Betrieb gewerblicher Art „Schülerfirma Schillerschule“

 

1.)   Was ist ein Betrieb gewerblicher Art?

 

Der Begriff umfasst alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich (vgl. § 4 Abs. 1 KStG sowie R6 KStR).

Zu den Betrieben gewerblicher Art gehören nicht Betriebe, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe) und die Zweckbetriebe (vgl. § 4 Abs. 5 Satz 1 KStG sowie R9 KStR).

Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig (vgl. § 1 Abs. 1 Nr.6 KStG).

Bei einem Betrieb gewerblicher Art kann auch eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegen (H36 KStR).

 

Bezogen auf den aktuellen Fall der Schillerschule liegt ein Betrieb gewerblicher Art ab dem Jahr 2007 eindeutig vor. In den Jahren 2003 – 2006 erfolgten die Zahlungen an die Schule von einem städtischen Konto, von 2007 bis 2012 durch die GBM.

Mit dem Rahmendienstleistungsvertrag zwischen dem Schulleiter und der GBM wurde seinerzeit eine wettbewerbsrelevante Tätigkeit begründet, welche sich klar von den Aufgaben einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abgrenzen lässt. Obwohl die Leistungen nur für die Schule als solche erbracht werden, tritt die Schülerfirma damit in Konkurrenz zu anderen Reinigungsfirmen.

Die von der Schule ausgeübte Tätigkeit im Bereich der Reinigungsleistung hebt sich durch die erheblichen Zahlungsflüsse eindeutig wirtschaftlich hervor.

 

 

2.)   Warum entsteht in unserem Sachverhalt eine Steuerpflicht?

 

a)    Umsatzsteuer: Die Jahresumsatzgrenze des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG wird mit den Umsätzen aus dem Betrieb der Schülerfirma erheblich überschritten. Deshalb wird eine nachhaltige, wirtschaftliche Tätigkeit erbracht, die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der Stadt Offenbach deutlich heraushebt. Der Betrieb gewerblicher Art unterliegt deshalb mit der vorliegenden Reinigungsleistung der Umsatzsteuer mit 19%.

 

b)    Körperschaftsteuer: Für Zwecke der Körperschaftsteuerpflicht ist gem. § 4 Abs. 1 S. 2 KStG eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht notwendig. Der Annahme eines Betriebs gewerblicher Art steht somit nicht entgegen, dass sich die Reinigungsleistungen ausschließlich auf die Räumlichkeiten der Schule beschränken. Soweit innerhalb des Betriebs gewerblicher Art ein Einnahmeüberschuss erzielt wird, wie in unserem Fall, unterliegt dieser auch der Körperschaftsteuerpflicht. Die Verpflichtung zur Abgabe einer Körperschaftsteuererklärung ergibt sich deshalb aus § 149 AO i. V. m. § 31 Abs. 1 KStG, § 25 Abs. 3 EStG und §§ 56, 60 EStDV.

 

c)    Kapitalertragsteuer: Nach § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG werden für den Gewinntransfer aus dem Betrieb gewerblicher Art oder für den Fall einer verdeckten Gewinnausschüttung in den Hoheitsbetrieb trotz der fehlenden Rechtspersönlichkeit Einkünfte aus Kapitalvermögen fingiert. Die Beteiligung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts an einer Mitunternehmerschaft i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG begründet ebenfalls einen Betrieb gewerblicher Art in diesem Sinne (R6 Abs. 2 Satz 3 KStR). Voraussetzung ist, dass der Betrieb gewerblicher Art den Gewinn im Wege des Betriebsvermögensvergleichs ermittelt oder die umsatzsteuerbaren Umsätze einschließlich der steuerfreien Umsätze (mit Ausnahme der Umsätze nach § 4 Nr. 8 bis 10 UStG) mehr als 350.000 € betragen oder der Gewinn mehr als 30.000€ im Wirtschaftsjahr beträgt.

In diesem Fall beträgt die Kapitalertragsteuer 15% (§ 43 Abs. 1 Nr. 7c, § 43a Abs. 1 Nr. 2 EStG). Der Gesetzgeber setzt dabei voraus, dass dieser Gewinn an die Trägergesellschaft ausgeschüttet wird, wenn der Betrieb gewerblicher Art eine Kapitalgesellschaft wäre. Die juristische Person des öffentlichen Rechts ist mit diesen Einkünften beschränkt stpfl. (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 KStG). Die Körperschaftsteuer wird durch den Kapitalertragsteuerabzug abgegolten (§ 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG).

 

 

3.)   Wer ist Steuersubjekt?

 

Steuersubjekt ist nicht der einzelne Betrieb, sondern stets die juristische Person des öffentlichen Rechts (in unserem Fall also die Stadt Offenbach) hinsichtlich ihrer einzelnen Betriebe i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG, soweit diese nicht zusammengefasst werden können.

 

Für den Fall, dass er im Einvernehmen mit der Stadt handelt – was ausweislich des Stadtverordnetenbeschlusses und der Pressearbeit aus 2003 offenkundig dokumentiert ist, vertritt der Schulleiter die Schule, welche sich in städtischer Trägerschaft befindet, nach außen auch im Namen der Stadt Offenbach, da die Schule zum hoheitlichen Bereich der Stadt gehört, wie auch § 88 Abs. 3 Nr. 6 Hess. Schulgesetz sinngemäß regelt.

 

 

4.)   Welche Zahlungsflüsse sind im Rahmen des Betriebs gewerblicher Art seit 2007 erfolgt?

 

In der Zeit von 2007 – 2012 wurde ein monatlicher Betrag für die Reinigungsleistung i. H. v. 9.706,94 € von der GBM an die Schillerschule gezahlt, also eine Gesamtleistung i. H. v. 116.483,28 € jährlich.

Über die Verwendung hat der Schulleiter einen Rechenschaftsbericht erstellt.

 

Hinsichtlich der Verwendung dieser Mittel kann nicht klar definiert werden, in welcher Höhe diese tatsächlich für die Reinigungsleistung verwendet wurden.

Es existiert zwar eine Aufstellung über Beschäftigte, die in den relevanten Jahren innerhalb des „Reinigungsprojektes“ gearbeitet haben, jedoch waren diese teilweise auch in anderen Bereichen eingesetzt. Eine klare betragliche Abgrenzung konnte hier nicht getroffen werden.

Ebenfalls gibt es keine klare Aufstellung seitens der Schule über die weiteren Ausgaben für die Schülerreinigung, wie z. B. Reinigungsgeräte, Putzmittel o.ä.

Allerdings wurden wohl laut einer Aufstellung von Herrn Findeisen diverse andere Zahlungen aus den Projektmitteln geleistet.

 

 

 

 

 

 

 

 

Hierfür liegen der Kämmerei folgende Ausgaben vor:

 

 

2007:

            Projektunterstützung: 13.573,74 €

            Teamgelder:                 7.200,00 €

            Schulausstattung:         2.605,48 €

            Baumaßnahmen:         1.660,66 €

            Gesamt:                      25.039,88 €

 

 

2008:

 

Projektunterstützung:  8.582,33 €

            Teamgelder:               7.200,00 €

            Schulausstattung:       2.640,78 €

            Baumaßnahmen:       1.528,43 €

            Gesamt:                      19.951,54 €

 

 

2009:

 

            Projektunterstützung:   7.766,02 €

            Teamgelder:                 7.200,00 €

            Schulausstattung:        8.797,77 €

            Gesamt:                      23.763,79 €

 

 

2010:

 

Projektunterstützung:  2.876,00 €

            Teamgelder:               1.581,50 €

            Schulausstattung:           526,00 €

            Baumaßnahmen:           505,00  €

            Gesamt:                      5.488,50 €

 

 

2011:

            Projektunterstützung:  5.413,00 €

            Schulausstattung:       3.145,00 €

            Gesamt:                      8.558,00 €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

5.)   Welche Steuerzahlungen sind seitens der Stadt Offenbach zu leisten?

 

a)    Umsatzsteuer: 131.175,23 €, dieser Betrag ist dem Grunde und der Höhe nach richtig und ist daher vollumfänglich zu zahlen. Die seitens der Stadt Offenbach geltend gemachten abziehbaren Vorsteuerbeträge wurden vom Finanzamt anerkannt.

 

 

Höhe der anerkannten Vorsteuerbeträge:

 

Jahr

I

II

III

IV

gesamt

 

 

 

 

 

 

2007

1.299,44

1.135,94

811,83

545,06

3.792,27

2008

719,22

1.456,98

1.108,84

909,09

4.194,13

2009

651,42

911,67

865,94

1.600,97

4.030,00

2010

1.208,25

448,01

346,67

48,98

2.051,91

2011

484,07

736,36

360,58

591,09

2.172,10

2012

940,86

406,45

216,35

232,95

1.796,61

 

 

 

b)    Körperschaftsteuer: 140.557,57 €, unter Vorbehalt. Hier wurde ein Antrag auf Änderung der Steuerbescheide der Jahre 2008 - 2012 gem. § 164 Abs. 2 AO gestellt, da den Umsatzsteuer-Bescheiden vom 14.07.2014 bestimmte Vorsteuerbeträge aus Aufwendungen für den Betrieb gewerblicher Art „Schülerfirma Schillerschule von Seiten des Finanzamts anerkannt wurden. Diese hätten unseres Erachtens bei der Ermittlung des Steuerbilanzgewinns ebenfalls Anerkennung finden müssen und dort zum Abzug führen müssen.

Für das Jahr 2007 ist dies nicht mehr möglich, da hierfür die Festsetzungsfrist zum 31.12.2014 abgelaufen war.

 

c)    Kapitalertragsteuer: 24.596,91 €, auch diese unter Vorbehalt aus den vorgenannten Gründen.

 

Der Nachforderungsbescheid über die Kapitalertragsteuer und den zugehörigen Solidaritätszuschlag ist bis dato nur für die Jahre 2007 und 2008 eingegangen, so dass diesbezüglich für die Jahre 2009 – 2012 mit einer weiteren Nachforderung in Höhe von ca. 50.000 € zu rechnen ist.

 

 

 

 

 

 

25.02.2015

Dezernat III / Amt 20