Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2011 - 2016


2011-16/DS-I(A)0159Ausgegeben am 16.02.2012

Eing. Dat. 16.02.2012

 

 

 

 

Gleichstellung von Menschen mit Behinderung
Antrag Magistratsvorlage Nr. 053/12 (Dez. II, Amt 50) vom 15.02.2012



Der Magistrat beantragt, dass die Stadtverordnetenversammlung wie folgt beschließt:

1. Die jeweils für die Landesebene gültigen Bestimmungen des Hessischen Gesetzes zur
    Gleichstellung von Menschen mit Behinderung (HessBGG) sind auf kommunaler Ebene
    bei ihren Behörden und Dienststellen, Städtischen Eigenbetrieben, sonstigen Körper-
    schaften, Beteiligungen, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, an denen die
    Stadt maßgeblich beteiligt ist, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten umzusetzen.

    Diese Regelungen haben den Charakter von Mindeststandards. Es wird die volle
    gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung in allen Bereichen ange-
    strebt.

2. Zur Umsetzung der Ziele des HessBGG ist bei zukünftigen Magistratsvorlagen/Vorlagen
    für die Stadtverordnetenversammlung die Barrierefreiheit zu beachten.
   
3. Es wird angestrebt einen Behindertenbeirat, welcher vorrangig aus Interessenvertretern
    der Selbsthilfegruppen besteht, zu gründen und mit diesem die Möglichkeiten zur Um-
    setzung der Gleichstellung von Menschen mit Behinderung zu erarbeiten.

4. Die von der UN-Behindertenrechtskonvention geforderte inklusive Bildung wird unterstützt
    mit dem Ziel, jedem Kind den Besuch der Regelschule zu ermöglichen.


Begründung:

 

Das HessBGG hat das Ziel, die Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen und zu verhindern sowie die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Die Kommune ist verpflichtet, das HessBGG umzusetzen. Das HessBGG gibt dafür 3 Möglichkeiten vor:

  • Zielvereinbarungen mit Verbänden - § 3
  • Eigener Aktionsplan auf kommunaler Ebene - § 9 Abs.2
  • Magistratsbeschluss zur Umsetzung des HessBGG - § 9 Abs.2, 2.Halbsatz.

 

Durch die Anwendung des Gesetzes verpflichtet sich die Stadt, bei der Erfüllung ihrer Aufgaben die Benachteiligung von Menschen mit Behinderung gegenüber Menschen ohne Behinderung nach Möglichkeit zu beseitigen und ihnen einen möglichst barrierefreien Zugang zu baulichen oder sonstigen Anlagen, Verkehrsmitteln, technischen Gebrauchsgegenständen, Systemen der Informationsverarbeitung sowie akustischer und visueller Informations- und Kommunikationseinrichtungen zu ermöglichen.

 

Das HessBGG ist auch im Kontext mit dem Inkrafttreten der UN-Behindertenrechts-konvention in Deutschland am 26.03.2009 zu sehen. Dadurch hat die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung weiter an Bedeutung gewonnen. Behinderung entsteht ‚..aus der Wechselwirkung zwischen Menschen mit Beeinträchtigungen und einstellungs- und umweltbedingten Barrieren…., die sie an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern‘.

 

Diese Betrachtungsweise macht deutlich, dass Barrierefreiheit einer Vielzahl von Offenbacher Bürgern zu Gute kommt. Wer beide Hände voll hat, Taschen mit Eingekauftem in der einen und einem kleinen Kind an der anderen Hand, ist froh, wenn sich Türen selbsttätig öffnen und keine Treppen zu überwinden sind. Dies gilt ebenso für Personen mit Gehhilfen, Rollator, Rollstuhl egal ob wegen eines gebrochenen Beines, Gehunsicherheit aufgrund eines Schlaganfalles oder aus Altersgründen. Aber auch die Barrieren für Menschen mit einer Sinneseinschränkung sollen abgebaut werden, z.B. durch Blindenleitstreifen,

visuelle und akustische Hinweise im ÖPNV und bei Lichtsignalanlagen für Fußgänger.

 

Die Zusammensetzung des Behindertenbeirates aus dem Kreis der Selbsthilfeorganisationen soll ermöglichen, aus der eigenen Betroffenheit, den reichhaltigen Erfahrungen mit Behinderung und Barrieren vor Ort eine gezielte Enthinderung voran zu bringen.

 

Eine wichtige Voraussetzung, um die in der UN-Behindertenrechtskonvention geforderte Bewusstseinsänderung herbeizuführen, ist die frühzeitige gemeinsame Erziehung von Kindern mit und ohne Behinderung. Berührungsängste, die ein gemeinsames Miteinander oft verhindern, werden abgebaut und im besten Fall entstehen sie erst gar nicht, so dass gelebtes Miteinander und unbeschwerte Hilfsbereitschaft möglich sind. Hilfen über den pädagogischen Bereich hinaus werden bereits von der Stadt durch die Finanzierung von Integrationshelfern zur Verfügung gestellt. Die im vorschulischen Bereich schon praktizierte gemeinsame Erziehung soll in der Schule fortgesetzt werden.