Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2021 - 2026


2021-26/DS-I(A)0238Ausgegeben am 24.02.2022

Eing. Dat. 24.02.2022

 

 

 

 

 

Vergabeverfahren Stromkonzession der Stadt Offenbach am Main

hier: geänderter 1. Verfahrensbrief samt Anlage (Kriterienkatalog)

Antrag Magistratsvorlage Nr. 2022-063 (Dez. X, Amt 20) vom 23.02.2022

 

 

Der Magistrat beantragt, dass die Stadtverordnetenversammlung wie folgt beschließt:

 

Der anliegende geänderte 1. Verfahrensbrief samt Anlage zum Auswahlverfahren für den Neuabschluss des Stromkonzessionsvertrages wird beschlossen.

 

 

Begründung:

 

Im Gebiet der Stadt Offenbach am Main endete zum 31. Dezember 2019 der Stromkonzessionsvertrag mit der Energieversorgung Offenbach AG. Seit dem
01. Januar 2020 wird der Stromnetzbetrieb im Stadtgebiet Offenbach am Main auf der Grundlage von Interimsvereinbarungen durchgeführt. Die Stadt Offenbach am Main beabsichtigt, die Konzession für 20 Jahre zu vergeben.

 

Durch Beschluss der Stadtverordnetenversammlung 2016-21/DS-I(A)0499 am
01. November 2018 wurde der 1. Verfahrensbrief samt Anlage zum Auswahlverfahren einstimmig beschlossen. Durch einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eines Interessenten gegen die Stadt Offenbach am Main im parallel laufenden Vergabeverfahren zur Gaskonzession wurde auch das Vergabeverfahren zur Stromkonzession mit Schreiben vom 28. Februar 2019 ausgesetzt. Ziel der Aussetzung war es, die Erkenntnisse aus dem Gerichtsverfahren zur Gaskonzession entsprechend auf das Vergabeverfahren zur Stromkonzession zu transferieren. Hierdurch konnte ein separates Gerichtsverfahren zur Stromkonzession vermieden werden.

 

Historie der Gerichtsverfahren im Gaskonzessionsverfahren

 

Durch Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 29. Mai 2019 wurde der Verfügungsantrag des Interessenten im Gaskonzessionsverfahren überwiegend zurückgewiesen und die Stadt Offenbach am Main lediglich zur Herausgabe einiger weiterer Gasnetzdaten verpflichtet. Diese wurden durch die Altkonzessionärin entsprechend zur Verfügung gestellt und an die Interessenten weitergegeben. Im Zusammenhang mit dem einstweiligen Verfügungsverfahren und der Bewertung der in dem zugrunde liegenden Rügeverfahren vorgebrachten Einwendungen eines Interessenten wurde darüber hinaus der 1. Verfahrensbrief aufgrund aktueller Rechtsprechung nochmals überarbeitet und einzelne Kriterien entsprechend angepasst.

 

Dieser geänderte 1. Verfahrensbrief (1. Änderung) wurde am 19. September 2019 von der Stadtverordnetenversammlung mit Beschluss 2016-21/DS-I(A)0670 einstimmig beschlossen und im Anschluss an die Interessenten verschickt. Das Vergabeverfahren zur Gaskonzession wurde erneut mit Schreiben vom
10. Dezember 2019 aufgrund eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eines Interessenten gegen die Stadt Offenbach am Main ausgesetzt. Das Landgericht Wiesbaden wies mit Urteil vom 04. März 2020 zehn der insgesamt elf Verfahrensrügen des Interessenten zurück. Einzig das Unterkriterium
„4.1 Beratung des Netzkunden“ und die darin gewählte Formulierung „ortsnah zum Bürgerbüro“ wertete das Gericht als diskriminierend, weil der Altkonzessionär eine Beratungsstelle im Bürgerbüro unterhält und somit einen Vorteil gegenüber den übrigen Interessenten hat. Der 1. Verfahrensbrief (1. Änderung) wurde daher im Kriterium „4. Verbraucherfreundlichkeit“ nochmals angepasst. Das Unterkriterium
„4.1 Beratung des Netzkunden“ wurde vollständig gestrichen und der Gewichtungsfaktor in Höhe von 2,00 %-Punkten zugunsten der Unterkriterien
„4.3 Dauer der Netzanschlussbereitstellung“ und „4.4 Baustellenkoordinationen mit anderen Versorgungssparten“ umverteilt. Das Kriterium
„4. Verbraucherfreundlichkeit“ wird somit weiterhin mit insgesamt 8,00 %-Punkten gewichtet.

 

Im Anschluss an das einstweilige Verfügungsverfahren beim Landgericht Wiesbaden wurde seitens des Interessenten Berufung beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main eingelegt. Die Stadt Offenbach am Main legte Anschlussberufung ein. Mit Urteil vom 15. September 2020 wurde das Urteil des Landgerichts Wiesbaden durch das Oberlandesgericht Frankfurt bestätigt.

 

Historie der Gerichtsverfahren im Stromkonzessionsverfahren

 

Den Interessenten im Vergabeverfahren zur Stromkonzession der Stadt Offenbach am Main wurden auf Basis des Urteils des Landgerichts Wiesbaden vom 29. Mai 2019 ergänzte Stromnetzdaten der Altkonzessionärin zur Verfügung gestellt. Der Umfang wurde seitens eines Interessenten jedoch im Hinblick auf aufwandsgleiche Kostenpositionen der Altkonzessionärin für unzureichend gehalten und gerügt. Da die Stadt Offenbach am Main die Rüge für unberechtigt hielt und ihr nicht abhalf, stellte der Interessent im Dezember 2020 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Landgericht Wiesbaden.

 

Das Landgericht Wiesbaden hat die Rüge des Interessenten mit Urteil vom 11. Februar 2021 zurückgewiesen. Die Berufung des Interessenten hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main durch Urteil vom 27. Juli 2021 ebenfalls zurückgewiesen und damit die Position der Stadt Offenbach am Main rechtskräftig bestätigt.

 

Nach Abschluss dieses Berufungsverfahrens wurde die Fortsetzung des Konzessionsverfahrens Strom durch Anpassung des 1. Verfahrensbriefes vorbereitet. Dabei wurden die Erkenntnisse aus den Urteilen zum Vergabeverfahren zur Gaskonzession sowie zwischenzeitlich im Gasverfahren erteilte Hinweise für das Vergabeverfahren zur Stromkonzession übernommen und in den 1. Verfahrensbrief eingearbeitet.

 

Der geänderte 1. Verfahrensbrief wurde infolgedessen in den städtischen Gremienlauf gegeben. Die Stadtverordnetenversammlung sollte hierzu in ihrer Sitzung am 11. November 2021 einen entsprechenden Beschluss fassen. Zwischenzeitlich erhielt die Vergabestelle jedoch vom Altkonzessionär den Hinweis, dass die aktualisierten Netzdaten per 31. Dezember 2020 möglicherweise Inplausibilitäten aufweisen. Aufgrund dessen wurde die Vorlage auf Wunsch der Vergabestelle an den Magistrat mit der Bitte um vollständige Überprüfung der Datenlage zurückgewiesen. Der Altkonzessionär konnte nach Sichtung und Prüfung der Datenlage auf Plausibilität keine Unstimmigkeiten feststellen. Der geänderte 1. Verfahrensbrief kann daher erneut dem Parlament zur Beschlussfassung vorgelegt werden.

 

Um die Änderungen nachvollziehbar zu machen, wird neben dem geänderten
1. Verfahrensbrief samt Anlage zum Auswahlverfahren (Anlage 1) auch eine Version im Änderungsmodus des geänderten 1. Verfahrensbriefes
im Vergleich zur Version des 1. Verfahrensbriefes vom 01. November 2018 (Beschlussfassung 2016-21/DS-I(A)0499) vorgelegt. Die Änderungen im geänderten 1. Verfahrensbrief berücksichtigen die Rückfragen und Rügen sowie die Gerichtsverfahren zu den Konzessionsverfahren Strom und Gas. Zudem werden bei den Unterkriterien zur Preisgünstigkeit (Kriterium 2 der Gruppe A) die zeitlichen Prämissen aktualisiert und die Erläuterungen der Unterkriterien konkretisiert bzw. angepasst.

 

Der anliegende geänderte 1. Verfahrensbrief wird nun an die Interessenten verschickt und die Interessenten werden infolgedessen aufgefordert, ein indikatives Angebot abzugeben. Um eine spätere Auswahl des Konzessionsvertragspartners für Strom zu ermöglichen, bedarf es eines entsprechenden Kriterienkataloges für das Vergabeverfahren der Stromkonzession der Stadt Offenbach am Main. Dieser Kriterienkatalog wird zusammen mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe an die Interessenten übermittelt.

 

Es ist vorgesehen, zunächst die Abgabe von indikativen Angeboten abzuwarten. Die Stadt Offenbach am Main wird über diese indikativen Angebote mit den Bietern verhandeln und anschließend zu finalen Angeboten auffordern. Voraussichtlich im Frühjahr 2023 sollen die finalen Angebote mit einer Beschlussvorlage zur Auswahlentscheidung im Haupt-, Finanz-, Digitalisierungs- und Beteiligungsausschuss vorgestellt und der Stadtverordnetenversammlung zur Beschlussfassung vorgelegt werden. Die Entscheidung über die Konzessionsvergabe wird den Bietern sodann vorab mit Gründen mitgeteilt. Ein Vertragsabschluss ist – sofern keine weiteren Rügen eingehen –für Mitte 2023 geplant.

Anlagen:

-     Geänderter 1. Verfahrensbrief (1. Änderung) samt Anlage (Anlage 1)

-     Geänderter 1. Verfahrensbrief (1. Änderung) samt Anlage im Änderungsmodus im Vergleich zur Version des geänderten 1. Verfahrensbriefes (1.Änderung) vom 01. November 2018 (Anlage 2)

 

Hinweis: Antrag und Anlagen werden den Stadtverordneten und Fraktionen elektronisch (PIO) zur Verfügung gestellt.