Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2011 - 2016


2011-16/DS-I(A)0559Ausgegeben am 06.06.2014

Eing. Dat. 21.05.2014

 

 

 

 

 

Freihandelsabkommen TTIP stoppen – Kommunale Daseinsvorsorge schützen

Antrag Die Linke. vom 19.05.2014

 

 

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

1. Die Stadtverordnetenversammlung fürchtet durch das derzeit von der EU-Kommission hinter verschlossenen Türen verhandelte Transatlantische Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) negative Konsequenzen z.B. für die öffentliche Auftragsvergabe, die Energieversorgung, den Umweltschutz und für Tarife und Arbeitsbedingungen der Stadt Offenbach und ihrer Tochterunternehmen.

 

2. Die Stadtverordnetenversammlung lehnt eine weitere Liberalisierung des internationalen Dienstleistungshandels ab, welche Dienstleistungen der Daseinsvorsorge, wie z.B. im Bereich der Bildung, der Kulturförderung, der Gesundheit, sozialen Dienstleistungen, Abwasser- und Müllentsorgung, öffentlichem Nahverkehr oder der Wasserversorgung beinhaltet.

 

3. Die Stadtverordnetenversammlung fordert den deutschen Städtetag auf, sich gegen das geplante Abkommen zu positionieren und entsprechend sowohl bei der Bundesregierung wie auch bei der EU-Kommission zu intervenieren.

 

 

Begründung:

 

Derzeit finden Verhandlungen zu einem Freihandelsabkommen (TTIP) zwischen der EU und den USA statt. Zwar ist das Verhandlungsmandat der EU für TTIP nicht veröffentlicht, in den Medien kursieren aber Eckpunkte des umfassenden Handels- und Investitionsabkommens.

 

Die Verhandlungen scheinen auch kommunal-relevante Handlungsbereiche, etwa das öffentliche Auftragswesen, Energiepolitik, Umweltschutz und die Trinkwasserversorgung zu umfassen. Für das öffentliche Beschaffungswesen steht etwa zu befürchten, dass soziale und ökologische Aspekte nur noch sehr eingeschränkt bei der Auftragsvergabe berücksichtigt werden können. Auch Diskussionen wie in der letzten Stadtverordnetenversammlung zum Thema gentechnisch veränderte Lebensmittel sind dann obsolet, denn zu erwarten ist, dass der Inhalt des Abkommens lautet: „Freihandel geht vor Gesundheit“.

 

TTIP zielt auf exklusive Sonder- und Schutzrechte für Großinvestoren, die die Parlamente auf allen Ebenen binden und fesseln. Die öffentliche Hand muss befürchten, im Falle enttäuschter Gewinnerwartungen wegen „indirekter Enteignung“ auf Schadensersatz in Milliardenhöhe verklagt zu werden. Über diese Klagen sollen dann nicht die etablierten rechtsstaatlichen Gerichte, sondern private, geheim tagende Schiedsgerichte entscheiden.

 

Die Einrichtung privater Schiedsgerichte bedeutet faktisch den Aufbau eines privaten Parallelrechts für Konzerne. Die bestehenden Gerichte sind zukünftig nur noch für normale Menschen und Firmen zuständig, für Großinvestoren gibt es Privatgerichte, vor denen wiederum nur die Großinvestoren klagen können. Für staatliche Stellen ist dabei keine Klagemöglichkeit vorgesehen, wenn Investoren Menschenrechte missachten oder Umweltschäden verursachen.

 

Damit formuliert TTIP ein neues internationales Supergrundrecht, nämlich das Grundrecht auf ungestörte Investitionsausübung. Großinvestoren zu Umweltschutz, Datenschutz oder Verbraucherschutz zu zwingen wird mit dem Abschluss von TTIP noch schwieriger, als es ohnehin schon ist.

 

Für die beteiligten Staaten wird es schwierig, verfassungsrechtliche Prinzipien in Gesetze zu übersetzen – mit dem geplanten Abkommen drohen Schadenersatzforderungen in Milliardenhöhe, wenn sich Investoren um ihre Gewinnerwartung gebracht sehen. TTIP ist damit als Eingriff in den staatlichen Hoheitsbereich der Rechtssetzung, aber auch in die kommunale Selbstverwaltung zu betrachten.

 

Die kommunale Handlungsfreiheit wird durch TTIP erheblich eingeschränkt, da auch die Kommunen Schadensersatzforderungen fürchten müssen, wenn sie den Wünschen von Großinvestoren nicht entsprechen. Kommunale Daseinsvorsorge, die sich an sozialen Aspekten orientiert, wird so durch TTIP ausgehebelt.