Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2011 - 2016


2011-16/DS-I(A)0559/2Ausgegeben am 24.07.2014

Eing. Dat. 24.07.2014

 

 

 

 

 

Freihandelsabkommen TTIP stoppen – Kommunale Daseinsvorsorge schützen

Änderungsantrag SPD, B‘ 90/Die Grünen und FW vom 24.07.2014

 

 

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

1.    Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Offenbach beurteilt die Intransparenz in den Verhandlungen der Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) als inakzeptabel.

 

2.    Der Magistrat der Stadt Offenbach wird beauftragt, sich bei Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern in den verantwortlichen Funktionen dafür einzusetzen, dass grundlegende Verhandlungsdokumente des TTIP veröffentlicht werden und die Öffentlichkeit umfassend über die Verhandlungen informiert wird.

 

3.    Der Magistrat der Stadt Offenbach wird beauftragt, die weiteren Verhandlungen der TTIP öffentlichkeitswirksam kritisch zu begleiten und dabei die Auswirkungen auf Städte und Gemeinden deutlich zu machen.

 

4.    Der Magistrat der Stadt Offenbach wird beauftragt, sich bei Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern in den verantwortlichen Funktionen dafür einzusetzen, dass das TTIP auf jeden Fall dann abzulehnen ist, wenn durch dieses:

 

a.    der universelle Zugang zu Diensten der öffentlichen Daseinsvorsorge in Gefahr gerät,

 

b.    ein hohes Schutzniveau im Verbraucher- und Datenschutz oder die Lebensmittelsicherheit in Europa nicht mehr gewährleistet sind,

 

c.    Böden und Gewässer belastet würden

 

d.    die fortschrittliche europäische Gesetzgebung zum Schutz der Umwelt, des Klimas und der Tiere in Frage gestellt wird oder ein Vormarsch der grünen Gentechnik zu befürchten ist,

 

e.    die aktuell geltenden Standards im Bildungsbereich, im Arbeitsrecht oder in der Sozialgesetzgebung gefährdet sind,

f.     die europäische Vielfalt im Kulturbereich in Gefahr geraten,

 

g.    ein Investor-Staat-Streitbeilegungsmechanismus aufgenommen wird, der es Investoren ermöglichen würde, Staaten vor Schiedsstellen auf Schadensersatz zu verklagen und damit Gesetzgebung entscheidend zu beeinflussen, oder

 

h.    künftigen Generationen Handlungsspielräume bei der Gestaltung eines sozial gerechten und nachhaltigen Europas genommen werden.

 

i.      im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung (AÜG) durch entsandte Beschäftigte nicht gewährleistet ist, dass nationales Arbeitsrecht und nationale Tarifstandards angewendet werden.

 

5.    Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Offenbach begrüßt den Beschluss des Deutschen Städtetags vom 12. Februar 2014 zum TTIP und schließt sich diesem an.

 

 

Begründung:

 

Die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP), die derzeit zwischen der Europäischen Union und den USA verhandelt wird, ist von enormer politischer Tragweite. Vor dem Hintergrund der anhaltenden Wirtschaftskrise in großen Teilen Europas ist es richtig, Instrumente zur Schaffung von Investitionen  und Arbeitsplätzen ergebnisoffen zu prüfen. Europa braucht Handel und Investitionen. Allerdings nicht um jeden Preis. Ein Abkommen mit den USA muss gute Arbeit schaffen – auf beiden Seiten des Atlantiks. Es muss Antworten auf Kernfragen der Weltwirtschaft, wie die Regulierung der globalen Finanzmärkte, geben. Ein Freihandelsabkommen darf unter keinen Umständen dazu führen, dass europäische Standards im Arbeits- oder Umweltrecht, beim Daten- oder Verbraucherschutz in Frage gestellt werden oder Investoren vor internationalen Schiedsstellen europäische Rechtsstaaten aushebeln können.

 

Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, zu erfahren, was konkret verhandelt wird, denn die Ergebnisse können massive Auswirkungen auf die gesamte Bevölkerung haben. Derzeit sind die Verhandlungen jedoch als überaus intransparent zu bewerten. Weder die Bevölkerung, noch die Bundesregierung bekommen konkrete Verhandlungsergebnisse bzw. Protokolle zu Gesicht.

 

Die Verhandlungen umfassen auch kommunal-relevante Handlungsbereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge, etwa das öffentliche Auftragswesen, die Energiepolitik, Umweltschutz und Trinkwasserversorgung. Es ist daher wichtig, dass auch die Stadt Offenbach sich klar und öffentlich zum Thema äußert und den Schutz der Offenbacher Bevölkerung verteidigt.

 

Zu 5.: Der Deutsche Städtetag hat am 12. Februar 2014 beschlossen:

 

  1. Der Hauptausschuss begrüßt die Festlegungen des Koalitionsvertrages von CDU, CSU und SPD, bei den derzeit geführten Verhandlungen über eine transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP), auf die Wahrung der europäischen Sozial- und Umweltstandards sowie auf den Schutz der kommunalen Daseinsvorsorge Wert zu legen. Der Hauptausschuss begrüßt in diesem Zusammenhang auch das klare Bekenntnis des Koalitionsvertrages zu der Bedeutung der Daseinsvorsorge, der Wichtigkeit des Subsidiaritätsprinzips und somit der Erhaltung der Gestaltungshoheit der Kommunen bei der Daseinsvorsorge.

 

  1. Vor diesem Hintergrund fordert der Hauptausschuss die Bundesregierung auf, sich gegenüber der EU-Kommission mit Nachdruck dafür einzusetzen, dass die kommunale Daseinsvorsorge, darunter insbesondere die nicht liberalisierten Bereiche, wie die öffentliche Wasserver- und Abwasserentsorgung, die Bereiche Abfall und ÖPNV, soziale Dienstleistungen sowie alle Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge im Kulturbereich, vom derzeit mit den USA verhandelten Freihandelsankommen – und allen weiteren Handelsabkommen – explizit ausgeschlossen wird.

 

3. Der bisherige Prozess der Verhandlungen zum Freihandelsabkommen EU-USA ist in höchstem Maße intransparent und vernachlässigt erheblich die Rechte der gewählten Parlamentarier auf europäischer, nationaler und Länderebene sowie die der Kommunen. Der Hauptausschuss fordert die EU-Kommission auf, das Mandat über die Verhandlungen offen zu legen und über den Verhandlungsprozess regelmäßig zu berichten. Die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit müssen auch in Streitfällen gelten.