Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2016 - 2021


2016-21/DS-II(A)0070Ausgegeben am 28.02.2020

Eing. Dat. 20.02.2020

 

 

 

Sicherheitsarchitektur für Offenbach weiter denken - Teilnahme an KOMPASS
hier: Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 08. Februar 2018,

2016-21/DS-I(A)0362

dazu: Magistratsvorlage Nr. 2020-067 vom 19.02.2020

 

 

Die Stadtverordnetenversammlung hat am 08.02.2018 folgenden Beschluss gefasst:

 

die Stadtverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung vom 08. Februar 2018 mit dem Antrag I(A) 0362 beschlossen, den Magistrat aufzufordern, „zu prüfen und zu berichten, ob sich zur weiteren Verbesserung der Offenbacher Sicherheitsarchitektur die Teilnahme an der Landesinitiative KOMmunalProgrAmmSicherheitsSiegel (KOMPASS) nach dem Abschluss der derzeit stattfindenden Modellphase empfiehlt“.

 

 

Hierzu berichtet der Magistrat wie folgt:

 

Landesinitiative KOMmunalProgrAmmSicherheitsSiegel (KOMPASS)

 

Das Land Hessen möchte laut Innenminister Beuth mit KOMPASS erreichen, dass hessische Städte und Gemeinden Sicherheits­themen selbstständiger angehen und individuelle Lösungen für Probleme vor Ort entwickeln können. Es will Kommunen, Polizei und Bürger sowie weitere gesellschaftliche Akteure an einen Tisch bringen, damit unter Berücksichtigung der lokalen Bedingungen angepasste Maßnahmen erfolgen können.

 

Die Stadt Offenbach am Main verfügt seit vielen Jahren über eine kommunale Präventionsstruktur mit einer Lenkungsgruppe Prävention (Präventionsrat), Runden Tischen als Präventionsgremien vor Ort in den Stadtteilen und Facharbeitskreisen für Sicherheit im ÖPNV und gegen häusliche und sexualisierte Gewalt. Einmal im Jahr berichten die Vertreterinnen und Vertreter der Runden Tische Innenstadt, Senefelder Quartier, Nordend, Süd und Ost, der Arbeitskreis Waldhof, der Facharbeitskreis Sicherheit im ÖPNV und der Facharbeitskreis gegen häusliche und sexualisierte Gewalt in der Lenkungsgruppe Prävention in Anwesenheit des Magistrates, der durch den Bürgermeister / Ordnungsdezernenten vertreten ist. Die Geschäftsstelle „Kommunale Prävention“ beim Ordnungsamt organisiert die Präventionsarbeit und ist zentraler Ansprechpartner für die Gremien und der Akteure. Jährlich stattfindende Offenbacher Präventionstage unter Federführung des Ordnungsamtes stärken die Zusammenarbeit der lokal präventiv tätigen Organisationen.

Die Vernetzung mit den Schulen, auch über die Runden Tische, führt zur Verstetigung von Präventionsprojekten wie People’s Theater Workshops zur Stärkung der Konfliktfähigkeit der Schülerinnen und Schüler und der Angebote zur Suchtprävention.

 

Besonders eng ist die Zusammenarbeit des Ordnungsamtes mit der Landespolizei. Sie erfolgt über die genannten Präventionsgremien, aber auch über regelmäßige „Mittwochsrunden“, zu denen sich Vertreterinnen und Vertreter der Landespolizei mit dem Ordnungsamt treffen und zu aktuellen Entwicklungen und Vorkommnisse austauschen. Darüber hinaus wird im täglichen Geschäft eine enge Zusammenarbeit gepflegt, die zwischen der Stadtpolizei (Ordnungsamt) und der Landespolizei besonders ausgeprägt ist.

 

Die Zusammenarbeit mit der Landespolizei erfolgt auch auf höchster Leitungsebene. Beispiel: Der Bericht des Polizeipräsidenten in der Lenkungsgruppe Prävention zur islamistischen, salafistischen Szene im Rhein-Main-Gebiet, überzeugte das Gremium und den Magistrat, ein besonderes Augenmerk auf religiös begründeten Extremismus zu lenken. Zur Prävention dieser damals neuen Form von Extremismus beteiligt sich die Stadt Offenbach auf Empfehlung der Lenkungsgruppe Prävention, der neben dem Polizeipräsidenten, dem Ordnungsdezenenten und Bürgermeister auch der Amtsgerichtspräsident, die Leiterin der Staatsanwaltschaft Zweigstelle Offenbach, die Leiterin des Staatlichen Schulamtes, der Vorsitzende des Ausländerbeirats, der Vorsitzende des Fördervereins Sicheres Offenbach e.V. die Leiterin des Jugendamtes und der Leiter des Ordnungsamtes angehören, seit 2016 am Bundesprogramm „Demokratie leben!“. Durch Bundes- und Landesmittel im jährlich sechsstelligen Bereich werden Maßnahmen und Projekte in Offenbach gefördert. Auch hier hat das Ordnungsamt die Federführung und hat den Antrag für die nächste Förderperiode von 2020-2024 in die Wege geleitet. Zur Beratung der gefährdeten Personen und deren Umfeld organisierte das Ordnungsamt die Präsenz von Violence Prevention Network (VPN) mit der „Beratungsstelle Extremismus“ einmal die Woche im Stadtteilbüro am Mathildenplatz. 

 

Der Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern zu Fragen der Sicherheit, Ordnung und der Prävention hat in der Präventions- und Sicherheitsarchitektur der Stadt Offenbach eine immens große Bedeutung. Über die Runden Tische stehen Ordnungsamt und Polizei in direktem Kontakt mit Bürgerinnen und Bürgern aus den Statteilen, die dort ihre Belange ansprechen und gegebenenfalls ihr Sicherheitsempfinden. Auf Workshop Angebote zum Umgang mit Gewaltsituationen im öffentlichen Raum im Rahmen der landesweiten Kampagne „Gewalt-Sehen-Helfen“, die das Ordnungsamt federführend gemeinsam mit der Polizei organisiert, wird dort wie auch über die (sozialen) Medien regelmäßig hingewiesen.

 

Für Beschwerden und Hinweise der Bürgerinnen und Bürger an das Ordnungsamt sowie weiteren mit ordnungs- und sicherheitsrelevanten Aufgabenbereichen befassten städtischen Dienststellen stehen neben den üblichen Kommunikationswegen wie Telefon, Hotlines, E-Mail, etc. seit 2012 der „Offenbacher Mängelmelder“ zur Verfügung. Hier können akute Missstände für die Bürgerinnen und Bürger komfortabel über den PC oder die Smartphone - App dem Ordnungsamt übermittelt werden. Im vergangenen Jahr haben davon 8.299 Personen Gebrauch gemacht. 72% der Fälle davon betreffen den Bereich Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung. Die verantwortlichen Stellen haben dadurch die Möglichkeit, zeitnah und passgenau Abhilfemöglichkeiten bzw. neue Kontrollschwerpunkte zu finden.

Die Hinweise und Beschwerden werden automatisch in die Beschwerdedatenbank der Stadt Offenbach eingepflegt, sodass auch statistische Auswertungen für die Planung weiterer Maßnahmen herangezogen werden können.

 

Weitere wichtige Bestandteile der Sicherheitsarchitektur in Offenbach bilden die sukzessive ausgeweitete Videoüberwachung an wichtigen Punkten, die in den nächsten Jahren erneuert und optimiert werden soll, die personelle Stärkung der Stadtpolizei, der zukünftige 24 Stunden-Dienst dort und die vorgesehene gemeinsame Citywache von Stadtpolizei und Landespolizei in der Berliner Straße 60. Eine Task Force Verkehr bei der Stadtpolizei ermöglicht mittlerweile schnellere Reaktionsmöglichkeiten auf Handlungserfordernisse. Der technische Verkehrsdienst sorgt für umfangreiche Geschwindigkeitsmessungen im Stadtgebiet, die Verkehrsüberwachung wird rekommunalisiert. Der Freiwillige Polizeidienst hat in diesem Jahr seine Arbeit aufgenommen. Das Haus des Jugendrechts wurde im Jahr 2019 eingerichtet. Angebote der Landespolizei wie der Polizeiladen, die Kontaktbeamten vor Ort und das Präventionsmobil vor Ort ergänzen das Angebot für Prävention und Sicherheit.

 

Resümierend lässt sich festhalten, dass bereits jetzt eine enge Vernetzung von Stadt, Polizei und Bürgerschaft gegeben ist, die das KOMPASS Gütesiegel verdient, ohne dass zusätzliche, beim Ordnungsamt ressourcenbindenden Maßnahmen wie jährliche Sicherheitskonferenzen und Bürgerbefragungen erfolgen müssen. Es gibt keine Hinweise oder vorliegende Evaluationsberichte aus „KOMPASS-Städten“, die dadurch bessere, passgenauere Erkenntnisse erzielt haben als die Stadt Offenbach mit ihrer engen, unmittelbaren und nachhaltigen Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern.

 

Die Stadt Frankfurt, die ebenfalls sehr gut in der Präventionsarbeit aufgestellt ist, lehnt bislang eine Teilnahme an KOMPASS ab, weil neben einem zusätzlichen Aufwand für die Stadt ein Mehrwert in der Präventions- und Sicherheitsarbeit nicht gesehen wird. Das Programm sei zugeschnitten für kleinere Gemeinden, die noch nicht über eine passende Präventions- und Sicherheitsstruktur verfügen. Personelle Verstärkung für Kompass habe es bei der Polizei gegeben, nicht für die Gemeinden. Finanzielle Mittel des Landes für Personal- oder Sachkosten für Maßnahmen im Rahmen bzw. unter der Überschrift von „KOMPASS“ werden vom Land grundsätzlich nicht in Aussicht gestellt.

 

Durch an den lokalen Bedürfnissen orientierten konkreten und passgenauen Maßnahmen erfüllen wir bereits jetzt die Projektziele von KOMPASS. Der enge und unmittelbare Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern, mit relevanten Organisationen in unserer Stadt und der Polizei sowie der hervorragenden Vernetzung mit den für die Präventions- und Sicherheitsarbeit relevanten Akteuren schafft hierfür eine wesentliche Grundlage.

 

Die Stadt Offenbach wird beim zuständigen Innenministerium das Sicherheitssiegel „KOMPASS“ beantragen, sofern aufgrund der gegebenen Kommunikationsstruktur in unserer Stadt auf die die zusätzlichen Anforderungsmodule wie Sicherheitskonferenzen und Bürgerbefragungen verzichtet wird. Grund: Wir erfüllen bereits die mit KOMPASS verbundenen Ziele in Offenbach mit unserer Organisation, Vernetzung und Kommunikationsarchitektur. Der Einsatz zusätzlicher städtischer personeller Ressourcen für die genannten Anforderungsmodule wäre nicht möglich, ohne Abstriche in der Präventions-, Ordnungs- und Sicherheitsarbeit in Kauf zu nehmen; das wäre kontraproduktiv.