Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2011 - 2016


2011-16/DS-I(A)0218Ausgegeben am 03.08.2012

Eing. Dat. 05.07.2012

 

 

 

Fortführung der interkommunalen Zusammenarbeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger der Abfallwirtschaft in der Rhein-Main Region
Antrag Magistratsvorlage Nr. 229/12 (Dez. IV, Amt 20) vom 04.07.2012


Der Magistrat beantragt, dass die Stadtverordnetenversammlung wie folgt beschließt:

Die interkommunale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Abfallentsorgung in der Region Rhein-Main auf der Grundlage des Vertragswerks vom 21.12.1998 zur Neuordnung der Abfallwirtschaft in der Region-Main wird über den 31.12.2018 hinaus um mindestens weitere 5 Jahre fortgesetzt.

Dazu wird

    1. § 9.1 Satz 1 der Grundlagenvereinbarung vom 21.12.1998 wie folgt geändert:

        „Die Vertragslaufzeit beginnt mit Abschluss dieses Vertrages und endet am
        31.12.2023, falls mindestens eine Gebietskörperschaft spätestens 18 Monate vor-
        her schriftlich kündigt.“,

    2. § 20 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages der RMA Rhein-Main Abfall GmbH wird
        wie folgt geändert:

       „Die ordentliche Kündigung ist mit einer Frist von 18 Monaten zum Ende des
       Geschäftsjahres, erstmals zum 31.12.2023 zulässig.“

Im Übrigen gelten die Bestimmungen der Grundlagenvereinbarung und des Gesellschaftsvertrages unverändert fort.


Begründung:

 

Durch das Gesetz zur Aufgabenänderung des Umlandverbandes Frankfurt (UVF) vom 17. Dezember 1998 wurde die Abfallentsorgung im Verbandsgebiet des UVF wieder auf die Landkreise und kreisfreien Städte übertragen. Die entsorgungs-pflichtigen Gebietskörperschaften hielten auch nach dieser Rückübertragung eine regionale Kooperation für notwendig. Mit dem Vertragswerk vom 21.12.1998 zur Neuordnung der Abfallwirtschaft in der Region Rhein-Main, bestehend aus der Grundlagenvereinbarung, dem Gesellschaftsvertrag der RMA Rhein-Main Abfall GmbH (nachfolgend RMA), dem Vertrag über den Kauf und den Erwerb sämtlicher Aktiva und Passiva eines Eigenbetriebes sowie Einzelentsorgungsverträgen über den Betrieb der Müllheizkraftwerke Frankfurt a.M. und Offenbach a.M. und der Deponie Wicker wurde die Abfallentsorgung in der Region erstmals im Wege der interkommunalen Zusammenarbeit auf freiwilliger Basis gemeinsam organisiert.

 

Die Grundlagenvereinbarung vom 21.12.1998 beginnt mit dem Bekenntnis zur interkommunalen Zusammenarbeit, das nach vielen erfolgreichen Jahren der Zusammenarbeit nichts an Aktualität eingebüßt hat:

 

„Von der Überzeugung getragen, dass ein nach freier Vereinbarung unter Berücksichtigung räumlicher und sachlicher Zusammenhänge gebildeter und sich an gemeinsamen Zielen und Vorgaben orientierender regionaler Verbund kommunaler Gebietskörperschaften den bestehenden und zukünftigen Anforderungen an eine sichere, umweltschonende und kostenbewusste Abfallentsorgung am besten gerecht werden kann, schließen die kreisfreien Städte Frankfurt am Main, Offenbach am Main und die Landkreise Kreis Offenbach, Hochtaunuskreis, Main-Taunus-Kreis sowie die Stadt Maintal (nachfolgend kurz „Gebietskörperschaften“) unter der aufschiebenden Bedingung, dass ihnen die Entsorgungspflicht mit Wirkung ab 01.01.1999 zugewiesen wird, den nachfolgenden Grundlagenvertrag:“

 

Die Gebietskörperschaften haben gemäß der Grundlagenvereinbarung vom 21.12.1998 dabei folgende gemeinsame Ziele vereinbart (§ 1.1 – 1.1.3 Grundlagenvereinbarung):

 

  • Alle Möglichkeiten der Abfallvermeidung auf regionaler Ebene zu nutzen.
  • Bei der Abfallverwertung neue umweltschonende und wirtschaftliche Wege zu entwickeln und durchzusetzen.
  • Die vorhandenen Abfallentsorgungsanlagen im Gebiet des Verbundes auszulasten und dadurch die Wirtschaftlichkeit der Entsorgungstätigkeit (Entlastung der Gebührenhaushalte und Kostensicherheit) sicherzustellen.

 

Zur Erreichung dieser Ziele haben sie folgende Maßnahmen vereinbart (§ 1.2 – 1.2.7 Grundlagenvereinbarung):

 

  • Schaffung einer Dachorganisation mit Steuerungs – und Kontrollfunktionen
  • Übernahme der Abfallentsorgungseinrichtungen des Eigenbetriebes Abfallentsorgung des Umlandverbandes Frankfurt (UVF) und deren Übertragung auf operative Einheiten.
  • Vorgabe der generellen Strukturen und Prinzipien für den Weiterbetrieb der Abfallentsorgungseinrichtungen.
  • Möglichst einvernehmliche Beilegung schwebender Rechtsstreitigkeiten zwischen dem UVF und den Gebietskörperschaften bzw. Dritten.
  • Einrichtung von Sanierungsfonds zur Abdeckung aufgelaufener (übernommener) Verluste und Vermögensrisiken des Eigenbetriebes.
  • Bereitstellung ausreichender Entsorgungskapazitäten und Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit des Betriebes von Abfallentsorgungseinrichtungen durch vertragliche Abreden mit dem jeweiligen Anlageninhaber bzw. Betreiber.
  • Einbeziehung weiterer Gebietskörperschaften als Kooperationspartner, wenn und soweit dies für die Erreichung der Vertragsziele förderlich erscheint.

 

Die Zusammenarbeit auf der Basis dieser gemeinsamen Ziele hat sich von Beginn an in besonderer Weise zur Bewältigung der bestehenden Aufgaben bewährt. So konnte in der Zeit nach der Gründung der RMA die Vielzahl der anhängigen Rechtstreitigkeiten beigelegt und die Region so befriedet werden. Unter allen Beteiligten konnte seither eine Arbeits- und Vertrauensbasis entwickelt werden, die es ermöglicht hat, alle anstehenden Probleme – auch unter Berücksichtigung berechtigter Einzelinteressen – stets einvernehmlich zu regeln.

 

Der gleichzeitig in 1998 gegründeten Rhein-Main Abfall GmbH (RMA) ist von den entsorgungspflichtigen Gebietskörperschaften ein Generalentsorgungsauftrag erteilt worden, wonach diese als „geeigneter Dritter“ im Sinne des § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG handelt. Sie hat alle den Gesellschaftern überlassenen Abfälle ordnungsgemäß zu entsorgen. Der Zweck der Gesellschaft ist die Planung und Organisation der Abfallentsorgung im Rhein-Main Gebiet und deren Koordination unter den Gesellschaftern sowie die Finanzierung der Deponienachsorge, die Beschaffung und Sicherung von Entsorgungskapazitäten unter Ausnutzung vorhandener Abfallentsorgungseinrichtungen, die Abfallwirtschaftsplanung, die Abfallmengenplanung sowie die Festlegung der Entsorgungsstandards. Die Gesellschaft nimmt hierbei Steuerungs- und Kontrollfunktionen wahr. Das Hauptziel der gemeinsamen Gesellschaft ist die wirtschaftliche und sichere Entsorgung der regional anfallenden Siedlungsabfälle. Die Nutzung und Auslastung vorhandener Abfallentsorgungsanlagen in der Rhein-Main Region dient dabei der langfristigen Sicherung wirtschaftlicher Entsorgungskapazitäten.

 

Daneben hat die Gesellschaft die ihr übertragenen Aufgaben aus der Grundlagenvereinbarung zu erfüllen:

 

Der Sanierungsfonds II zur Abdeckung der aufgelaufenen Verluste des ehemaligen Eigenbetriebes UVF (25,18 Mio. DM) konnte abgewickelt werden, die Finanzierung der Nachsorgekosten für die drei Deponien Schlackedeponie Offenbach, Brandholz und Wicker wurde über den Sanierungsfonds I und durch entsprechende Vereinbarungen gesichert und wird Ende des Jahres 2017 abgeschlossen sein. Hier ist eine gemeinsame Anstrengung von 178,2 Millionen Euro notwendig, die durch Patronatserklärungen der Gebietskörperschaften besichert sind.

 

Mit der Landeshauptstadt Wiesbaden konnte durch einen Kooperationsvertrag, der den Austausch von gegenseitigen Nutzungsrechten zum Inhalt hat, die Entsorgungssicherheit für deponierfähige Abfälle unter gleichzeitiger optimaler Ausnutzung der Kapazitäten der beiden Verbrennungsanlagen erreicht werden. Dadurch, dass die RMA dieses Deponievolumen nicht mit einer eigenen Deponie schaffen musste, wird die Region von zukünftigen finanziellen und operativen Stilllegungs- und Nachsorgeverpflichtungen befreit. Die Gesellschaft sieht auch über 2018 hinaus weiteren Kooperationsbedarf.

 

Der Weiterbetrieb der beiden Müllheizkraftwerke Frankfurt a.M. und Offenbach a.M. wurde durch den Abschluss entsprechender Einzelentsorgungsverträge geregelt. Dies ausgehend von den Prämissen, dass die Region die Kosten der gerade abgeschlossenen Sanierung des MHKW Offenbach tragen sollte und die später vorgesehene Sanierung des MHKW Frankfurt ebenfalls Aufgabe der Region sei. Dementsprechend wurde für die Verbrennungsanlagen in den Entsorgungsverträgen mit der Frankfurter Entsorgungs-und Service GmbH (FES) und der Energieversorgung Offenbach AG (EVO) ab Abschluss der Sanierung eine Nutzungsdauer von 15 Jahren angenommen.

 

Für die Betreiber und Eigentümer des in 1997 sanierten MHKW Offenbach hatte dies den Abschluss eines Entsorgungsvertrages für eine Anlage mit einer Verbrennungskapazität von 200.000 Tonnen mit der RMA zur Folge. Der abgeschlossene Einzelentsorgungsvertrag garantiert die Finanzierung der Anlage über das vereinbarte Entsorgungsentgelt sowie den Vorabentgelten I und II über einen Zeitraum von 20 Jahren. Zu dem damaligen Zeitpunkt war der Kreis Offenbach und die Stadt Offenbach an der Anlage beteiligt. Für die RMA und deren Gesellschafter bedeutete dies zu Zeiten von 567.000 Tonnen angedienten Abfall zur Beseitigung die notwendige Sicherung von Entsorgungskapazitäten für die Region. Insbesondere, weil die Frankfurter Verbrennungsanlage AVA Nordweststadt wenige Jahre später saniert werden sollte und dann Verbrennungskapazitäten fehlen würden.

 

Für das MHKW Frankfurt war, ausgehend von einem ursprünglich angenommenen Sanierungszeitraum in den Jahren 2002/2003, die Finanzierung und Nutzung bis 2018 geplant. Durch die unvorhersehbaren Verzögerungen in der Vorplanungsphase konnte die Sanierung der Frankfurter Anlage tatsächlich erst in 2004 begonnen werden. Die Generalsanierung im laufenden – aber eingeschränkten- Betrieb konnte erst 2009 zum Abschluss gebracht werden. Die vereinbarte Abfinanzierung über den gewollten Zeitraum von 15 Jahren Nutzungsdauer geht demnach über das Ende des Jahres 2018 hinaus.

 

Von besonderer Bedeutung für die Region ist auch die Gewährleistung der Entsorgungssicherheit. Diese hat die RMA stets in besonderem Maße sicherstellen können und ihre Kompetenz insbesondere auch während der fünfjährigen Sanierungsphase des MHKW Frankfurt unter Beweis gestellt. Waren die Arbeiten an der Frankfurter Anlage ursprünglich für einen Zeitraum geplant, in dem die Deponie Wicker noch als Entsorgungsanlage hätte dienen sollen, so traten durch den verspäteten Beginn nicht vorhergesehene Probleme auf, weil die TASI (Technische Anleitung Siedlungsabfall) mit dem Ablagerungsverbot in Kraft getreten war. Nun stand keine Deponie für die Ablagerung von Siedlungsabfällen zur Verfügung. Ausreichende Verbrennungskapazitäten fehlten auch in anderen Regionen, was zwischenzeitlich zu einer Zunahme des angedienten Abfalls führte und die entsorgungspflichtigen Gebietskörperschaften und die gemeinsame Gesellschaft zusätzlich – auch finanziell – belastete. Nur durch die Bündelung der Interessen und die Anstrengungen aller Entsorgungsanlagenbetreiber sowie den Entsorgungsunternehmen der Region konnten einheitliche Lösungen für den Entsorgungsnotstand der Jahre 2005 bis 2008 gefunden werden. Die Führung in dieser Zeit übernahm das HMUELV (Hessisches Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz), Abteilung Abfallwirtschaft und ließ sich in regelmäßigen Statusgesprächen von den Maßnahmen der RMA als der Erfüllungsgehilfin der entsorgungspflichtigen Gebietskörperschaften berichten.

 

Langfristig ist die Entsorgungssicherheit und die Wirtschaftlichkeit der Entsorgungstätigkeit dadurch gewährleistet, dass in den beiden Müllheizkraftwerken in der Region insgesamt 455.000 Tonnen Verbrennungskapazität pro Kalenderjahr bis 2013 bzw. 400.000 Tonnen bis 2018 und 370.000 Tonnen bis 2023 zu verträglichen Konditionen und auf Basis der bestehenden Einzelentsorgungsverträge genutzt werden. Die Auslastung der vorhandenen und auf dem neuesten Stand der Technik betriebenen Müllheizkraftwerke und anderer verbundener Anlagen dient nicht nur der Entsorgungssicherheit, sondern sichert auch die Fernwärme-  und anteilige Stromversorgung in der Region.

 

Die Gesellschafterversammlung der RMA hat in einem „Eckpunkte-Papier“ beschlossen, für den Fall einer Fortsetzung der interkommunalen Zusammenarbeit, vertraglich sicherzustellen, dass jene Abfallmengen, die in der Stadt Offenbach anfallen, als Kontingent für das MHKW Offenbach auch in den Jahren 2019 bis einschließlich 2023 vorzusehen sind.

 

Die Fortführung der interkommunalen Zusammenarbeit auf Basis der Grundlagenvereinbarung sichert nicht nur die gemeinsame Vertragserfüllung, sondern in besonderem Maße werden die bestehenden und zukünftigen Anforderungen an eine sichere, umweltschonende und kostenbewusste Abfallentsorgung auch weiterhin in der Region und mit der Region geschultert. Dabei hat das Ziel der Gebührenstabilität weiterhin verpflichtenden Charakter.

 

Nach alledem ergibt sich, dass die RMA seit 1999 nicht nur die seinerzeit die in sie gesetzten Erwartungen voll und ganz erfüllt hat. Sie ist zu einem Erfolgsmodell einer interkommunalen Zusammenarbeit  in der Region Rhein-Main geworden.

 

Mit der Novellierung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) kommen neue Herausforderungen auf die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu. Durch die jetzige Entscheidung der Gebietskörperschaften über die Fortsetzung der interkommunalen Zusammenarbeit über 2018 hinaus ist es der Region möglich, sich den neuen Anforderungen frühzeitig gemeinsam zu stellen und die Voraussetzungen einer umweltgerechten, gebührenstabilen und Entsorgungssicherheit gewährleistenden Abfallentsorgung zu schaffen und zu optimieren.

 

Zu 2.

 

Die Anpassung sowohl der Grundlagenvereinbarung als auch des Gesellschaftsvertrages sind erforderlich, weil nach § 9.3 der Grundlagenvereinbarung die Folgen des Ausscheidens durch den Gesellschaftsvertrag geregelt werden und mit dem Ausscheiden aus der Grund-lagenvereinbarung auch die Beteiligung an der RMA endet. Hier bestehen also zwischen dem Gesellschaftsvertrag der RMA und der Grundlagenvereinbarung Wechselwirkungen, die nicht aufgelöst werden können. Die Kompetenz der Beschlussfassung zur Änderung des Gesellschaftsvertrages liegt gemäß § 15 Abs. 2 lit. g bei der Gesellschafterversammlung der RMA, die über den Vertrag zur interkommunalen Zusammenarbeit „Grundlagenvereinbarung“ bei den Gebietskörperschaften.

Anlage 1: Grundlagenvereinbarung vom 21.12.1998

Anlage 2: Gesellschaftsvertrag in der Fassung vom 29.03.2007

 

Verteiler:

13 x HFB

  2 x Minderheitenvertreter (HFB)

  2 x Vertreter (ALB)

13 x UPB

   2 x Minderheitenvertreter (UPB)

   2 x Vertreter (ALB)

   8 x Fraktionen

   4 x Stv.-Büro