Quelle: pio.offenbach.de
Abgerufen am 05.07.2024


Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2011 - 2016


2011-16/DS-I(A)0100/2Ausgegeben am 08.12.2011

Eing. Dat. 08.12.2011

 

 

 

Haushaltssatzung und Investitionsprogramm für das Haushaltsjahr 2012
Änderungsantrag Ausschussvorsitzende HFB vom 8.12.2011

 

 

Stellenplan 2012

 

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:


Der Stellenplan 2012 wird gegenüber dem vom Magistrat vorgelegten Haushaltsplanentwurf im UA 47000 – Verwaltung der Jugendhilfe – um 1 Stelle nach Besoldungsgruppe A11 und 2,5 Stellen nach Besoldungsgruppe A10 erweitert.




 

 

 

Begründung:

 

Der Bundesgesetzgeber hat zur Stärkung des Kinderschutzes das Vormundschafts- und Betreuungsrecht novelliert und damit den Jugendämtern in erheblichem Umfang Aufgabenerweiterungen und Belastungsbeschränkungen für die Amtsvormünder unhintergehbar vorgeschrieben. Ab 1.7. 2012 sind diese Vorgaben regelmäßig durch die Familiengerichte hinsichtlich ihrer strikten Einhaltung zu prüfen und überwachen.

 

Im Besonderen:

 

§ 1800 BGB neu gibt dem Vormund verbindlich vor, „die Pflege und Erziehung des Mündels persönlich zu fördern und zu gewährleisten“.

 

In diesem Sinne gibt das Gesetz regelmäßige Kontakte zwischen Vormündern/Pfle-ger/inne/n und Kindern/Jugendlichen vor (§ 1793 Abs. 1a BGB). Die gesetzliche Bestimmung verlangt mindestens einen Kontakt pro Monat.

 

§ 55 Abs. 2 SGB VIII schreibt eine maximale Fallzahl von 50 Vormundschaften/Pfleg-schaften pro Vollzeitstelle für die persönlich geführten Amtsvormundschaft/-pflegschaften im Jugendamt vor. Hinsichtlich der vorgeschriebenen Kontaktzahl ist dies bereits eine hoch gegriffene Fallzahl, da Urlaubs- und Krankheitstage berücksichtigt werden müssen und der Kontakt mit den Mündeln oft noch mit Anreisezeiten des Vormundes verbunden ist.

 

Eine Anhörung des Kindes/Jugendlichen i.d.R vor Übertragung der Vormundschaft auf eine Fachkraft im Jugendamt ist künftig verpflichtend (§ 55 Abs. 2 SGB VIII). Diese Aufgabe ist neu und ebenfalls mit erheblichem personellem Aufwand belastet.

 

Das neue Gesetz zum Vormundschafts- und Betreuungsrecht tritt in 2 Stufen in Kraft:

 

In 2011 sind die Vorschriften

 

§  der Verpflichtung zu kontinuierlichem Kontakt zwischen Vormund/Pfleger/in und Kind/Jugendlichem (§ 1793 BGB Abs. 1a BGB nF);

§  das Gebot, die Pflege und Erziehung des Mündels persönlich zu fördern und zu gewährleisten (§ 1800 S. 2 BGB nF);

      sowie

§  Berichtspflichten an das Familiengericht im Hinblick auf die persönlichen Kontakte (§ 1840 S. 2 BGB nF) bereits in Kraft getreten.

 

 

Zum 5. Juli 2012 treten in Kraft:

 

§  die familiengerichtliche Aufsicht über die Vormünder/Pfleger/innen (§ 1837 Abs. 2 S. 2 BGB nF),

§  die Neuregelungen des § 55 Abs. 2 und 3 SGB VIII,

      nämlich

§  die Anhörung des Kindes/Jugendlichen vor Auswahl der die Vormundschaft/ Pflegschaft führenden Fachkraft im Jugendamt;

§  die Begrenzung der Fallzahl auf 50 pro Vollzeitkraft

      und

§  die Maßgabe, dass der Kontakt zum Kind/Jugendlichen durch den Amtsvormund/die Pflegerin persönlich wahrzunehmen ist (§ 55 Abs. 2 und 3 SGB VIII).

 

 

Der Landesrechnungshof (LRH) hat im Schlussbericht seiner 148. Vergleichenden Prüfung „Erziehungshilfen“ auf der Fallzahlenbasis 2009 festgestellt, dass 1,2 Vollzeitstellen (VZS) bei der Amtsvormundschaft und weitere 1,5 VZS für die Bearbeitung von Beistandschaften zu schaffen sind, um eine rechtskonforme Fallbearbeitung zu gewährleisten. Zwischenzeitlich haben sich die Fallzahlen erheblich ausgeweitet und der Gesetzgeber hat bestimmt, dass den Amtsvormündern/innen neben den 50 Vormundschaften und/oder Pflegschaften keine weiteren Aufgaben zugewiesen werden dürfen.

 

Bei Anwendung des Fallzahlenrichtwertes des LRH für die Bearbeitung von Beistandschaften und den gesetzlichen Vorgaben für Amtsvormündern/innen ergibt sich folgender Mindest-Stellenbedarf:

 

 

 

 

 

 

 

 

Basisdaten zum Stichtag 1.09.2011:

 

Fallzahlen Amtspflegschaften, Amtsvormundschaften

2011

Besoldung

 

1

Amtspflegschaften

141

- -

2

Gesetzliche Amtsvormundschaften

12

- -

3

Bestellte Amtsvormundschaften

31

- -

4

Insgesamt

184

- -

5

Stellenbedarf (gesetzl. Schlüssel 1 zu 50)

3,68

A11

6

Lt. Stellenplan z. Verf. (0,2 aus A 12 Abteilungsltg. für Sachbearbeitung)

2,2

A11/A12

7

Differenz Bedarf 2012 zu Stellenplan 2011

1,48

 

8

Mit dem Stellenplan 2012 noch zu schaffende Stellenzahl *

1

A11

9

 

 

 

10

Fallzahl Beistandschaften

671

 

11

Stellen Beistandschaften

0

A10

12

Mit dem Stellenplan 2012 noch zu schaffende Stellenzahl *

2,5

A10

 

 

 

 

13

Vorhandene Stellen zur Teilentlastung AV und Beistandschaften (Beurkundungen, Kontoführung, Kasse etc.)

 

 

14

Geschäftzimmer anteilig

0,5

TVöD 8

15

Verwaltungsmitarbeiterinnen

2

TVöD 9

 

 

 

 

 

* Unter Einsatz der Stellen unter Zeile 13 bis 15 können die Amtsvormünder/innen und Beistände hinsichtlich der Beurkundungsverpflichtungen (552 Fälle) und Aufgaben im Rahmen der Beitreibung, Mündelkontenverwaltung und Mündelgeldkasse etc. so entlastet werden, dass die 0,48 rechnerisch gesetzlich vorgeschriebenen Stellen für Amtsvormünder/innen vorerst nicht benötigt werden und die Fallzahlenrate des LRH von 1 zu 240 auf 1 zu 270 erhöht werden kann.

 

Um möglichst wenig höherwertige Stellen nach A11 schaffen zu müssen, wird Amt 51 die derzeitigen Mischarbeitsplätze (Amtsvormundschaften und Beistandschaften gemeinsam) in spezialisierte Arbeitsplätze für Amtsvormundschaften oder Beistandschaften umwandeln. Damit sind nur 1 Stelle nach A11 und folglich 2,5 Stellen nach A 10 zu schaffen. (Siehe Tabelle Zeile 8 und 12.)

 

Es gibt keine Alternative zur Schaffung der letztlich vom Gesetzgeber erzwungenen Stellenausstattung. Da der Gesetzgeber mit diesen Vorschriften die Sicherheit und Qualität der Aufgabenwahrnehmung des Kinderschutzes gewährleisten will, hätte eine Nichtbefolgung gegebenenfalls strafrechtliche Konsequenzen. Die mit diesen Aufgaben betrauten Bediensteten müssten schon aus Selbstschutz von ihrem Remonstrationsrecht Gebrauch machen und ggfls. die Aufgabenwahrnehmung verweigern. Spätestens mit Eintritt der Kontrollaufgaben der Familiengerichte am 1.7.2012 würde eine Nichteinhaltung der gesetzlichen Norm zur rechtlichen Beanstandung gegenüber dem Magistrat führen.

 

Abgesehen von der Sinnhaftigkeit eines verstärkten Kinderschutzes auf dem Hintergrund der bekannten Fehler mit tödlichen Folgen bei anderen Jugendämtern ist die Stadt Offenbach verpflichtet, seine Bediensteten vor Rechtsnotständen zu schützen.

 

 

 

Dieser Text wurde mit dem "Politischen Informationssystem Offenbach" erstellt. Er dient nur der Information und ist nicht rechtsverbindlich. Etwaige Abweichungen des Layouts gegenüber dem Original sind technisch bedingt und können nicht verhindert werden.