Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt
Offenbach am Main
2021 - 2026
2021-26/DS-I(A)0807Ausgegeben am 21.11.2024
Eing. Dat. 21.11.2024
Fernbahntunnel Frankfurt – Anbindung Offenbachs
Antrag Magistratsvorlage Nr. 2024-417 (Dez. I, II und IV) vom 20.11.2024
Der Magistrat beantragt, dass die Stadtverordnetenversammlung wie folgt beschließt:
Ein attraktiver Schienenverkehr ist für die Stadt Offenbach ein zentraler Baustein auf dem Weg hin zu einer nachhaltigen Mobilität und Klimaneutralität sowie ein wichtiger Faktor zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts. Der geplante Bau des Frankfurter Fernbahntunnels sowie die geplante Einführung eines „Deutschlandtaktes“ sind für die Entwicklung der Stadt Offenbach gleichermaßen Chance und Herausforderung. Wie bereits im Verkehrsentwicklungsplan 2035 (VEP: Maßnahme F7) beschlossen, werden Stadtverordnetenversammlung und Magistrat die Umsetzung des Projektes und die mit dem Bau des Tunnels geplante Neuausrichtung des regionalen Nahverkehrs intensiv begleiten und die Interessen Offenbachs wahren.
Die Stadtverordnetenversammlung bekräftigt die Interessen und Ziele der Stadt Offenbach und unterstützt den Magistrat, diese in seinen Gesprächen gegenüber der Deutschen Bahn und dem Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) sowie weiteren Entscheidungsträgern auf Bundes- und Landesebene – unter der Prämisse eines in Offenbach an den Fernbahntunnel angebundenen oberirdischen Streckenverlaufs – weiterhin zu vertreten:
1. Eine Verbesserung der Anbindung der Stadt Offenbach über den Hauptbahnhof in die Region.
a. Um ausreichend Kapazitäten für bereits bestehende und zukünftige zusätzliche Regionalverkehre in Offenbach zu gewährleisten, ist eine integrierte Planung des Regional- und Fernverkehrs unverzichtbar. Dabei ist eine ausgewogene Verteilung der Fernverkehrszüge auf der nord- bzw. südmainischen Strecke im Rahmen des Fernbahntunnelprojektes essentiell.
b. Eine direkte Anbindung des Offenbacher Hauptbahnhofs über den Fernbahntunnel an den Frankfurter Hauptbahnhof (tief) als Teil des so genannten schnellen Regionalverkehrs („HessenExpress") ist für die Stärkung des Hauptbahnhofs absolut unverzichtbar und die rote Linie für die Stadt Offenbach im Projekt Fernbahntunnel.
Hierzu ist eine Taktverdichtung der bisher stündlich angedachten Verbindungen (HeEx 5, HeEx 9, ggf weiterer HeEx) beim RMV anzumelden, sodass vier Expresszüge mit Halt in Offenbach möglichst im 15 Minutentakt in und aus dem Fernbahntunnel verkehren. Diese Verbindungen sollen den bestehenden Regionalbahn und ‑expressverkehr (RB51, RE50, RE54/55, RE85) ergänzen. Die bestehenden Verbindungen über Hanau Richtung Fulda, Aschaffenburg und Erbach sowie nach Frankfurt-Süd müssen gewährleistet bleiben.
c. Zur Taktverbesserung ist eine zeitliche Entzerrung der Halte der bestehenden Regional- und Regionalexpresszüge wesentlich. Ziel ist eine gleichmäßige Taktanbindung Richtung Frankfurt sowie in die Region.
d. Die Möglichkeiten für weitere Verbindungen über das Stadtgebiet von Offenbach, wie die Südtangente oder auch die Osttangente des angestrebten Schienenrings rund um Frankfurt, sind zu wahren und voranzutreiben.
Hierzu unterstützt die Stadtverordnetenversammlung, dass der Magistrat in Kooperation mit dem RMV, der Stadt Frankfurt am Main und dem Kreis Offenbach eine Machbarkeitsstudie zu einer Regional- bzw. S-Bahnverbindung „Südtangente“ zwischen Offenbach Ost, Offenbacher Hauptbahnhof und Frankfurt (Süd) proaktiv angestoßen hat. Ziel sollte hiermit eine schnelle Anbindung an den Frankfurter Flughafen sein.
e. Außerdem sollen die Kapazitäten für die jetzt bestehende Fernverkehrsanbindung (FLX) am Offenbacher Hauptbahnhof weiterhin möglich sein. Zusätzliche Halte von ICE/IC in den Randzeiten, wie auch in anderen Ballungsgebieten üblich, sind wünschenswert.
2. Eine verbesserte Anbindung des Offenbacher Hauptbahnhofs darf nicht zu Einschränkungen des vorhandenen S-Bahnangebots der Linien 1, 2, 8 und 9 durch den City-Tunnel Offenbach in bzw. aus Richtung Frankfurt Hauptbahnhof / Flughafen führen. Deren aktuelle Taktung ist beizubehalten. Auch durch die Maßnahmen „Nordmainischer S-Bahn“ und „Wallauer Spange“ darf es keine Verschlechterungen geben. Diese gute S-Bahn-Anbindung ist -ebenso wie eine adäquate Anbindung des Hauptbahnhofs- ein wesentlicher Schlüssel für die oberzentrale Funktion und Entwicklung Offenbachs als Wirtschafts- und Wohnstandort.
Zudem lehnt die Stadt im Sinne des Lärmschutzes zusätzlichen Güterverkehr in der Nacht durch das sehr eng besiedelte Offenbacher Stadtgebiet ab. Das bereits beschlossene Projekt der Bahn, die Strecke zwischen Hanau und Mainaschaff viergleisig auszubauen und weiter Richtung Babenhausen Darmstadt zu ertüchtigen um Güterzüge um die Region zu leiten, wird ausdrücklich begrüßt.
4. Eine Einbeziehung der Anwohnerinnen und Anwohner in den Planungsprozess der DB-Projekte in Offenbach ist unabdingbar.
5. Zur weiteren Steigerung der Attraktivität des öffentlichen Verkehrs in Offenbach verfolgt die Stadt zudem die – mit der Verabschiedung des Nahverkehrsplans, des Verkehrsentwicklungsplans 2035 sowie der Umfeldgestaltung des Offenbacher Hauptbahnhofs – angestoßenen Maßnahmen zur Verbesserung des lokalen Verkehrs und der Mobilitätsinfrastruktur weiter. Im Fokus liegen hierbei Maßnahmen zur Verzahnung von Nah- und Regionalverkehr.
Hierzu setzt sich die Stadt auch für die Realisierung des S-Bahn-Haltpunkts Offenbach Waldheim und der Zweigleisigkeit Offenbach Ost - Mühlheim ein. Dies erfolgt durch die bevorstehende kommunale Stellungnahme der Stadt im Regionalen Flächennutzungsplan sowie durch gemeinschaftlichen Anstoß mit RMV und der Stadt Mühlheim zu einer neuen Machbarkeitsstudie.
6. Zur Steigerung der Gesamtattraktivität des Offenbacher Hauptbahnhofs und Akzeptanz der Umgestaltungen durch den Fernbahntunnelbau zählt die Aufwertung des Erscheinungsbilds des Gebäudes. Die Verbesserung des Aussehens der Immobilie ist zudem ein Baustein zur Erhöhung der Nutzung des Schienenverkehrs.
Begründung:
Der Fernbahntunnel, die Zuführung der Strecke durch Offenbach und der Deutschlandtakt werden sehr langfristige Auswirkungen auf die Schienenanbindung von und in Offenbach haben und die Stadtentwicklung auf lange Zeit beeinflussen. Aus diesen Gründen aber auch wegen der heute unattraktiven Anbindung des Offenbacher Hauptbahnhofs, bittet der Magistrat die Stadtverordnetenversammlung mit der vorliegenden Vorlage, eine gemeinsame Grundlinie zum Thema „Schienenanbindung Offenbachs“ festzulegen. Eine frühzeitige Begleitung der zukünftigen Vorhaben auf Grundlage der beschlossenen Ziele soll die Interessen der Stadt Offenbach untermauern und deren Berücksichtigung forcieren. Ein abgestimmtes Vorgehen ist auch deshalb wichtig, falls Kosten anfallen sollten, etwa für juristische Beratung oder Machbarkeitsstudien.
In der Großstadt Offenbach halten heute nur noch saisonal einzelne Fernverkehrszüge (Flixtrain). Schnelle umsteigefreie Verbindungen in die erweiterte Region existieren nur noch im Ein- bis Zwei-Stundentakt. Der Offenbacher Hauptbahnhof und damit der bevölkerungsreiche Offenbacher Süden wird heute nur noch in einem so genannten Stolpertakt angefahren. Drei bis vier Züge Richtung Frankfurt innerhalb von knapp zwanzig Minuten, danach ist für vierzig Minuten Pause. Der Grund: Der ICE-Verkehr wird weitgehend südmainisch geführt, Slots für ein gutes Nahverkehrsangebot am Offenbacher Hauptbahnhof sind daher rar. Der Regionalverkehr -inklusive der Tangenten- läuft von Hanau aus eher nordmainisch.
Im Interesse der Einwohnerinnen und Einwohner sowie der Pendler und Arbeitsplätze ist eine bessere regionale Anbindung der Stadt an den schienengebundenen Verkehr unabdingbar.
Es ist ein solides Fundament auf dem die Offenbacher Wirtschaft heute steht. Die Anstrengungen der Stadt zahlen sich aus. Offenbach belegt im deutschlandweiten Dynamikvergleich einen Spitzenplatz (Platz 4), so das renommierte Institut der Deutschen Wirtschaft im jüngsten Regionalranking über die Entwicklung von 400 Kreisen und Regionen in Deutschland. Positiv für Offenbach hervorgehoben werden in der wissenschaftlichen Untersuchung insbesondere die Indikatoren: Gewerbesaldo (Platz 6), Arbeitsmarkt (2), Altersquotient (11), Beschäftigung Frauen (4) und Lebensqualität (18).
Der Weltmarktführer Samson mit erwarteten 2.000 und der „Shooting Star“ (FAZ) Biospring mit bis zu 1.500 Arbeitsplätzen verlagern ihren Sitz nach Offenbach bzw. organisieren hier ihr Wachstum. Weitere Beispiele für renommierte Unternehmen in Zukunftsbranchen, die mit ihrem Umzug die Wirtschaftsstruktur der Stadt positiv verändern, sind etwa die ITSG (Informationstechnische Servicestelle der Gesetzlichen Krankenversicherung) mit rund 200 Arbeitsplätzen am Kaiserlei oder Advanced (100) und das Unternehmenscluster Circle-Hub im Hafen. Kurz- bis mittelfristig sind weitere Arbeitsplätz zu erwarten, wie etwa Lorenz Bahlsen Snack World (über 200).
Auch Unternehmen, die schon lange am Ort sind, erweitern ihre Kapazitäten. Aktuelle Beispiele mit einem nennenswerten Zuwachs an Arbeitsplätzen sind Danfoss, AXA, Helaba, die Unternehmen des Hyundai-Konzernverbunds, die IBB Holding, Taste oder Menicon. Südlich des Hauptbahnhofs sind zwischen Bieberer und Sprendlinger Landstraße 8.000 Menschen beschäftigt. Etwa mit dem vde, der Deutschen Post oder Morphisto sind auch hier wichtige Unternehmen schon heute ansässig. Mit der Qualität dieses Wachstums und der Strategie hochwertige Arbeitsplätze anzusiedeln leistet Offenbach einen starken Beitrag zum wirtschaftlichen Profil der Region. Die
Menschen in diesen Unternehmen sind als Pendlerinnen und Pendler auf schnelle Verbindungen innerhalb der Region, zum ICE Drehkreuz Frankfurt und zum Flughafen angewiesen.
In den letzten 20 Jahren stieg die Bevölkerung in Offenbach um ca. 20 Prozent auf nahezu 140.000 Menschen. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung
hat für hier jüngst ein stärkeres Wachstum als in allen anderen Hessischen Großstädte prognostiziert. Schließlich verzeichnete Offenbach in 2023 über eine halbe Million Übernachtungen von Gästen. Auch dieser Markt wächst in Offenbach im Vergleich zu anderen Kommunen in Hessen deutlich.
Die Einwohnerinnen und Einwohner und die international orientierte Wirtschaft Offenbachs sind dicht mit der Region vernetzt. Täglich pendelten im Jahr 2023 durchschnittlich knapp 80.000 Menschen von und nach Offenbach. Die Ansiedlung weiterer Unternehmen und die Verwirklichung städtebaulicher Großprojekte werden in den nächsten Jahren zu einem anhaltenden Wachstum der Stadt mit weiter zunehmender Mobilität führen.
Eine Verkehrsentwicklung hin zu mehr nachhaltiger Mobilität und die dynamische Stadtentwicklung gehen Hand in Hand. Für ein Oberzentrum wie die Stadt Offenbach ist „schnelle Erreichbarkeit“ ein wichtiger Standortfaktor. Gerade deshalb muss für die wachsende Bevölkerung und die steigende Pendlerzahl im verdichteten Kern der Region ein angemessenes Angebot im Öffentlichen Verkehr als Alternative zum motorisierten Individualverkehr bereitgestellt werden.
Der geplante Bau des Fernbahntunnels ist eine der zentralen Voraussetzungen zur Einführung des „Deutschlandtaktes“ (Verdopplung der Fahrgastzahlen von 2019 bis 2030 mit Halbstundentakt für die Hauptachsen des Fernverkehrs u.a.). Ein Teil der Zuführung der Züge in die Röhre soll nordmainisch erfolgen, ein Teil über die vorhandene Strecke Frankfurt-Bebra, die über Offenbach führt (Y-Trasse). Kurz hinter der Stadtgrenze am Kaiserlei soll die Verbindung Richtung Fernbahntunnel abzweigen. Mit diesem Projekt wird es möglich, den Offenbacher Hauptbahnhof besser an die Schiene anzubinden. Hauptziel der Stadt Offenbach ist ein Mehr an Halten am Offenbacher Hauptbahnhof, die dann auch direkt in den Fernbahntunnel fahren.
Voraussetzung ist, dass die Züge des Fernverkehrs gleichmäßig auf den nord- bzw. südmainischen Ast Richtung Tunnel verteilt werden. Nur so wird es möglich, dass ausreichend Slots für Halte des Regionalverkehrs am Offenbacher Hauptbahnhof in Richtung Osten beziehungsweise Norden und Richtung Frankfurt Süd sowie der neuen Station im Fernbahntunnel (tief) vorhanden sind. Und nur so wird zusätzlich auch das zweite wesentliche Ziel, eine Regionaltangente Süd, möglich.
Der Fernbahntunnel wird die Reisezeit zwischen Hanau und Frankfurt verkürzen und zusätzliche Kapazitäten schaffen. Hinzu kommen verlässlichere und flüssigere Verkehrsabläufe und optimierte Umsteigezeiten. Bei der favorisierten Y-Trasse mit südmainischer und nordmainischer Anbindung ist nach den bisherigen Prognosen, die aber zur Zeit überarbeitet werden, mit einem höheren Fernverkehrsaufkommen auf der Offenbacher Strecke zu rechnen. Nach aktuellem Planungsstand könnte dies zu weiteren Kürzungen bei der Anbindung des Offenbacher Hauptbahnhofs durch durchgängige nordmainische Führungen des Regionalverkehrs zur Folge haben, etwa der Linien Richtung Aschaffenburg. Neue Linienführungen hingegen könnten sich durch eine Nutzung des Fernbahntunnels auch für schnelle Regionalbahnen ergeben.
Übergeordnetes Ziel ist die Verbesserung der Anbindung Offenbachs an den (schnellen) regionalen und überregionalen Schienenpersonenverkehr, um einer wachsenden Nachfrage gerecht zu werden. Hierzu sollen die sich ergebenden Chancen des Fernbahntunnelbaus genutzt werden. Die Führung zusätzlicher Regionalbahnlinien durch den Fernbahntunnel mit Halt am Offenbacher Hauptbahnhof ist realisierbar. Die Deutsche Bahn und das Bundesverkehrsministerium haben in ihren Planungen ausdrücklich vorgesehen, dass der Tunnel auch von schnellen Regionalzügen (Hessenexpress) genutzt werden kann. Der Offenbacher Hauptbahnhof wäre dann nur fünf Minuten Fahrzeit vom ICE-Einstieg am „Knoten Frankfurter Fernbahntunnel“ entfernt. Offenbach ein ideales Tor aus dem Osten der Region und dem Kreis Offenbach zum ICE-Kreuz Frankfurt, ein einmaliger Standortvorteil auch ohne eigenem ICE Halt, den es zu nutzen gilt.
Forderung der Stadt Offenbach ist eine möglichst gleichmäßige Anbindung mit je vier Verbindungen in Richtung Frankfurt (Süd) und Frankfurt Hauptbahnhof (tief), um keine unnötig langen Taktlücken entstehen zu lassen.
Eine direkte Fernverkehrsanbindung sollte dadurch aber nicht zwangsweise ausgeschlossen werden. Heute ist Offenbach eine der größten Städte Deutschlands ohne DB-Fernverkehrshalt. In anderen Ballungsräumen ist der mehrfache Halt einzelner Linien möglich (z.B. Hamburg-Harburg oder Fürth). Städte mit weitaus geringerer Bevölkerung und Pendlerzahl sind angebunden werden (z.B. Neu-Ulm, Wabern oder Bensheim). Deshalb sollten Halte von ICE/IC - Zügen am Offenbacher Hauptbahnhof -trotz der Nähe zum „Tunnelbahnhof“ zumindest in den Tages-Randzeiten als realistische Option verfolgt werden. Zudem ist die derzeit bestehende Anbindung durch Flixtrain weiterhin durch die Bereitstellung von entsprechenden Kapazitäten zu gewährleisten. Offenbach wäre für private Bahnanbieter, die die hohen Trassengebühren im Tunnel umgehen, ein idealer Haltepunkt um eine schnelle Verbindung zum Tunnelbahnhof in Frankfurt via Hessenexpress herzustellen.
Für den Standort Offenbach ist bedeutsam, die bisherigen Regionalbahnlinien nicht zugunsten durchfahrenden Fernverkehrs weiter zu kürzen bzw. nordmainisch zu führen. Hierfür sprechen die vergleichsweise hohen Pendlerzahlen aus und zu den Gemeinden im Kreis Offenbach (10.900 Einpendler / 7.300 Auspendler), Main-Kinzig-Kreis (4.100 / 2.000) sowie auch Unterfranken, Fulda und der Wetterau. Rund 20.000 Menschen pendeln aus Offenbach nach Frankfurt. Rund 10.000 kommen von dort, um in Offenbach zu arbeiten. Viele Offenbacherinnen und Offenbacher arbeiten im Frankfurt Süden, besonders am Flughafen. Im Offenbacher Süden selbst wohnen rund 60.000 Menschen. Hier generiert Offenbach einen guten Teil seines
Bevölkerungswachstums. Es existiert deshalb eine hohe Nachfrage an Verbindungen in den Frankfurter Süden über den Offenbacher Hauptbahnhof, die derzeit kein Angebot findet.
Im Sinne einer attraktiven Anbindung ist der bisherige Stolpertakt mit langen Lücken durch eine gleichmäßige Verteilung der Halte am Offenbacher Hauptbahnhof zu ersetzen. Mit der Neuvergabe der Verkehre im Kinzigtal durch den RMV besteht die Möglichkeit, diesem Ziel in diesem Jahrzehnt, also bereits deutlich vor dem Fernbahntunnelbau, näherzukommen. Gleichzeitig ist auf den RMV einzuwirken, die Verbindung aus Aschaffenburg nicht Nordmainisch zu verlegen und die vor allem aus Sicht der Fahrgäste jetzt schon bestehende kontraintuitiven Führung einzelner Züge über diese Strecke zu vermeiden.
Zusätzlich zu den bestehenden Linien ist aufgrund wachsender Nachfrage die Einführung weiterer Angebote voranzutreiben. Hierzu zählen insbesondere die auch im VEP als Maßnahme F3 festgelegte Verbindung des Offenbacher Hauptbahnhofs mit dem Flughafen Frankfurt über die sogenannte Südtangente. Im Kreis Offenbach wohnen rund 100.000 Menschen entlang der S-Bahn-Linie 1. Hier ist mit der Ausweisung von Wohngebieten mit einem weiteren bedeutenden Bevölkerungswachstum zu rechnen. Deshalb muss auch für dieses Einzugsgebiet an einer Lösung einer schnellen Tangente über den Offenbacher Hauptbahnhof in Richtung Flughafen und Höchst gearbeitet werden. Diese trägt der großen Bedeutung des Frankfurter Flughafens auch für die Stadt und den Kreis Offenbach mit vielen dort Beschäftigten und Reisenden Rechnung. Die nach aktuellem Stand im Rahmen des Deutschlandtaktes vorgesehene S-Bahn-Linie von Dudenhofen zum Flughafen ist daher zu begrüßen und die entsprechende Machbarkeitsstudie konstruktiv zu begleiten, um eine zügige Umsetzung zu gewährleisten.
Weiterhin ist die Anbindung Offenbachs an die Wetterau und den Norden Frankfurts verbesserungswürdig. Pendlern aus dieser Region sollte ein attraktives Angebot im Öffentlichen Verkehr als Alternative der MIV-Verbindung über die A661 bereitgestellt werden. Aus diesem Grund ist die Idee eines schienengebundenen Ringverkehrs rund um Frankfurt auch aus Offenbacher Sicht zu unterstützen, wobei der Vorteil einer gleichzeitigen Entlastung der Frankfurter Stammstrecke nur durch eine tatsächliche Umfahrung dieser im Sinne einer echten Tangente gewährleistet werden kann. Eine Führung solch einer Osttangente über Offenbach sollte daher zusätzlich zu den jetzigen Planungen in Betracht gezogen und vorangetrieben werden.
Aufgrund der begrenzten Gleiskapazitäten ist eine gemeinsame Planung der verschiedenen bestehenden und angedachten Linien mit den Verbindungen durch den Fernbahntunnel unerlässlich. Fern- und Regionalverkehr müssen gemeinsam gedacht und geplant werden. Aus Offenbacher Sicht entscheidend ist die Verteilung des zusätzlichen Fernverkehrsaufkommens auf die beiden Trassen südlich und nördlich des Mains statt wie bisher geplant die meisten Fernverkehrszüge auf der südmainischen Strecke zu führen und den schnellen Regionalverkehr nordmainisch zu leiten. Der Offenbacher Hauptbahnhof und Frankfurt-Ost sind gleichwertig anzubinden. Auf eine gleichmäßige Verteilung des Hochgeschwindigkeitsverkehrs auf die beiden Strecken muss trotz infrastruktureller Herausforderungen an den Verteilungerpunkten hingewirkt werden. Nur so wird es möglich sein, ausreichend freie Kapazitäten für den Regionalverkehr, der in Offenbach hält, zu erhalten.
Um eine attraktive Alternative zum MIV darzustellen, sollte die Anbindung an den Regionalverkehr zudem um zusätzliche Angebote ergänzt und mit dem lokalen Nahverkehr vernetzt werden. Am Offenbacher Hauptbahnhof wurden hierzu bereits verschiedene Maßnahmen in die Wege geleitet. Hierzu zählen die Umgestaltung des Busbahnhofs, die Ertüchtigung und der barrierefreie Umbau der Haltestellen sowie die Prüfung einer Anbindung an die Straßenbahn. Auf diese Weise soll am Hauptbahnhof wieder ein echter und attraktiver Umsteigepunkt entstehen, durch den die Haltestelle Marktplatz entlastet und der Offenbacher Süden mit seinen mehr als 60.000 Einwohnerinnen und Einwohnern als Wohn- und Arbeitsstandort gestärkt und
weiterentwickelt wird. Die Aufwertung des Hauptbahnhofs muss Hand in Hand mit den Bedürfnissen der Menschen entlang der Trasse gehen, weshalb die notwendigen Maßnahmen zum Lärmschutz und eine intensive Bürgerbeteiligung notwendig sind.
Ob beim Güterverkehr, der Einflugschneise, der B 43 oder der Fernbahntrasse: Die Menschen in Offenbach schultern bislang einen erheblichen Teil zur Prosperität der Region. In ihren Prognosen geht die Deutsche Bahn von bis zu 90 nächtlichen Güterzügen auf der Relation Fulda – Hanau aus, die von und aus Richtung Mannheim weitergeleitet werden. Die Stadt Offenbach begrüßt ausdrücklich, dass die Bahn mit dem viergleisigen Ausbau der Strecke Hanau – Aschaffenburg ein Projekt verfolgt, die Güterzüge über Babenhausen – Darmstadt um die Region zu führen.
Fazit: Die Stadt Offenbach wird vom Bau des Frankfurter Fernbahntunnels nur profitieren, wenn es gelingt, die eigenen Interessen einer Verbesserung der Anbindung und einer Begrenzung der Belastungen durchzusetzen. Gemeinsam mit der Umsetzung von weiteren Projekten kann die Stadt auf diese Weise ein ihrer Bedeutung als Oberzentrum angemessenes und attraktives Mobilitätsangebot schaffen und sich so im Verkehrsbereich zukunftsgerichtet aufstellen.
In diesem Sinne soll diese Vorlage Stadtverordnetenversammlung und Magistrat eine gemeinsame Handlungsleitlinie geben.
Die Einbringung der Magistratsvorlage *(in den Magistrat) erfolgt auf dem Wege des Nachtrags, da zur regulären Abgabefrist noch Abstimmungsbedarf bestand.
* redaktionell geändert
Hinweis: Der Antrag wird den Stadtverordneten und Fraktionen elektronisch (PIO) zur Verfügung gestellt.