Quelle: pio.offenbach.de
Abgerufen am 29.03.2024


Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2016 - 2021


2016-21/DS-I(A)0216Ausgegeben am 06.06.2017

Eing. Dat. 06.06.2017

 

 

 

 

 

Erhaltungssatzung im Nordend aufstellen – „Milieuschutzsatzung“ nutzen, um langfristig die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung zu erhalten

Antrag DIE LINKE. vom 06.06.2017

 

 

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

1.    Der Magistrat wird beauftragt, ein Konzept vorzulegen, wie für das Nordend eine Erhaltungsatzung (§§ 172 bis 174 BauGB) mit besonderem Fokus auf den Erhalt der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung („Milieuschutzsatzung“ nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB) eingeführt werden kann. Das Gebiet Nordend umfasst den Bereich, der im Beschluss 2016-21/DS-I(A)0207 Anlage 1 beschrieben wird.

 

2.    Darüber hinaus möge der Magistrat in Form eines Grobscreenings (Vorprüfung) prüfen und berichten, welche weiteren Gebiete in Offenbach für eine Erhaltungssatzung in Frage kommen.

 

 

Begründung:

 

In der letzten Stadtverordnetenversammlung wurde einstimmig beschlossen, für das Nordend einen Antrag auf Förderung für das Programm „Soziale Stadt“ (HEGISS 3 – Nordend) zu stellen. In dem Projektantrag ist nachzulesen, dass das Quartier „im Spannungsfeld hoch dynamischer Entwicklungsbereiche“ liegt und „alle Veränderungen im Umfeld […] sich auf das dazwischen liegende Nordend [auswirken]“. Weiter heißt es: „massiver Wohnungsneubau im und um das Fördergebiet herum wird in Konkurrenz zu angrenzenden bestehenden Wohnlagen im Stadtteil treten“. Das Gebiet rund um das Nordend ist also massiv von Aufwertung geprägt, was sich zunehmend auf das Nordend auswirken wird. Das Gebiet selbst weist ein hohes Aufwertungspotential auf.

 

Eine Erhaltungssatzung („Milieuschutz“) zielt darauf ab, die aktuelle Bevölkerungszusammensetzung zu erhalten. Die Bevölkerung im Nordend weist aufgrund der Sozialstruktur ein überdurchschnittliches Verdrängungspotential auf und ist deshalb besonders auf Unterstützung angewiesen. Das hohe Aufwertungs- und Verdrängungspotential erfordert ein dringendes Handeln.

 

In Städten wie München oder Frankfurt werden anhand der eben beschriebenen Faktoren Erhaltungs- und Milieuschutzsatzungen erlassen. Konkret bedeutet dies, dass in von der Stadt ausgewiesenen Gebieten der Rückbau, die Änderung oder die Nutzungsänderung baulicher Anlagen genehmigungspflichtig sind. Es wird geprüft, ob die konkrete bauliche Maßnahme das Satzungsziel gefährdet.

 

Hingegen nicht genehmigungspflichtig sind etwa Instandhaltungsmaßnahmen oder die Herstellung zeitgemäßer Ausstattung. Mit einer Milieuschutzsatzung werden Luxusmodernisierungen verhindert, da durch diese die Mieten für einen Großteil der ansässigen Bevölkerung unbezahlbar werden.

 

Aus städtebaulicher Sicht ist es sinnvoll, preiswerten Wohnraum zu erhalten, da aktuell nur sehr begrenzt Ersatz geschaffen werden kann. Selbst die GBO argumentiert, dass sie keine günstigen Sozialwohnungen schaffen könne, da u.a. die Baukosten zu hoch seien und eine kostenfreie Übereignung von Baugrundstücken durch die öffentliche Hand notwendig wäre. Wenn günstige Wohnungen nach und nach wegfallen, wird sich die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung verändern. Damit verbunden sind nachteilige städtebauliche Entwicklungen, denn es müsste an anderer Stelle Ersatzwohnraum geschaffen werden. Vorhandene Infrastruktureinrichtungen, die aktuell auf den Bedarf der ansässigen Bevölkerung zugeschnitten sind, müssten angepasst und an anderer Stelle mit erheblichem Aufwand neu geschaffen werden.

 

Die Anwendung von Erhaltungs- und Milieuschutzsatzungen haben sich in Frankfurt, Berlin, München und Hamburg bewährt. In einem Bericht der Akademie für Raumforschung und Landesplanung (2015) wird argumentiert, dass insbesondere im Programm „Soziale Stadt“ ungewollten Nebenwirkungen, wie etwa Gentrifizierung, mittels eines Milieuschutzes vorgebeugt werden könne. Der Deutsche Städtetag (2013) schlägt das Instrument vor, um den sozialen Zusammenhalt in einer Stadt zu sichern.

 

Auch in Offenbach sollte diese Maßnahme Anwendung finden, um die städtebaulichen Eigenarten und die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung im Nordend und anderen relevanten Quartieren langfristig zu sichern. Den Bewohner*innen muss die Chance gegeben werden, dort langfristig bleiben zu können. Es muss verhindert werden, dass ärmere Bevölkerungsschichten an den Rand von Offenbach gedrängt werden oder die Stadt verlassen müssen.

[1] https://shop.arl-net.de/media/direct/pdf/ab/ab_014/ab_014_08.pdf

[1] http://www.staedtetag.de/imperia/md/content/dst/positionspapier_wohnraummangel_2013.pdf

 

 

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