Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt
Offenbach am Main
2021 - 2026
2021-26/DS-I(A)0767Ausgegeben am 26.09.2024
Eing. Dat. 25.09.2024
Mehr Transparenz in der Digitalisierung
Antrag Ofa vom 25.09.2024
Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:
Der Magistrat wird beauftragt, zu prüfen und zu berichten, wie für mehr Transparenz und schnellere, regelmäßigere und umfassende Information der Stadtverordneten zu allen Bemühungen um Digitalisierung gesorgt werden kann.
Beispiele für die Informationen, die den Stadtverordneten zur Verfügung gestellt werden sollen, sind: der jeweils aktuelle Stand
1. der Bemühungen um Cybersicherheit,
2. der Digitalisierung aller Prozesse, insbesondere derjenigen im Hintergrund, die nicht nach außen sichtbar sind,
3. der Prozessscans, die zur Zeit durchgeführt werden und ihre Interpretation bezüglich der Optimierung von Prozessen,
4. der Implementierung eines Open Data Portals,
5. der Nutzung von offenen Datenstandards und Schnittstellen,
6. der Öffnung von Datensilos in den verschiedenen Abteilungen der Verwaltung und in den städtischen Gesellschaften,
7. der Einigung der Verwaltung und der städtischen Gesellschaften auf ein gemeinsames IT-System,
8. der Fortschritte bei der Smart City App,
9. der digitalen Souveränität der Stadt und die Datenschutzkonformität bei der Nutzung von Microsoftprodukten, insbesondere Verbesserungen des „Datenschutznachtrags zu den Produkten und Services von Microsoft“,
10. der digitalen Bauakte,
11. und der Pläne einer zukünftigen öffentlichen Bereitstellung des Geoportals.
Begründung:
Der Standort Deutschland wird im internationalen Vergleich zunehmend wirtschaftlich abgehängt, weil viele Verwaltungsprozesse zu umständlich und langwierig sind. Entbürokratisierung ist daher ein erklärtes Ziel in der Politik. Die neue Landesregierung hat sogar eine Stabsstelle Entbürokratisierung eingerichtet. Hierbei spielt die Digitalisierung eine Schlüsselrolle: Schnellere, vollständig digitalisierte Prozesse in der Verwaltung, die auch immer wieder auf ihre Wirksamkeit überprüft werden, könnten den Unternehmen in Deutschland helfen.
Dabei geht es vor allem um einen reibungslosen Informations- und Datenaustausch. Online-Services für die Bürger und Bürgerinnen sind ebenfalls wichtig, aber mehr Effizienz kann man erst erwarten, wenn auch die Prozesse im Hintergrund digital und reibungslos laufen. Es nützt nichts, wenn digitale Eingaben der Bürger und Bürgerinnen doch wieder ausgedruckt werden.
Wenn man mit der digitalen Transformation nur versucht, Verfahren aus der analogen Zeit neu aufzusetzen und 1:1 in die digitale Welt zu übertragen, werden Abläufe noch komplizierter. Stattdessen müssen Bürokratieabbau und Digitalisierung Hand gehen, um umständliche Vorschriften zu vereinfachen und zu beschleunigen.
Bisher ist die Digitalisierung bekanntlich nur ein Flickenteppich.
Das gilt auch für Offenbach. Erschwerend bei uns kommt hinzu, dass Informationen oft nur sehr spärlich fließen. Es wird viel versprochen, aber wann die Versprechungen umgesetzt werden, ist unklar. Das Bemühen um Digitalisierung und die Fortschritte sind völlig intransparent. Einige Beispiele:
· Schon Ende 2023 hat das Stadtmarketing zusammen mit der Stabsstelle Digitalisierung einen öffentlichen Workshop veranstaltet, in dem eine zukünftige „Smart City Strategie“ angepriesen wurde./1/ Es handelte sich aber leider nicht um eine Informationsveranstaltung, sondern um eine aufwendige Werbeshow. Es wurde versprochen, dass es noch im Dezember 2023 ein Open Data Portal geben würde. In der Antwort auf eine Anfrage ist nun die Rede von „Anfang 2025“.
· In dieser Veranstaltung wurde auch ein „Prototyp einer Smart City-App“ vorgestellt, den die Teilnehmer „testen“ konnten. Leider waren fast alle Funktionen und Auswahlmöglichkeiten dieses Prototyps ausgeschaltet, so dass man nicht feststellen konnte, wie viel Substanz wirklich dahinter steckt.
· Es wurde auch eine Smart City App angekündigt. Diese gibt es aber bis heute nicht.
· Es war nicht möglich, Fragen zu stellen um mehr Informationen zu bekommen.
· Vor der öffentlichen Veranstaltung fand eine ausführlichere Fachtagung zur Verwaltungsdigitalisierung statt, von der Stadtverordnete leider ausgeschlossen waren. /2/
· Die Bürgerbeteiligung zur Smart City hat leider die Aspekte ausgelassen, die zwar im Hintergrund laufen und nicht direkt sichtbar, jedoch essentiell für eine effizientere und durchgängig digitale Bearbeitung von Prozessen sind.
· Das gleiche gilt für einen Workshop, den eine externe Marketing-Fachfrau und die Stabsstelle im April für den HFDB veranstaltet hatte: Dort wurde wieder nur das Thema Smart City behandelt und die Bürgerbeteiligung dazu vorgestellt. Verwaltungsabläufe und Digitalisierung von Prozessen kamen nicht vor.
· In der Sitzung der Stadtverordneten vom 04.07.2024 sprach Herr OB Dr. Schwenke davon, dass man Prozessscans durchführe, um zu ermitteln, wie Prozesse verbessert werden können. Dies ist eine Voraussetzung für die erfolgreiche Digitalisierung innerer Abläufe. Wir haben eine Anfrage gestellt, warum wir diese Info erst in einer Rede in der Stadtverordnetensitzung erfahren und nicht schon in dem HFDB-Workshop. In der Antwort heißt es: „ Interne Verwaltungsdigitalisierung war kein Schwerpunkt des Workshops. Seitens der Teilnehmenden wurden keine Fragen zu Prozessscans gestellt.“ Wir hatten jedoch im Vorfeld schriftlich gefragt: „Uns interessiert die Umsetzung des OZG I in Offenbach und die Lehren, die man aus seinem Scheitern gezogen hat, die man nun bei der Umsetzung des OZG II anwenden könnte.“ Diese Frage zielt eindeutig auf die Digitalisierung auch interner Prozessoptimierung.
· Wir hatten weiterhin vorher schriftlich gefragt, wie man in Offenbach mit dem Problem der Datensilos umgeht, und wie der Stand der Vereinheitlichung unterschiedlicher Systeme und fehlender gemeinsamer Schnittstellen ist, die von verschiedenen Abteilungen der Verwaltung und den städtischen Gesellschaften genutzt werden.
· Wir hatten außerdem gefragt: „Wie weit ist es in Offenbach inzwischen gelungen, gewachsene Strukturen und die Kultur der Risikovermeidung (Haftungsprobleme, juristische Absicherung) aufzubrechen und Prozesse zu verschlanken und transparenter zu machen?“ Eine Antwort hierauf wäre gewesen, dass man nun mit Prozessscans beginne. Die Behauptung, es sei von den Teilnehmenden des Workshops nicht explizit nach „Prozessscans“ gefragt worden, ist falsch und nur eine schlichte Rhetorik, die das Ziel hat, den Sinn der Frage und die Weigerung Informationen zu liefern, zu verschleiern.
· Auf unsere Anfrage nach der Besetzung der Stelle der/des Informationssicherheitsbeauftragten bekamen wir die Antwort, dass diese „in Kürze vorgesehen“ sei. Am gleichen Tag veröffentlichte die Stadt jedoch eine Pressemitteilung, dass sie die in 2023 und 2024 geschaffenen, aber bisher nicht besetzten Stellen erst ab 2025 ausschreiben würde. Dieser Widerspruch wurde nach einer weiteren Anfrage mit unterschiedlichen Informationsflüssen bezüglich Anfragen und Pressemitteilungen begründet. Wir können also Antworten auf Anfragen nicht einmal vertrauen.
Bei den von uns eingeforderten Informationen handelt es sich keineswegs nur um „Verwaltungshandeln“, das die Politik und die Stadtverordneten nichts angehen würde. Denn der Erfolg des Bürokratieabbaus und der Digitalisierung ist für den Erfolg Offenbachs als Standort für Startups und kommerzielle Ansiedlungen entscheidend und stellt Weichen für die Zukunft. Es handelt sich daher um Politik, und daher hat die Politik ein Mitspracherecht. Es kann nicht sein, dass Informationen über solche Weichenstellungen den Stadtverordneten vorenthalten werden.
/1/ https://www.digitalekommunehessen.de/1878/offenbach-total-digital-rueckblick-auf-einen-tag-voller-innovationen-und-ideen/
Hinweis: Der Antrag wird den Stadtverordneten und Fraktionen elektronisch (PIO) zur Verfügung gestellt.