Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt
Offenbach am Main
2021 - 2026
2021-26/DS-I(A)0893Ausgegeben am 20.06.2025
Eing. Dat. 20.06.2025
Leitlinien zur Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern in Offenbach am Main
hier: Antrag der Bürgerinitiative „Natürlich Bieber Waldhof“ auf Bürgerbeteiligung i.R. der Vorbereitenden Untersuchungen zum geplanten Baugebiet Bieber Waldhof West
Antrag Magistratsvorlage Nr. 2025-173 (Dez. I, Amt 13 und Dez. IV, Amt 60) vom 18.06.2025
Der Magistrat beantragt, dass die Stadtverordnetenversammlung wie folgt beschließt:
Gemäß den am 05. November 2020 von den Stadtverordneten beschlossenen „Leitlinien zur Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern in Offenbach“ leitet der Magistrat der Stadtverordnetenversammlung einen Antrag nach Leitsatz 7 (Initiativrecht) zum Beschluss durch die Stadtverordneten weiter.
Die Voraussetzungen für einen Antrag nach Leitsatz 7 auf informelle Bürgerbeteiligung liegen für das Baugebiet „Bieber Waldhof-West“ nicht vor. Der Antrag wird nach den Vorgaben von Leitsatz 7 abgelehnt.
Die formelle Bürgerbeteiligung gemäß Baugesetzbuch findet statt.
Eine ergänzende, freiwillige informelle Bürgerbeteiligung für die Entwicklung des Baugebietes „Bieber Waldhof-West“ im Geiste der weiteren Leitlinien zur Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern fand statt.
Begründung:
Die Leitlinien zur Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern in Offenbach legen die Beschlussfassung in vollem Umfang in die Hand der Stadtverordneten. Da weder Bürger noch Fachämter Anträge an die Stadtverordnetenversammlung stellen können, nimmt die Servicestelle Bürgerbeteiligung entsprechende Anträge entgegen und leitet sie an das Dezernat, das die Vorlagen im Magistrat einbringt. Der Magistrat legt der Stadtverordnetenversammlung die Vorlage zum Beschluss vor.
Der vorliegende erste Antrag eines Bürgers für die BI Bieber Waldhof nach Leitsatz 7 auf eine Bürgerbeteiligung wertet die bisherigen Beteiligungsformate im Zusammenhang mit den Planungen zur Vorbereitung des Neubaugebiets Bieber Waldhof West als unzureichend. Insbesondere sei keine offene Diskussion über die grundsätzliche Ablehnung der Bebauung ermöglicht worden.
Für die Entscheidung der Stadtverordneten haben die Fachämter unter Beratung des Rechtsamtes alle entscheidungsrelevanten Informationen zusammengetragen (siehe Anlage 2).
Zusammenfassung:
Bürgerinnen und Bürger können nach Leitsatz 7 der Leitlinien zur Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern in Offenbach am Main Bürgerbeteiligung anregen.
Ein Antrag auf informelle Bürgerbeteiligung wird im Leitsatz auf Vorhaben beschränkt, bei denen
a) keine informelle Bürgerbeteiligung vorgesehen ist oder es sich
b) um ein ganz neues Vorhaben handelt.
Zu a) Zur inhaltlichen Optimierung der Planung wurden Bürgerinnen und Bürger bereits in zahlreichen Beteiligungsformaten beteiligt – sowohl formalrechtlich innerhalb der vorbereitenden Untersuchungen für eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme, als auch informell.
Zu b) Bei der Entwicklung des Baugebiet Bieber Waldhof handelt sich nicht um ein ganz neues Vorhaben. Dieses Projekt ist bereits Bestandteil des im Masterplan 2030 benannten Schlüsselprojekts: „Neue Baugebiete“. Der Masterplan wurde nach intensiver Bürgerbeteiligung im Februar 2016 von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen.
Der Antrag auf Bürgerbeteiligung erfüllt damit nicht die formalen Voraussetzungen der Leitlinien zur Antragszulassung.
Weiter ist zwischen einer politischen und einer formalen Ebene zu unterscheiden:
Politische Ebene:
Die politische Ablehnung des Bauprojektes steht der Bürgerinitiative selbstverständlich zu. Die Verwaltung ist allerdings an die politische Willensbildung gebunden. Die Grundsatzentscheidung zur Realisierung des Baugebiets Bieber Waldhof West ist mit dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung „Neues Wohnen“ vom 29.09.2016 sowie diversen, darauf aufbauenden weiterführenden Beschlüssen in ihrem Handeln zielgerichtet gebunden. Ein grundsätzliches in Frage stellen des Projektes durch die Verwaltung ist daher auf dieser Ebene nicht möglich, sondern ausschließlich in der Stadtverordnetenversammlung.
Formale Ebene:
Bürgerinnen und Bürger können nach Leitsatz 7 der Leitlinien zur Bürgerbeteiligung der Stadt Offenbach Bürgerbeteiligung anregen. Allerdings steht im gleichen Leitsatz 7, dass ein Antrag (wie hier von der Bürgerinitiative „Natürlich Bieber Waldhof“ gestellt) auf informelle Bürgerbeteiligung ausdrücklich nur immer dann möglich ist, soweit zunächst keine (informelle) Bürgerbeteiligung vorgesehen ist oder es sich um ein ganz neues Vorhaben handelt.
Im vorliegenden Fall handelt es sich nicht um ein ganz neues Vorhaben. Das Projekt Baugebiet Bieber Waldhof West ist bereits Bestandteil des im Masterplan 2030 benannten Schlüsselprojekts: „Neue Baugebiete“. Der Masterplan wurde nach intensiver Bürgerbeteiligung im Februar 2016 von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen. Dass das Projekt nicht neu ist, belegt zudem der Stadtverordnetenbeschluss aus 2016 nachweislich. Der Durchführung einer Bürgerbeteiligung, die das Baugebiet in Gänze in Frage stellt, fehlt wegen dieses Stadtverordnetenbeschlusses die Legitimation.
Dies heißt nicht, dass es deswegen keine Bürgerbeteiligung geben darf. Und es heißt auch nicht, dass es deswegen keine Bürgerbeteiligung gibt: Zur inhaltlichen Optimierung der Planung fanden bereits zahlreiche Beteiligungsformate – sowohl die formalrechtlich innerhalb der vorbereitenden Untersuchungen für eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme erforderlichen Beteiligungsformate als auch informelle Partizipationen – im Geiste der weiteren Leitlinien zur Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern statt. Genauere Informationen dazu finden sich in Anlage 2.
Die Ergebnisse einschließlich der grundsätzlich ablehnenden Haltung der Bürgerinitiative zum geplanten Neubaugebiet werden Bestandteil der Berichterstattung über die Vorbereitenden Untersuchungen sein, die ihrerseits eine Grundlage der Festlegung als städtebauliche Entwicklungsmaßnahme darstellt. Die Beschlussfassung einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme erfordert die gerechte Abwägung aller privaten und öffentlichen Belange unter- und gegeneinander. Zu diesen zählt u. a. auch die Meinung der Bürgerinitiative. Insofern wurden und werden die Belange der Bürgerinitiative berücksichtigt.
Im Verlauf des bisherigen Verfahrens kam es durch die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger bereits zu wesentlichen inhaltlichen Änderungen der Vorhabenplanung: Der Abstand zur bestehenden Bebauung wurde erweitert, die Baumasse am Übergang zum Bestand verringert, die Ausdehnung zum Wäldchen wurde reduziert und der Flächenverbrauch wurde insgesamt verringert.
Dass die Bürgerinitiative dies politisch als nicht ausreichend erachtet, steht ihr zu. Jedoch kann nachweislich nicht bestritten werden, dass Bürgerbeteiligung stattfindet und Argumente aufgegriffen werden.
Anlagen:
1. Antragstext der Bürgerinitiative (per E-Mail eingereicht)
2. Gemeinsame Stellungnahme von Amt für Planen und Bauen, Servicestelle zur Förderung und Durchführung von Bürgerbeteiligung
3. Klimarelevanzprüfung
Hinweis: Der Antrag sowie die Anlagen werden den Stadtverordneten und Fraktionen elektronisch (PIO) zur Verfügung gestellt.