Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2001 - 2006

Drucksachen-Abteilung I (A) Ausgegeben am 27.03.2003

Eing. Dat. 27.03.2003

 

Nr. 477/1

 


Erklärung für den Frieden
Änderungsantrag SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FWG vom 27.03.2003,
DS I (A) 477/1

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

1)
Die Stadtverordnetenversammlung weiß sich einig mit mehr als 130 amerikanischen und zahlreichen weiteren Städten in Kanada, Belgien, Großbritannien, Japan und weitern Ländern, die bisher einen Aufruf für den Frieden und gegen einen Krieg im Irak beschlossen haben ("Cities for peace") und erklärt hierzu folgendes:


Angesichts der begonnen kriegerischen Auseinandersetzung in der Golfregion, die Tausende von Menschen, insbesondere die Zivilbevölkerung bedrohen,

vor dem Hintergrund der eindrucksvollen Demonstrationen, mit denen Millionen von Menschen in aller Welt und allein in Berlin mehrere Hunderttausende ihrer ernsten Sorge um den Frieden und ihrer Ablehnung des Irak-Krieges Ausdruck verliehen haben,

in Erwägung der Risiken, die dieser Krieg für die Regionen des Nahen Ostens und insbesondere Israel birgt,

in Sorge, dass ein militärisches Vorgehen gegen den Irak den internationalen Bemühungen der Bekämpfung von Terrorismus schadet,

bedenkend, dass ein Ausgleich wirtschaftlicher Ungleichheiten, die Zusammenarbeit bei der Entwicklung der ärmsten Länder und die Förderung des gegenseitigen Verständnisses und der Toleranz langfristig die notwendigen Mittel sind, Terrorismus den Boden zu entziehen und demokratischen Wandel zu befördern,

in Bekräftigung der Prinzipien des Völkerrechts, deren Einhaltung für eine friedliche Lösung zwischenstaatlicher Konflikte alternativlos ist,

unbeschadet der Bedeutung, die wir gerade vor dem Hintergrund unserer Geschichte, der deutsch-amerikanischen Freundschaft, der besonderen Beziehungen zum Staat Israel und der europäischen Integration beimessen,

unterstützt die Stadtverordnetenversammlung von Offenbach mit dieser Resolution die Appelle von weltweit mehr als 150, insbesondere US-amerikanischer Städten, die sich der Initiative "Cities for Peace" angeschlossen haben und teilt deren Ablehnung eines völkerrechtswidrigen Präventivschlags,

begrüßt die Stadtverordnetenversammlung von Offenbach den Appell Europäischer Bürgermeister gegen einen Krieg im Irak, der von den Stadtoberhäuptern von Rom, London, Paris, Brüssel, Wien und Berlin getragen wird,

appelliert die Stadtverordnetenversammlung von Offenbach an die Regierungen der Welt, sich für eine friedliche Umsetzung der UN-Resolutionen und ein sofortiges Ende der kriegerischen Auseinandersetzungen einzusetzen,

erinnert die Stadtverordnetenversammlung von Offenbach daran, dass militärische Gewalt nach internationalem Recht einer Sanktionierung durch den UN-Sicherheitsrat bedarf.

lädt die Stadtverordnetenversammlung von Offenbach die Stadtparlamente ihrer Partnerstädte ein, ihre Kontakte im Sinne des Friedens weiter zu vertiefen und gemeinsam oder in jeweils eigenen Erklärungen der Sorge ihrer Bevölkerung um den Erhalt des Friedens und die Ablehnung des Irak-Krieges zum Ausdruck zu bringen.

2)
Der Magistrat wird gebeten, die Resolution im Hessischen Städtetag bekannt zu machen und dafür zu werben, dass weitere Städte eine solche oder ähnliche Resolution unter dem gemeinsamen Gedanken "Städte für den Frieden" verabschieden.



Begründung

Im Falle des inzwischen begonnen Irak-Krieges und seiner unvorhersehbaren Auswirkungen auch auf die Menschen in den am Krieg beteiligten Ländern, muss die globale Verantwortung der Einzelnen nach Auffassung der Antrag stellenden Fraktionen auch in lokalen Aktivitäten ihren Ausdruck finden.

Mit der Unterstützung der Kampagne „Cities for Peace“ reiht sich unsere Stadt ein in die Liste von über 150 Städten auf der ganzen Welt, die bisher ebenfalls in entsprechenden Resolutionen für eine friedliche Lösung des Irak-Konfliktes eingetreten sind. Allein in den USA haben sich bisher über 130 Städte der Kampagne angeschlossen, darunter Los Angeles, Chikago, Washington, D.C., Philadelphia und San Francisco. Zunehmend wird die Kampagne auch außerhalb der USA bekannt, und immer mehr Städte weltweit fassen ähnliche Beschlüsse, darunter Tokio, Dublin und Glasgow sowie Städte in Australien und Belgien.
In Deutschland haben inzwischen die Lokalparlamente von Berlin, München, Zirndorf und Fellbach ähnliche Resolutionen verabschiedet; hierbei kam es zu großen, Partei- und Koalitionsübergreifenden Mehrheiten.

Die Antrag stellenden Fraktionen nehmen mit dem vorliegenden Antrag die Ängste auch der Menschen in Offenbach vor dem Irak-Krieg sehr ernst und geben zu bedenken, dass nicht zuletzt auch in Großstädten in Deutschland und ihren Regionen (z.B. Offenbach in der Rhein-Main-Region), die Auswirkungen eines Krieges in der Golfregion deutlich zu spüren sein werden, sei es wegen neuer Flüchtlingsströme, wegen herber Rückschläge für Exportunternehmen oder wegen terroristischer Reaktionen.

Insbesondere ist in Offenbach auch zu befürchten, dass der Konflikt in das friedliche Zusammenleben der in Offenbach lebenden Menschen unterschiedlichster Herkunft hineingetragen wird und sich dadurch nachhaltig negativ auf das friedliche Miteinander der Kulturen in unserer Stadt auswirkt und die Offenbacher Tradition der Toleranz gefährdet.

Die Antrag stellenden Fraktionen sind der Auffassung, dass ein spezifischer erforderlicher lokalpolitischer Bezug im Ursprungsantrag, wie er in Punkt 1, letzter Absatz und in Punkt 2 des vorliegenden Änderungsantrages zum Ausdruck gebracht wird, im Ursprungsantrag nicht hinreichend hergestellt wird.


Darüber hinaus enthält der vorliegende Änderungsantrag eine gebotene direkte Handlungsaufforderung an den Magistrat, zusätzliche Städte, z.B. über die Kontakte des hessischen Städtetages, ebenfalls für die Initiative „Cities for Peace“ zu gewinnen.

Im Übrigen ist der Tenor des Ursprungsantrages, in dem noch von einem bevorstehenden Krieg gesprochen wird, vor dem Hintergrund der inzwischen begonnenen Kampfhandlungen nicht mehr aktuell.

Aufgrund der schwierigen globalen Konfliktlage vertreten die Antrag stellenden Fraktionen außerdem die Ansicht, dass ein Antrag gegen einen Irak-Krieg ausgewogen, eindeutig und differenziert formuliert sein muss, weshalb dem Anliegen im Tenor entsprechend Raum eingeräumt werden sollte. Der Tenor im Ursprungsantrag gilt den Antrag stellenden Fraktionen daher als zu pauschal formuliert.