleistet. Hierfür werden in den nächsten 3 Jahren insgesamt 45.000 € zusätzlich im Haushalt veranschlagt, die restlichen 105.000 € sind Personalkosten, die zu 100% durch Bundesmittel und Mittel des Frauenbüros refinanziert und an den Personalkostenetat auf Anforderung erstattet werden.

 

7.    Zur Durchführung des Projekts werden im Produkt 01.01.06 „Tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung der Frauen“ zwei Untersachkonten unter SK 54790001 „Erstattung von sozialen Leistungen von der EU“, USK 02010.16420 „Drittmittel-geförderte Projekte EU“ und SK 54790003 „Erstattung von sozialen Leistungen vom Bund“, USK 02010.16000 „Drittmittel-geförderte Projekte Bund“ zur Verbuchung der Fördermittel und ein Untersachkonto unter SK 71240013 „Zuschuss Frauenförderung“, USK 02010.67420 „Gleichstellen – Bundesinitiative für Frauen in der Wirtschaft“ zur Verbuchung der Ausgaben eingerichtet.

Die Einnahmekonten werden mit den Ausgabekonten für deckungsfähig gem. § 19 Abs. 2 GemHVO-Doppik erklärt. Die Ansätze auf den Ausgabekonten sind zu dem übertragbar gem. § 21 Abs. 1 GemHVO-Doppik.

Für das Haushaltsjahr 2011 werden auf dem Ausgabenkonto 12.160 € Eigenmittel und die zusätzlichen Fördergelder veranschlagt. Der Eigenanteil wird finanziert durch Einsparungen bei USK 02010.71720 „Zuschuss Frauenhaus“ i.H.v. 7.840 € und USK 02010.77120 „ Zuschuss zur pädagogischen Arbeit mit Kindern im Frauenhaus“ i.H.v. 4.320 €. Die Umsetzung erfolgt im Nachtragshaushalt 2011. Für die Haushaltsjahre 2012 und 2013 wird jeweils ein Eigenanteil von 15.000 € für Berufsorientierungs- und Qualifizierungsmaßnahmen insbesondere zugunsten der Personalrekrutierung und –entwicklung bei der Berufsfeuerwehr Offenbach und die entsprechenden Fördermittel bereitgestellt.

 

Begründung:

Drei Betriebe des Stadtkonzerns, die OVB, die EEG und die ESO sowie die Berufsfeuerwehr verfolgen das gemeinsame Ziel, verstärkt Frauen in gewerblich-technischen Berufen mit Zukunftsperspektiven als Busfahrerinnen, Hausmeisterinnen, Berufskraftfahrerinnen (Müll- und Kehrfahrzeuge) und als Feuerwehrfrau / Brandmeisterinnen im technischen Einsatzdienst zu beschäftigen. Dies ist bis dato kaum bzw. gar nicht gelungen. Die baulichen Voraussetzungen dafür sind geschaffen worden.

Die besondere Sozialstruktur von Offenbach mit vielen finanziell schlecht gestellten und bildungsfernen Haushalten begünstigt traditionell verlaufende Berufswahlprozesse von jungen Frauen. 44% der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in Offenbach sind weiblich, aber nur drei Prozent arbeiten in Verkehrsberufen und weniger als zwei Prozent als Technikerinnen. Über die Hälfte der jungen Frauen, die sich um eine Ausbildung bemühen, konzentriert sich auf sechs Berufe, hierunter ist kein gewerblich-technischer Ausbildungsberuf. (Quelle: Regionales Übergangsmanagement der Stadt Offenbach: Schulabgangsbefragung. Bericht 2010).

Die hier skizzierte geschlechterstereotype Berufswahl stellt einen zentralen gleichstellungshemmenden Faktor dar und zeigt, dass sich Berufswahlmuster nicht nachhaltig verändert haben, mit den bekannten Nachteilen, nämlich insbesondere einer unzureichenden eigenständigen Sicherung der wirtschaftlichen Existenz der Frauen. Auch ist es nicht gelungen Frauen, die bereits über eine gewerblich-technische Qualifikation verfügen (Mütter nach der Elternzeit, zugewanderte Frauen aus Osteuropa), für die Arbeit in den genannten Unternehmen und Berufsfelder zu gewinnen, wodurch der Mangel an weiblichen Vorbildern fortgeschrieben wird.

Im Jahre 2009 lieferte der Stadtkonzern Offenbach eine gemeinsame genderbezogene Personalberichterstattung: Der Frauenanteil betrug nur 21 Prozent. In den vier am Projekt beteiligten Betrieben ist der weibliche Beschäftigungsanteil teilweise noch viel geringer:

• Bei der Entwicklung Erschließung Gebäudemanagement (EEG) sind 103 Mitarbeiter/innen und eine weibliche Auszubildende beschäftigt. Der Frauenanteil beträgt 26 Prozent. Allerdings ist nur eine der 48 Hausmeister/innen weiblich.

• Bei der ESO Offenbacher Dienstleistungsgesellschaft arbeiten 349 Beschäftigte. Der Frauenanteil beträgt 12,5 Prozent, bei den Auszubildenden 15 Prozent. Keine Frau bei der ESO arbeitet als Berufskraftfahrerin.

• Bei den Offenbacher Verkehrsbetrieben (OVB) arbeiten 196 Mitarbeiter/innen. Eine von vier Auszubildenden ist weiblich. Der Frauenanteil bei den Busfahrer/innen beträgt drei Prozent.

• Bei der Offenbacher Berufsfeuerwehr arbeiten 133 Beschäftigte: Der Frauenanteil beträgt 6,5 Prozent. Im Einsatzdienst oder in der Ausbildung ist bisher keine Frau tätig, lediglich eine Brandmeisterin arbeitet in der Einsatzzentrale.

Mit dem Projekt „Frauen – Stärken – Offenbach“  sollen die Betriebspartner bei Zielgruppenakquise, Personalrekrutierung und Öffentlichkeitsarbeit insbesondere durch folgende Maßnahmen unterstützt werden:

1.    Für die ausgewählten Berufsgruppen werden Ansätze zur Partizipation und Chancengleichheit in Form betrieblicher Orientierungs-, Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen entwickelt.

2.    Für die beteiligten Frauen werden spezifische Beratungs- und Trainingseinheiten zur Kompetenzstärkung und Nachqualifizierung angeboten werden.

3.    Um die Position der Neueinsteigerinnen in männerdominierten Arbeitsbereichen im Sinne eines dauerhaften Verbleibs im Betrieb gut zu gestalten, werden sie individuell in der Entwicklung selbständiger Handlungsstrategien unterstützt (z.B. Mentoring), um das Bewusstsein für eigene Stärken zu schärfen. Die Zusammenarbeit neuer, gemischter Arbeitsgruppen wird durch Teamentwicklung begleitet und gestärkt.

4.    Ansätze zur Verbesserung der Work-Life-Balance und des gendersensiblen Personalmanagements werden auf- bzw. ausgebaut.

Die einzelnen Projektschritte werden dokumentiert und auf Wirksamkeit, Nachhaltigkeit und Transfermöglichkeiten überprüft. Eine entsprechende Evaluation wird dem Magistrat und der Stadtverordnetenversammlung jeweils zeitnah vorgelegt. Die Handwerkskammer Rhein-Main, die IHK Offenbach sowie die Arbeitsverwaltung haben ihr Interesse an diesem Modellprojekt bereits im Vorfeld erklärt. An dieser ämter- und dezernatsübergreifenden Aufgabe werden die  tangierten kommunalen Ämter und Unternehmen entsprechend beteiligt.

Die Kommission zur gesellschaftlichen Gleichstellung der Frau hat in ihrer Sitzung am 21.03. 2011 einstimmig die Empfehlung an den Magistrat ausgesprochen, sich als Stadt Offenbach a. M. an dem Programm zu beteiligen.

Anlage:

Bekanntgabe der Förderrichtlinien für das Programm „Gleichstellen – Bundesinitiative für Frauen in der Wirtschaft“