Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt
Offenbach am Main
2011 - 2016
2011-16/DS-I(A)0079Ausgegeben am 15.09.2011
Eing. Dat. 14.09.2011
Rathaus TV
Antrag Piraten vom 14.09.2011
Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:
Der Magistrat wird beauftragt, die Möglichkeiten zu prüfen, den öffentlichen Teil der Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung von Offenbach am Main zukünftig als Livestream (Audio und Video) auf der Internetseite der Stadt Offenbach an prominenter Stelle zur Verfügung zu stellen. Zeitnah nach den Sitzungen sollen die Aufnahmen dann nach Tagesordnungspunkten einzeln veröffentlicht werden.
Der Magistrat wird beauftragt zu prüfen, ob gegebenenfalls Regelungen der Geschäftsordnung der Stadtverordnetenversammlung für die Realisierung des Rathaus-TV abgeändert beziehungsweise ergänzt werden müssen.
Der Magistrat wird beauftragt, ein Konzept für ein Rathaus-TV in Offenbach zu erarbeiten und der Stadtverordnetenversammlung zur Beratung und Entscheidung vorzulegen. Dabei sind auch die einmaligen und laufenden Kosten darzustellen.
Bei der Konzepterstellung sollen außerdem folgende Aspekte beachtet werden:
- Die Aufnahmen sollen vor allem und überwiegend den Sprecher zeigen, auf jeden
Fall sollte aber mindestens ein Bereich der Zuschauertribüne von den Aufnahmen
ausgeschlossen werden, und als solcher gekennzeichnet werden.
- Der Livestream soll von den Nutzerinnen und Nutzern leicht gefunden und
abgerufen werden können. Das heißt auch, dass es von den verschiedenen
mobilen Geräten aus nutzbar sein soll.
- Die digitalen Aufnahmen sollen archiviert werden, um Interessierten unkompliziert,
dauerhaft und barrierefrei zur Verfügung zu stehen.
- Neben der Bereitstellung der Aufzeichnung soll eine möglichst große
Barrierefreiheit des Mediums erreicht werden. Darum soll die Verwaltung auch die
Möglichkeit einer Transkription und der Einblendung eines (Gebärden-)
Dolmetschers oder Untertitel prüfen und darstellen. Des Weiteren sollen unter
anderem Präsentationsfolien, Beschlussvorlagen, weiterführende Links, z.B. zum
Politischen Informationssystem Offenbach (PIO), eingeblendet oder verlinkt werden
können.
- Die Aufzeichnungen (Originalaufnahmen und barrierefreie Versionen) sollen unter
Creative Commons Lizenz mit Namensnennung ("cc-by") eingestellt werden,
welche eine Weiterverwendung durch die Bürger ermöglicht.
- Eine journalistische Vorbereitung und Begleitung beispielsweise durch ein
Bürgerprojekt ist denkbar und wünschenswert. Das Büro der
Stadtverordnetenversammlung soll auch konzeptionell und begleitend einbezogen
werden. Sollte beim Jugendparlament Interesse an einer Kooperation bestehen, so
soll der Magistrat auch dort die Möglichkeit für ein begleitendes Medienprojekt mit
Kindern und Jugendlichen prüfen.
Begründung:
Angesichts des dramatisch anmutenden Rückgangs der Wahlbeteiligung bei den letzten Wahlen, welches häufig mit einer allgemeinen Politikverdrossenheit erklärt wird, läuft die Politik Gefahr sich zunehmend von ihren Bürgern abzukoppeln. Die Entwicklung der Wahlbeteiligung erfordert Handeln, welches als Ziel haben muss die allgemeine Beteiligung an der Politik zu steigen, um diese verständlicher und erlebbar zu machen.
Transparenz schafft Nähe und Verständnis. Das Medium Internet, das überall und zu jeder Zeit Inhalte aus dem Web allen Interessierten zur Verfügung stellt, bringt Politik ins Wohnzimmer. Ganz nah an die Bürgerinnen und Bürger. Niederschriften der Sitzungen stehen auf der Webseite leider nicht zur Verfügung. Die getroffenen Beschlüsse sind in PIO nicht zeitnah einsehbar, zudem gehen aus ihnen zwar die Ergebnisse hervor, allerdings kann in dieser Form der Diskussions- und Meinungsbildungsprozess nicht dargestellt werden. Bisher besteht, sollte physische Anwesenheit nicht möglich sein, nur die Möglichkeit über die Medienberichterstattung die Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung oder ihrer Ausschüsse zu verfolgen.
Im Internet steht allen Interessierten dagegen jede Sitzung live oder zeitlich versetzt von der ersten bis zur letzten Minute zur Verfügung. Die Bürgerin oder der Bürger wird befähigt, das Verhalten der Fraktionen und der Stadtverordneten zu bewerten und hieraus die politischen Konsequenzen zu ziehen. Redebeiträge und Entscheidungen sind auch nach Jahren noch abrufbar. Politik wird erfahrbar.
Basierend auf den Erfahrungen mit dem Streamen von vielen Parteiveranstaltungen durch ein Angebot von "Piraten ohne Grenzen", glaubt die antragstellende Fraktion, dass ein "Rathaus TV" mit relativ geringerem finanziellen Aufwand realisierbar ist. Eine eventuell höhere Wahlbeteiligung sollte aber mindestens so viel Wert sein.
Beispielrechnung Streaming Server
Der Wowza Media Server bietet die Möglichkeit fast jede Plattform zu bedienen, von Videoplayern auf Website mittels Flash und Silverlight, Desktopplayer wie beispielsweise Quicktime, VLC oder Windows Media Player und mobile Endgeräte wie iPhone oder Android: http://www.wowza.com/video-streaming-server.html
Prinzipiell gibt es 2 brauchbare Lösungen für den Betrieb des Servers: Betrieb aus der Cloud (Mieten) oder eigener Server.
Cloud (Mietlösung)
Wowza Media bietet über Amazon EC2 Cloud eine Streaminglösung mit exakter Kostenkontrolle an. Diese wird nicht monats- oder tageweise, sondern nach tatsächlicher Benutzung abgerechnet.
Die Grundkosten liegen bei monatlich 5 US$. Die weiteren Kosten werden nach Dauer, Upstreambandbreite und Zuschaueranzahl ermittelt.
Details finden sich unter:
http://www.wowza.com/forums/content.php?194-EC2-Support-Center
Beispielrechnung:
Ein in Europa beheimateter Server liegt hier bei Betriebskosten pro Stunde von 0,16 US$.
Wird von 200 Zuschauern im Schnitt pro Stunde ausgegangen, sowie von einer Maximalbandbreite von 500kbit/s entspricht dies einem Gesamttransfervolumen pro Stunde von ca. 45 GB. Bei 0,12 USD pro GB ergeben sich pro Stunde Betriebskosten (Traffic) von 5,40 USD.
Somit wären die Gesamtbetriebskosten bei 200 Zuschauern pro Stunde 5,56 USD
Bei 10 Sitzungen im Jahr zu 6 Stunden mit durchschnittlich 200 Zuschauern ergeben sich folgende Kosten:
Bereitstellungskosten: 10 x 5 US$ = 50 USD
Betriebskosten 10 x 6 x 5,56 US$ = 333,60 USD
Das entspricht einer Summe der Betriebskosten des Server von 383,60 USD, was bei einem aktuellen Wechselkurs von 0,69 Euro pro Dollar insgesamt 264,38 € pro Jahr ohne jegliche vertragliche Verpflichtungen entspricht.
Der Server wird vor Beginn der Sitzung gestartet und braucht bis zur Betriebsbereitschaft max. 5 Minuten. Der Vorteil der EC2 Lösung liegt in nahezu keinem Aufwand seitens der Rathaus-IT, da für die virtuelle Maschine Amazon verantwortlich ist. Da auch keine Daten gespeichert werden müssen, ist dies eine günstige und sehr flexible Lösung.
Es kann jederzeit bei einer Auslastung eines Servers ein zusätzlicher Server gestartet werden, der über Loadbalancing weitere Zuschauer problemlos ermöglicht.
Eigener Server
Es ist auch möglich den Wowza Media Server auf eigener Hardware zu betreiben. Dieser muss aber in einem Rechenzentrum stehen mit sehr guter Anbindung und ausreichend Bandbreite.
Da wir die Situation in der Rathaus eigenen IT nicht kennen, haben wir hier, der Einfachheit halber ein Angebot der Firma Hetzner genommen, das eines der günstigsten und trotzdem eines der besseren am Markt ist.
Benötigt würde ein Hetzner Root Server EQ6 für 69 €/Monat und eine Gigaport Anbindung für 39 €/Monat und einmalig 49 € für die Bereitstellung: https://www.hetzner.de/hosting/produktmatrix/rootserver-produktmatrix-eq
Der Wowza läuft unter Linux, so dass nur noch die Lizenzkosten für den Streaming Server selbst hinzukommen. Hier gibt es 2 Modelle: Entweder kann eine Serverlizenz für 65 USD/Monat gemietet oder einmalig für 995 USD gekauft werden http://www.wowza.com/subscription.html
Mit der vorgeschlagenen Maschine sind bis zu 2000 Zuschauer parallel möglich. Zusätzliche Traffickosten fallen nicht an. Der Vertrag kann monatlich gekündigt werden.
Beispielrechnung:
Mieten der Software: ca. 1.836 € pro Jahr + 49 € im ersten Jahr
Kauf der Software: ca. 1.296 € pro Jahr + ca. 735 € im ersten Jahr
Diese Lösung bietet sich an, wenn weitere kommunale Parlamente Streaming anbieten möchten und die leistungsfähige Hardware und die Investition geteilt werden kann, um diese auch besser auszunutzen. Oder wenn das Angebot des "Rathaus-TV" auch auf andere öffentliche Sitzungen ausgedehnt werden soll, wie z.B. die Sitzungen der Ausschüsse, des Ausländerbeirates oder des Jugendparlamentes.
Falls der Magistrat eine Lösung auf eigener Hardware bevorzugt, zum Beispiel, weil er im Rahmen von Regionaler Zusammenarbeit das Streaming als Dienstleistung anderen Kommunen anbieten möchte, so lassen sich die Lizenzkosten noch weiter senken, wenn für den Streaming Server auf freie Software verwendet wird, wie z.B. CasparCG oder Flumotion.