Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2016 - 2021


2016-21/DS-I(A)0778Ausgegeben am 21.04.2020

Eing. Dat. 21.04.2020

 

 

Umgang mit Betriebskostenzuschüssen, Elternbeiträgen und Essensgeld während der Geltung des Betretungsverbotes für Kindertageseinrichtungen nach § 25 des Hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetzbuches II“
Antrag Oberbürgermeister Dr. Schwenke gem. § 56 Abs. 1 Satz 2 HGO i.V.m.
§ 58 Abs. 5 HGO vom 17.04.2020, 2016-21/DS-I(A)0778

 

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

1.

Wird für Erziehungsberechtigte, die keinen Anspruch auf Notbetreuung infolge §  2 Abs. 1 der Zweiten Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus vom 13.03.2020 haben, durch den jeweiligen Träger von Kindertagesstätten (inkl. Eigenbetrieb Kindertagesstätten Offenbach; EKO) kein Elternbeitrag erhoben, erhalten die Träger von Kindertagesstätten für den Einnahmeausfall durch nichterhobene Elternbeiträge auf Antrag eine pauschale Ausgleichszahlung je Betreuungsverhältnis entsprechend der Beschlussfassung für den April 2020: Für jeden Krabbelplatz erhalten die Träger von Kindertagesstätten eine Ausgleichszahlung in Höhe der "Teilzeitplätze bis 6 Stunden". Für jeden Kindergartenplatz erhalten die Träger von Kindertagesstätten eine Ausgleichszahlung in Höhe der "Teilzeitplätze bis 6 Stunden". Der vom Land finanzierte Betrag für die Elternfreistellung für Kinder ab dem vollendeten dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt wird an die Träger von Kindertagesstätten weitergereicht. Für jeden Hortplatz erhalten die Träger von Kindertagesstätten eine Ausgleichszahlung in Höhe der "Teilzeitplätze bis 5 Stunden". Für Geschwisterkinder erfolgt die Ausgleichszahlung in vollem, o. g. Umfang.

 

Der EKO wird bei Erziehungsberechtigten, die keinen Anspruch auf Notbetreuung infolge § 2 Abs. 1 der Zweiten Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus vom 13.03.2020 haben, keinen Elternbeitrag und kein Essensgeld (bzw. Getränkegeld) erheben.

 

2.

Eine Doppelfinanzierung für ein Betreuungsverhältnis – also das Erheben des Elternbeitrages und die Inanspruchnahme der pauschalen Ausgleichsfinanzierung – ist ausgeschlossen.

 

3.

Der Einnahmeausfall für nicht erhobene Essens- bzw. Getränkegelder wird den Trägern von Kindertagesstätten nicht ersetzt.

 

4.

Für die unter Punkt 1 genannten Ausgleichszahlungen entstehen dem städtischen Haushalt für Mai und Juni 2020 Mehrausgaben in Höhe von monatlich max.
83.000.- €. Die Mehrausgaben werden über das PSK
06010500.7124000451 Zuschuss für laufende Maßnahmen für Träger von Kindertageseinrichtungen (freie Träger) abgewickelt.

Sofern notwendig, wird das PSK um max. einen Betrag in Höhe von 166.000 € erhöht.

 

5.

Die Träger von Kindertagesstätten sind aufgefordert, etwaige Einnahmeausfälle durch nicht erhobenes Essens- bzw. Getränkegeld und/oder nicht erhobene und gemäß Punkt 1 lediglich anteilig ausgeglichene Elternbeiträge unter je individueller Nutzung von Einsparmöglichkeiten und/-oder Inanspruchnahme von Maßnahmen und Hilfsprogrammen auszugleichen.

 

6.

Die Träger von Kindertagesstätten erhalten für die Monate Mai und Juni 2020 die Betriebskostenzuschüsse gemäß "Satzung über die Bezuschussung von Kindertagesstätten der Träger der Jugendhilfe und Elternbeiträge in der Stadt Offenbach am Main" vom 21.06.2018 in vollem Umfang ausbezahlt. Für die Berechnung des „ungedeckten Elterndrittels“ wird der regelhafte Elternbeitrag herangezogen (und nicht die unter Punkt 1 benannten Betreuungsstufen für die pauschalen Ausgleichszahlungen).

 

7.

Die Elternbeiträge bei der Kindertagespflege werden für die Dauer des Betretungsverbotes, jedoch längstens bis zum 30. Juni 2020 für jene Eltern/Erziehungsberechtigten nicht erhoben, die keine Notbetreuung in Anspruch nehmen können. Die Tagespflegepersonen erhalten das Pflegegeld ohne Abzüge der Elternbeiträge. Die Finanzierung erfolgt über Einsparungen im Bereich der Kindertagespflege (Der geplante Aufbau des Einsatzes von Vertretungen in der Kindertagespflege wird aufgeschoben). Für den städtischen Haushalt entstehen keine Mehrausgaben.

 

8.

Den Betreuungsvereinen an Schulen werden ausfallende Elternentgelte, die aufgrund des Betretungsverbotes von Schülern im Monat Mai 2020 nicht erhoben werden können, auf formlosen Antrag erstattet.

 

9.

Solange die Schutzmaßnahmen zur Bekämpfung des Corona-Virus einen Ersatz der Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung durch einen sog. „Sonderausschuss“ nach § 51a der Hessischen Gemeindeordnung gem. der Änderung vom 24.03.2020
i. V. m. und vorbehaltlich der Beschlussfassung der Stadtverordnetenversammlung zu DSI(A)0774 erfordern, werden Entscheidungen über das weitere Vorgehen zu den unter 1. – 8. genannten Maßnahmen auf diesen Ausschuss übertragen, der jeweils zeitnah einberufen wird.

 

 

Begründung:

 

Ein erheblicher Anteil der Erziehungsberechtigten wird voraussichtlich innerhalb des Zeitfensters der maximalen Gültigkeit der vorliegenden Beschlussvorlage nicht die Möglichkeit haben, die Betreuung ihrer Kinder in einer Kindertageseinrichtung nach
§ 25 des Hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetzbuchs in Anspruch nehmen zu können.

 

Dennoch wird der Anteil der Erziehungsberechtigten, die die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Notbetreuung haben werden, sukzessive ansteigen. Die zum 20. April in Kraft getretene Ausweitung der Kindernotbetreuung führt bereits am ersten Tag ihrer Gültigkeit in den Einrichtungen des Eigenbetriebs Kindertagesstätten Offenbach (EKO) zu einer Zunahme der Inanspruchnahme der Kindernotbetreuung von über 50%, mithin auf rund 120 Kinder. Die Erfahrung der vergangenen Wochen zeigt, dass sich die Ausweitung des berechtigten Personenkreises erst zeitversetzt in vollem Umfang auswirkt, die benannte Zunahme sich also vermutlich noch stärker auswirken wird. Aufgrund der zu erwartenden sukzessiven Öffnung weiterer Lebens- und Wirtschaftsbereiche innerhalb des Zeitraumes der maximalen Gültigkeit der vorliegenden Beschlussfassung, ist gleichsam von einer sukzessiven weiteren deutlichen Ausweitung und auch Nutzung der Kindernotbetreuung auszugehen.

 

Da zur Minderung des Infektionsrisikos u. a. auch weiterhin reduzierte Gruppengrößen sinnvoll und notwendig sein werden, ist davon auszugehen, dass – obwohl nicht die im Regelbetrieb gewohnte Anzahl an Kindern die Einrichtungen besuchen wird – die Nutzung der Anzahl der Räume, der für die Anzahl der Gruppen benötigte Personalbedarf und in Folgewirkung auch weitere Dienstleistungen (z. B. Reinigung) sukzessive innerhalb des Zeitraumes der maximalen Gültigkeit der Beschlussvorlage sich ausweiten wird. Vor diesem Hintergrund und vor allem auch um die Betreuung von Kindern nach den Beschränkungen durch Corona sicherzustellen, ist es wichtig, die Betriebsfähigkeit der Träger von Kindertages-stätten sicherzustellen. Mit

 

a.

der vollumfänglichen Ausbezahlung der Betriebskostenzuschüsse,

b.

der Erhebung von Elternbeiträgen und Essens- bzw. Getränkegeldern bei Eltern/ Erziehungsberechtigten, die die Notbetreuung in Anspruch nehmen sowie

c.

der Möglichkeit, für den Einnahmeausfall durch nichterhobene Elternbeiträge auf Antrag eine pauschale Ausgleichsfinanzierung entsprechend der Regelung für den April 2020 erhalten zu können,

 

wird dies gewährleistet.

 

Für die Umsetzung fallen Haushaltsmehraufwendungen in Höhe von maximal jeweils 83.000,- € für die Monate Mai und Juni an. Die Abwicklung erfolgt über PSK 06010500.7124000451 Zuschuss für laufende Maßnahmen für Träger von Kindertageseinrichtungen (freie Träger).

 

 

 

Dennoch ist ebenfalls davon auszugehen, dass es innerhalb des die Beschlussvorlage betreffenden Zeitraumes (zunächst) noch eine Phase geben wird, in der nur eine geringe Anzahl an Kindern in der Notbetreuung sein wird. Dies kann sich – z. B. abhängig von den Ziel-/ Altersgruppen der Einrichtung – zwischen den Einrichtungen und Trägern unterscheiden.

 

Die vorgeschlagene Beschlussvorlage trägt der Heterogenität der Trägerlandschaft Rechnung und ermöglicht jedem einzelnen Träger – neben oben genannter Absicherung – ein hohes Maß an Entscheidungsspielraum bezogen auf die Einnahmeseite - wie, bei ggf. notwendigen Einsparungen, auf die Ausgabenseite.

 

Möglichkeiten der Einsparung durch Einnahmeausfälle durch nicht erhobene Essens-/Getränkegelder und/oder nicht erhobene und „nur“ pauschal ausgeglichene Elternbeiträge können sich in unterschiedlichen Bereichen ergeben: bei pädagogischen Materialanschaffungen und Ausgaben (Ausflüge), im Rahmen von in der Krisenzeit nicht stattfindenden Fortbildungen, im Kontext eingeschränkter Essensversorgung und Reinigungsleistungen. Sie können auch Einsparungen beim eingestellten Personal bedeuten: Honorarkräfte, Personal von Zeitarbeitsfirmen und/oder Nicht-Fachkräfte. Auch das Anmelden von Kurzarbeit stellt eine Option dar. Dies kann auch, muss aber nicht zwingend, Personal im erzieherisch-pädagogischen Bereich sein. Da die Beschlussvorlage sich auf die Monate Mai und Juni 2020 bezieht, ist davon auszugehen, dass es über die zum aktuellen Zeitpunkt hinaus bekannten Optionen auch weitere Maßnahmen und Hilfsprogramme geben wird.

 

Der EKO wird bei Erziehungsberechtigten, die keinen Anspruch auf Notbetreuung infolge § 2 Abs. 1 der Zweiten Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus vom 13.03.2020 haben, keinen Elternbeitrag und kein Essensgeld (bzw. Getränkegeld) erheben. Der EKO wird stattdessen die pauschale Ausgleichszahlung beantragen und darüberhinausgehende Einnahmeausfälle durch Ausgabeneinsparungen ausgleichen.

 

Die maximale Gültigkeit der Beschlussvorlage ist so gewählt, dass die Träger trotz der innerhalb des betreffenden Zeitraumes zu erwartenden Änderungen und Neuentwicklungen – gemessen an der aktuellen Situation – langfristig planen können. Es erscheint allerdings notwendig, vor Eintritt der dann folgenden Phase (auch: Beginn der Schulsommerferien) unter Betrachtung verschiedener Perspektiven – Kinder, die betreut werden; Betreuungsbedarfe der Eltern; wirtschaftliche Sicherung der Träger; Auswirkungen auf den städtischen Haushalt – die dann aktuelle Situation zu analysieren und vor diesem Hintergrund Entscheidungen für den diesem Beschluss folgenden Zeitraum zu treffen und den direkt gewählten Stadtverordneten die Möglichkeit geben darüber zu entscheiden.

 

Die Elternbeiträge im Bereich der Kindertagespflege werden für die Monate Mai und Juni 2020 ausgesetzt. Den Tagespflegepersonen wird das Pflegegeld ohne Abzüge der nicht erhobenen Elternbeiträge ausbezahlt. Die Finanzierung erfolgt über Einsparungen im Bereich der Kindertagespflege (weiterer Aufschub des Aufbaus der Vertretungsregelung im Bereich der Kindertagespflege). Es fallen keine Haushaltsmehraufwendungen an.

Die vollumfängliche Ausbezahlung des Pflegegeldes ist auch deshalb sinnvoll, weil Szenarien zu antizipieren sind, bei denen aufgrund zu reduzierender Gruppengrößen in den Kindertagesstätten die räumlichen Kapazitäten der Einrichtungen für den Umfang an Kindernotbetreuung nicht ausreichen. Dann wären Maßnahmen zu realisieren, für die (neben der Nutzung alternativer Räumlichkeiten) die Option der Einbeziehung von Tagespflegepersonen aufrechtzuerhalten ist.

 

Das Betretungsverbot gilt auch weiterhin teilweise für Schulen. Allerdings sollen im Laufe des Monats Mai alle Schüler wieder beschult werden. Der Ausfall für die Betreuungsvereine lässt sich deshalb nicht vorhersagen, wird aber maximal 48.000,- € monatlich betragen.