Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2016 - 2021


2016-21/DS-I(A)0163Ausgegeben am 14.02.2017

Eing. Dat. 02.02.2017

 

 

Soziale Stadt (HEGISS) – südliche Innenstadt / Senefelder-Quartier

hier: Grundsatzbeschluss zur Umfeldgestaltung rund um den Hauptbahnhof Offenbach als Grundlage für zu führende Verhandlungen mit den verschiedenen Gesellschaften der Deutschen Bahn

Antrag Magistratsvorlage Nr. 2017-022 (Dez. I und III, Amt 60 und 81) vom 01.02.2017

 

 

Der Magistrat beantragt, dass die Stadtverordnetenversammlung wie folgt beschließt:

 

1.     Die in den Anlagen 1 und 2 dargestellten Planungsvarianten A und B zur Umfeldgestaltung rund um den Hauptbahnhof werden zur Kenntnis genommen. Sie sind Grundlage für die weiteren Verhandlungen mit den Gesellschaften der Deutschen Bahn. Der Magistrat wird laufend über den Verhandlungsstand berichten. Aus den Verhandlungen darf sich kein Zwang zur Umsetzung einer der beiden Varianten ergeben. Die konkrete Entscheidung für eine der beiden Varianten wird im Rahmen eines durchzuführenden Bürgerbeteiligungsverfahrens getroffen. In der Folge werden die Bürgerinnen und Bürger kontinulierlich in Entscheidungen einbezogen, analog zum durchgeführten Verfahren bei der Stadthof-Erneuerung.

 

2.     Es werden Gesamtkosten für die einzelnen Maßnahmen gemäß Anlage 4 von ca. 10.500.000,00 € geschätzt. Im städtischen Haushalt sind für die planerische Vertiefung und schrittweise Umsetzung dieser Investitionsmaßnahmen bereits Mittel im Finanzhaushalt bei dem Produktkonto 09010600.0951004460, „Hegiss 2, Stadtumbau südlich der Bahn“, Investitionsnummer 09010609601203 veranschlagt. Zur Umsetzung der Einzelmaßnahmen sind die Mittel ab 2018 unter Einhaltung der Schutzschirmvorgabe anzupassen. Bei der Finanzierung der Maßnahme werden Zuwendungen aus dem Programm Hessische Gemeinschaftsinitiative Soziale Stadt (HEGISS) in Höhe von rd. 66% der förderfähigen Kosten erwartet. Über die Einzelmaßnahmen werden die notwendigen Projektbeschlüsse den Beschlussgremien vorgelegt.

 

3.     Notwendige planungsrechtliche Instrumente sind kurzfristig vorzubereiten und der Stadtverordnetenversammlung nach Abschluss des Bürgerbeteiligungsverfahrens zur Beschlussfassung vorzulegen:

 

4.      

a.    Aufstellung eines Bebauungsplanes zur Steuerung der funktionalen und gestalterischen Gesamtentwicklung

 

b.    Erlass einer Veränderungssperre (bei Bedarf)

 

c.    Erlass einer Vorkaufsrechtsatzung (bei Bedarf)

 

 

 

Begründung:

 

Mit der Eröffnung der S-Bahn-Stadtstrecke 1995 verlor der Hauptbahnhof seine Bedeutung als zentraler Verkehrsknoten. Zusammen mit dem Rückgang des Güterverkehrs wurde damit ein großer Teil der Gleisanlagen funktionslos und liegt seither brach bzw. sind Gleise bereits nicht mehr mit dem Netz verbunden. Hier sind Nachnutzungen zu entwickeln, die einen Mehrwert für die umliegenden Bereiche schaffen. Das Bahnhofsgebäude verlor im Laufe der Jahre seine Nutzungen und steht heute weitgehend leer. In den vergangenen Jahren wurde das Gebäude vielfach erfolgreich für Kulturprojekte zwischengenutzt, als Ort für Musik- und Tanzveranstaltungen, Ausstellungen und weitere Veranstaltungen.

 

Das Bahnhofsgebäude wird aus Sicht der Deutschen Bahn nicht mehr für den Bahnbetrieb benötigt. Durch ausbleibende Investitionen in der Vergangenheit besteht im Gebäude ein großer Sanierungsstau. Die zentrale Herausforderung besteht in der Entwicklung eines neuen Nutzungskonzeptes, welches der Bedeutung des Gebäudes für das Quartier gerecht wird. Dies ist eng mit der Frage der zukünftigen verkehrlichen Anbindung des Hauptbahnhofes und der barrierefreien Erschließung der Bahnsteige verknüpft.

 

Auch der Busbahnhof in der Bismarckstraße wird nicht mehr in vollem Umfang genutzt, was die Frage nach einer sinnvollen Nach- bzw. Umnutzung aufwirft. Dies steht in direktem Zusammenhang zur notwendigen Aufwertung des Fußgängertunnels in der Verlängerung der Senefelderstraße, der heute zwischen dem Busbahnhof und einem gewerblichen Gebäude der Bahn beginnt. Auch alle weiteren Durchgänge durch den Bahndamm sind aktuell wenig attraktiv gestaltet und tragen zu dessen Barrierewirkung bei.

 

Der Bereich rund um den Hauptbahnhof hat eine zentrale Bedeutung für die weitere Entwicklung des HEGISS-Programmgebietes Innenstadt Süd, stellt er doch das trennende und zugleich verknüpfende Element zwischen Innenstadt und Senefelder-Quartier dar. Eine Aufwertung des Hauptbahnhofes könnte eine Verbesserung für das gesamte nördlich und südlich angrenzende Stadtgebiet bewirken. Deshalb wurde im Integrierten Entwicklungskonzept (IEK) bereits ein Schwerpunkt auf diesen Bereich gelegt und erste grobe Maßnahmen definiert (STV-Beschluss 2016-21/DS-I(A)0033/1, 2016-21/DS-I(A)0033).

 

Auch im Masterplan Offenbach 2030 wurde der Hauptbahnhof sowie der gesamte Bahndamm als wichtiger Baustein der zukünftigen Stadtentwicklung definiert.

 

Die Lage des Hauptbahnhofs innerhalb des geplanten Sanierungsgebietes Innenstadt bringt steuerliche Vergünstigungen für die Grundstückseigentümer. Damit kann ein zusätzlicher Anreiz für die Umnutzung und Sanierung des Hauptbahnhofes –v.a. des Empfangsgebäudes- geschaffen werden. Die Festlegung des Sanierungsgebietes beinhaltet zudem die Rechtsgrundlage zur Ausübung eines Vorkaufsrechts durch die Stadt Offenbach. Sollte keine förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes Innenstadt erfolgen, ist zur Sicherung des städtischen Vorkaufsrechts der Erlass einer Vorkaufsrechtsatzung nach § 24 ff. BauGB zu prüfen und ggf. zu veranlassen.

 

Die Deutsche Bahn bereitet aktuell ein Programm zum Umbau aller Brücken entlang der Bahnstrecke vor. Diese Maßnahmen sollten sich in eine Gesamtentwicklung der Bahnanlagen einfügen und bedürfen daher intensiver Vorüberlegung von städtischer Seite.

Die Ausgangslage für die Umgestaltung des Hauptbahnhofes und der umliegenden Bereiche ist komplex. Es sind damit Grundstücksfragen, technische Fragestellungen v.a. im Bereich des Verkehrs, gestalterische Aufgaben sowie betriebswirtschaftliche Aspekte verknüpft, die hier kurz zusammengefasst werden:

 

Entwicklungsziele für den Hauptbahnhof:        

·         Verbesserung der verkehrlichen Anbindung, v.a. im Regionalverkehr

·         Barrierefreie Erschließung der Bahnsteige von Norden und Süden

·         Verbesserung der verkehrlichen Verknüpfung mit Bus, Car-Sharing, Fahrrad, PKW, Fußgängern und Taxi

·         Abgrenzung der für den Bahnbetrieb zwingend erforderlichen Bereiche (auch im Gebäude)

·         Sanierung und Nachnutzung des Empfangsgebäudes mit einem Mehrwert für das Quartier

 

Busbahnhof:                       

·         Abgrenzung der zukünftig benötigten Flächen für den Busbetrieb

·         Bauliche Entwicklung der frei werdenden Flächen

 

Bahndamm              

·         Abgrenzung der für den Bahnbetrieb zwingend erforderlichen Bereiche und technischen Anlagen

·         Schaffung von Freiraumnutzungen mit einem Mehrwert für das Quartier

·         Maßnahmen zum Lärmschutz für die angrenzenden Wohnnutzungen

 

Die Deutsche Bahn prüft derzeit, welche Flächen und Gebäude weiterhin für den Bahnbetrieb benötigt werden und welche Bereiche freigegeben und einer anderen Nutzung zugeführt werden können. Dabei verfolgt die Bahn ein Vermarktungs-interesse, d.h. es sollen möglichst rentable Flächenzuschnitte entstehen. In einer ersten Vorstudie zu möglichen Entwicklungen des Bahndammes wurden im Rahmen des Integrierten Entwicklungskonzeptes (IEK) bereits die Bereiche aufgezeigt, die sich für eine bauliche Entwicklung eignen und jene, die nicht geeignet sind. Es wurden zudem zwei Varianten entwickelt um den Hauptbahnhof barrierefrei zu erschließen, eine sinnvolle Nachnutzung zu ermöglichen und ihn verkehrlich besser in seine Umgebung einzubinden.

 

Variante A

Eine barrierefreie Zugänglichkeit der Bahnsteige wird durch die Öffnung der noch vorhandenen, historischen Gepäcktunnel östlich neben dem heutigen Empfangsgebäude erreicht. Die drei Mittelbahnsteige erhalten neue Treppenanlagen und verglaste Aufzüge. Die Unterführung wird ebenerdig die Bismarck- mit der Marienstraße auf Höhe der Hausnummern Bismarckstr. 139 und Marienstr. 36, dem Gelben Haus, verbinden. Der ehemalige Gepäckbahnhof wird zum neuen Empfangsgebäude. Davor entsteht erstmals ein Bahnhofsvorplatz an der Bismarckstraße, welcher die Bahn mit dem Busbahnhof verknüpft. Im Verkehrsraum der Marienstraße wird die Stützmauer nach Norden versetzt, wodurch ebenfalls ein Vorplatz entsteht, der eine bessere Verknüpfung mit Taxen, Fahrrädern und Kurzparkern ermöglicht und den Hauptbahnhof zum südlich angrenzenden Senefelderquartier hin öffnet.

 

Durch diese Maßnahme kann das heutige Empfangsgebäude im Ganzen einer neuen Nutzung zugeführt werden. Hier liegt der große Vorteil von Variante A, die es ermöglicht einen privaten Investor für das Gebäude zu finden, der dort eine gemischte Nutzung im Sinne eines noch aufzustellenden Bebauungsplanes realisieren kann. Ob ein Eigenerwerb durch die Stadt Offenbach sinnvoll ist, ist im weiteren Verfahren zu prüfen.

 

Für die Umgestaltung der Südseite des Bahndamms sind sowohl technische als auch eigentumsrechtliche Fragen noch zu klären. Die Flächen, welche in dieser Variante bei der Deutschen Bahn verbleiben, durch die Stadt Offenbach erworben werden müssten und durch die Deutsche Bahn privatisiert werden könnten, sind in der Anlage 3 dargestellt.

 

Variante B

Der Hauptzugang erfolgt wie bisher durch das historische Empfangsgebäude. Auf der Nordseite der Gleise wird eine barrierefreie Zugänglichkeit über den in Ost- West-Richtung verlaufenden Lichthof zwischen Empfangsgebäude und Bahndamm hergestellt, der von Osten her umgebaut werden müsste. Die drei Mittelbahnsteige erhalten neue Treppenanlagen und verglaste Aufzüge.

Bei dieser Variante ist eine private Nachnutzung des Empfangsgebäudes kaum möglich, da die große Haupthalle, welche das Gebäude in zwei Nutzungseinheiten zerschneidet, für die öffentliche Erschließung der Bahnsteige notwendig ist. Für Invesorten dürfte diese rechtliche und finanzielle Gemengelage wenig attraktiv sein. Hier blieben voraussichtlich nur die Möglichkeiten, dass die Bahn weiterhin Eigentümerin bleibt, oder die Stadt Offenbach das Gebäude erwirbt.

 

Eine zentrale Herausforderung bei der Umnutzung des Hauptbahnhofes stellt in beiden Varianten die Schaffung von Stellplätzen dar. Das Empfangsgebäude hat fast kein eigenes Grundstück, auf dem dies umgesetzt werden könnte. Umso wichtiger ist es, die Entwicklung des Hauptbahnhofes im Zusammenhang mit den Flächen des heutigen Busbahnhofes und des südlichen Bahndammes zu betrachten. Im südlichen Bahndamm könnte, bei Entfall des heutigen Gleises 6 ein Parkhaus untergebracht werden, das sowohl die Stellplätze für den Hauptbahnhof als auch eine Quartiersgarage für das angrenzende Wohngebiet beinhalten könnte. Zudem würde damit auf dem Dach des Parkhauses und auf der Ebene der heutigen Gleise eine nutzbare ebene Fläche entstehen.

Anlagen:

Anlage 1        Vertiefungsbereich Hauptbahnhof Variante A

Anlage 2        Vertiefungsbereich Hauptbahnhof Variante B

Anlage 3        zukünftige Flächenabgrenzung Variante A

Anlage 4        Maßnahmenliste zur Variante A

 

Verteiler:

13 x HFB

  1 x Minderheitenvertreter (HFB)

  2 x Vertreter (ALB)

13 x UPB

  1 x Minderheitenvertreter (UPB)

  2 x Vertreter (ALB)

  8 x Fraktionen

  4 x Stv.-Büro