Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2001 - 2006

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Drucksachen-Abteilung II (A) Ausgegeben am 07.06.2005

Eing. Dat. 27.05.2005

 

Nr. 751/134

 

Dez.: I (Amt 10)

 

 

 

Änderung der Vergabepraxis

hier: Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 18.11.2004, DS I (A) 751/1

dazu: Magistratsvorlage Nr. 155/05 vom 27.05.2005

 

 

Die Stadtverordnetenversammlung hat am 10.03.2005 folgenden Beschluss gefasst:

 

1. Der Magistrat wird aufgefordert zu prüfen und zu berichten, inwieweit eine
    Neuregelung der Vergabepraxis von Ämtern und Stadt nahen Betrieben in
    Offenbach erfolgen kann, dass nur Produkte eingekauft werden, die im Sinne
    der Konvention Nr. 182 der Internationalen Arbeitsorganisation keine aus-
    beuterischen Arbeitsleistungen von Kindern enthalten. Dies sollte analog zur
    Änderung der Vergabepraxis durch die bayerische Landeshauptstadt
    München erfolgen.

    Warengruppen, bei denen besonders häufig ausbeuterische Kinderarbeit
    beobachtet wird, sind derzeit Bälle, Sportartikel, Sportbekleidung, Teppiche,
    Wohn- und Kleidungstextilien, Natursteine, Pflastersteine, Lederprodukte,
    Billigprodukte aus Holz, Agrarprodukte wie Kakao, Kaffee, Orangensaft,
    Tomaten, Blumen - sofern sie aus südlichen Ländern kommen.

    Unternehmen, die aufgrund einer Ausschreibung ein Angebot für eines der
    genannten Produkte abgeben, sollten von den städtischen Vergabestellen
    um Auskunft gebeten werden, in welchem Land das angebotene Produkt
    hergestellt und/oder bearbeitet wurde. Liegt der Produktions-/ Bear-
    beitungsort in Asien, Afrika oder Lateinamerika, sollte die Vorlage einer der
    folgenden Bestätigungen erfolgen:

    a) eine unabhängige Zertifizierung, die bestätigt, dass das Produkt nicht
        mittels ausbeuterischer Kinderarbeit im Sinne der ILO-Konvention 182
        hergestellt und/oder bearbeitet wurde/z.B. Fair-Handels-Siegel oder
        Rugmark-Siegel oder

    b) die verbindliche Zusage des Unternehmens, dass das Produkt nicht mittels
        ausbeuterischer Kinderarbeit hergestellt und/oder bearbeitet wurde (diese
        Bestätigung muss selbstverständlich auch die Aktivitäten aller Lieferanten
        und Subunternehmer abdecken), oder, falls eine derartige Zusicherung
        nicht möglich ist,

    c) eine verbindliche Zusage, dass das Unternehmen, dessen Lieferanten und
        Subunternehmer aktive und zielführende Maßnahmen gegen den Einsatz
        von Kinderarbeit im Sinne der ILO-Konvention 182 eingeleitet haben.

       Für Variante b. und c. sollte gebeten werden, eine von der Führungsebene
       des Unternehmens unterzeichnete Selbstverpflichtung, einen Verhaltens-
       kodex (Code of Conduct) oder Sozialstandards vorzulegen und ggf. die
       eingeleiteten Maßnahmen näher zu beschreiben.

       Die Vorlage der genannten Bestätigungen sollte ab 01.01.2005 Voraus-
       setzung für eine Teilnahme an der Ausschreibung für die genannten Wirt-
       schaftsgruppen sein. Es wäre zu beabsichtigen, die Einhaltung der Selbst-
       verpflichtung in Zusammenarbeit mit internationalen Menschenrechts-
       organisationen stichpunktartig zu überprüfen.

2. Die Stadtverordnetenversammlung regt an, dass auch die städtischen
    Eigenbetriebe und Beteiligungsgesellschaften prüfen mögen, sich bei der
    Vergabe von Aufträgen für Produkte, die von ausbeuterischer Kinderarbeit
    betroffen sein können, an das vorgeschlagene Verfahren zu halten.

 

Hierzu berichtet der Magistrat wie folgt:

 

Die im Beschluss aufgeführten Warengruppen unterliegen bis auf Natur- und Pflas-tersteine ausschließlich den Bestimmungen der VOL, so dass der Bericht sich darauf beschränken kann. Nach Auskunft des Amtes Stadtplanung und Baumanagement sind in den Ausschreibungen nach VOB bisher keine Natur- und Pflastersteine enthalten gewesen, da diese in ihrer Anschaffung erheblich teurer sind, als die im Straßen und Gehwegebau verwendeten Materialien.

 

Die Vergaben nach VOL der Stadt Offenbach am Main beschränken sich im wesentlichen auf die Beschaffung von Büroeinrichtungsgegenständen, Aus-stattungen vom Kopierzentrum und die Ausstattung der Organisationseinheiten mit Kopiergeräten, sowie die Beschaffung von Computerhardware.

 

Diese Artikel werden nach den derzeit geltenden Vergabebestimmungen von Firmen, die ausschließlich in Deutschland produzieren, bezogen, so dass hier eine Erklärung der Hersteller im Sinne der ILO-Konvention 182 entbehrlich ist. Eine europaweite Ausschreibung war bisher nicht erforderlich gewesen, da die Schwellenwerte nicht überschritten wurden.

 

Das nationale Vergaberecht wird dem Europäischen Vergaberecht angepasst. Hierzu liegen bereits erste Entwürfe vor. Ebenfalls erfolgt eine Anpassung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) an die Europäischen Bestimmungen. Die Anpassung soll nach den europäischen Vorgaben, bis spätestens 01.02.2006 in das nationale Vergaberecht umgesetzt werden. Die Grenzen, ab wann europaweit ausgeschrieben werden muss, sind noch nicht abschließend festgeschrieben, so dass wir derzeit nicht wissen, inwieweit wir verstärkt europaweit ausschreiben müssen.

 

Die Bundesregierung beabsichtigt noch in diesem Sommer die Gesetzesänderungen auf den Weg zu bringen.

 

Nach der Umsetzung der neuen Vorschriften, wird der Magistrat bei Zuschlags-erteilung darauf achten, dass die Lieferfirmen, soweit Erkenntnisse vorliegen, dass die Waren in sog. Drittländern hergestellt oder von diesen bezogen werden, Zertifikate bzw. verbindliche Zusagen vorlegen, dass das Produkt nicht mittels ausbeuterischer Kinderarbeit im Sinne der ILO-Konvention Nr. 182 hergestellt und/oder bearbeitet wurde.

 

Die städtischen Eigenbetriebe und Beteiligungsgesellschaften werden wir hiervon in geeigneter Weise in Kenntnis setzen.