Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2001 - 2006


Drucksachen-Abteilung II (A) Ausgegeben am 31.05.2005

Eing. Dat. 12.05.2005

 

Nr. 808/133

 

Dez.: I

 

 

Gegen illegale Schmierereien: Anti-Sprayer-Mobil

hier: Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 10.03.2005, DS I (A) 808/1
dazu: Magistratsvorlage Nr. 145/05 vom 11.04.2005


Die Stadtverordnetenversammlung hat am 10.03.2005 folgenden Beschluss gefasst:

Der Magistrat wird aufgefordert zu berichten, welche Aktivitäten es in Offenbach
bereits gibt, gegen illegale Graffitis vorzugehen. Insbesondere sind die Ergebnisse der
Zusammenarbeit des Präventionsrates mit der AG Sprayer beim Polizeipräsidium
Südost-Hessen darzustellen.


Hierzu berichtet der Magistrat:

Die heute das Offenbacher Stadtbild verunzierenden Graffiti sind zum größten Teil Mitte bis Ende der 90er Jahre entstanden.

 

Nach Auskunft der AG Sprayer des Polizeipräsidiums Südosthessen - dort konnten rückblickend die Erfahrungen aus den letzten neun Jahren ausgewertet werden -wurden ca. 90 % dieser Altfälle nicht entfernt.

 

Trotz entsprechender Aufklärung durch die Polizei - wie bekannt ist, dämpft schnelles Entfernen den Tatendrang der Sprayer und verhindert Nachahmung - waren die Privateigentümer der betroffenen Häuser, Garagen, Einfriedigungen etc. meist aus Kostengründen nicht bereit, diese Graffiti zu beseitigen. Auch die Ermittlung der Täter in einer Vielzahl der Fälle hat die Situation nicht verbessert, da aufgrund der wirtschaftlichen Situation der Sprayer bzw. der bestehenden rechtlichen Gegeben-heiten Schadenersatz- oder Regressforderungen der Geschädigten in den seltensten Fällen zeitnah realisiert werden konnten.

 

Das Entfernen der Schmierereien an öffentlichen Gebäuden und Einrichtungen, die sich nicht im Eigentum der Stadt Offenbach befinden, wie beispielsweise Bahnhöfe und -dämme, Brücken, Unterführungen etc. gestaltete sich zu jener Zeit ebenso schwierig, weil sich die Ansprechpartner der betroffenen Institutionen (insb. Deutsche Bahn AG) wohl nicht zuletzt auch aus Kostengründen wenig kooperativ gezeigt haben.

 

Graffiti an stadteigenen Gebäuden wurde und wird in enger Kooperation der zustän-digen und jeweils betroffenen Stellen (Bauamt, ESO / Abt. Gebäudemanagement mit Schulen, Jugendamt etc.) mit der AG Sprayer bearbeitet.

 

Ende der 90er Jahre haben die o. a. Beteiligten die Entwicklung eines Konzeptes zum Umgang mit Graffiti in Offenbach forciert. Dabei wurden in einer Projektgruppe einerseits die Möglichkeiten zur Beseitigung der vorhandenen Verunreinigungen geprüft (Vorgehen, Kosten) und andererseits der Aspekt Verhinderung / Vermeidung diskutiert.

 

Leider wurde hinsichtlich der Entfernung der Altfälle keine (durchsetzbare bzw. finan-zierbare) Lösung gefunden.

 

Ferner haben die statistischen Auswertungen der AG Sprayer ergeben, dass ab 2000 die Zahl der neuen Schmierereien erheblich zurückgegangen ist. Seit dieser Zeit spielt Offenbach in der Szene weder regional noch überregional eine Rolle, die Fallzahlen liegen weit unter dem Durchschnitt. Die aktuellen Zahlen können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden.

 

Sachbeschädigung durch Graffiti im Dienstbezirk des PP SOH

Zeitraum: Tatzeit (bzw. -ende) im Jahr 2004

 

Bereich

 

 01 .2004

 02 .2004

 03 .2004

 04 .2004

 05 .2004

 06 .2004

 07 .2004

 08 .2004

 09 .2004

 10 .2004

 11 .2004

 12. 2004

Jahr 2004
 gesamt

Stadt Offenbach

erfasst

10

8

2

4

1

3

 

5

12

6

20

3

74

 

geklärt

6

6

2

2

 

 

 

 

 

2

 

1

19

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

MKK

erfasst

67

67

24

24

17

13

28

13

9

18

12

27

319

 

geklärt

27

37

16

14

9

8

1

 

 

9

1

12

134

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kreis Offenbach

erfasst

12

30

19

9

10

7

12

11

6

36

9

10

171

 

geklärt

2

17

14

 

3

2

3

3

1

15

1

 

61

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gesamtergebnis PP SOH

erfasst

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

564

 

geklärt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

214

 

Aufgrund dieser Entwicklung hat die damalige Projektgruppe entschieden, nicht weiter an einem Grundsatzpapier zu arbeiten, sondern anlassbezogen möglichst flexibel und zeitnah zusammen zu arbeiten.

 

Derzeit bedeutet das, im Einzelfall wird Strafanzeige gestellt und die AG eingeschaltet, die die Schmiererei erfasst. Bei Ermittlung der Täter werden von dort in Absprache geeignete Maßnahmen eingeleitet (z. B. Täter-Opfer-Ausgleich). Sind die Darstel-lungen von besonderer Brisanz oder haben rechtsradikale Hintergründe, werden diese sofort entfernt, ansonsten nach Absprache und im Rahmen der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel.

 

Die AG Sprayer arbeitet bei Bedarf eng mit der Geschäftsstelle Kommunale Präven-tionsarbeit zusammen, von dort wird ggf. Kontakt zu allen anderen städtischen Stellen hergestellt. Die Schulen arbeiten meist direkt mit der AG zusammen.

 

Bei Nachfragen und Informationswünschen von Privatpersonen wird seitens der städtischen Stellen vereinbarungsgemäß an die Experten der AG Sprayer verwiesen. Diese Vorgehensweise hat sich bewährt und wird von den Beteiligten als effektiv und angemessen eingestuft.

 

Eine zusätzliche Informationsmöglichkeit besteht seit März diesen Jahres: auf den Internetseiten des Polizeipräsidiums Südosthessen befinden sich unter „Aktuelles" sowohl für Sprayer wie auch für Geschädigte wichtige Informationen zu Graffiti und Kontakte zur AG Sprayer.

 

Diese Informationsflyer werden in Kürze auch in den Internetauftritt der Stadt Offenbach unter Kommunale Prävention / Projekte A - Z / Sicherheitspartnerschaften integriert und unter dem Suchbegriff „Graffiti" zu finden sein.

 

Auch im Hinblick auf die Altfälle können sukzessive - zumindest kleine - Erfolge erzielt werden. So ist zwischenzeitlich z. B. die EVO bereit, die teilweise erheblich verunstalteten Trafohäuschen zu reinigen und künstlerisch gestalten zu lassen. In Verhandlungen mit der Deutsche Bahn AG konnten verschiedene städtische Ämter und die AG Sprayer die Durchführungen einzelner Projekte erreichen (bspw. Aufwertung Bahnhof / GOAB). Nicht zuletzt verschwinden zunehmend Graffiti von Hauswänden, weil die Objekte neu verputzt bzw. angelegt werden.

 

Vor diesem Hintergrund und da Offenbach wie oben ausgeführt glücklicherweise verhältnismäßig wenige neue Fälle zu bearbeiten hat, wird weder seitens der AG Sprayer noch der städtischen Stellen eine Verstärkung der derzeitigen Maßnahmen für notwendig erachtet. Vielmehr empfehlen die Experten der AG Sprayer, in dieser Situation nicht unnötig Aufmerksamkeit zu erregen.

 

Der Vollständigkeit halber sei abschließend erwähnt, dass verschiedene Modelle anderer Städte (z. B. das Anti-Sprayer-Mobil der Stadt Pforzheim) die Antwort auf eine sehr aktive Sprayerszene vor Ort sind. Sie wollen insbesondere das schnelle Entfernen neuer Graffiti erreichen. Zudem ist das genannte Modell nicht von der Kommune initiiert, sondern wird als gemeinnütziger Verein über Spenden finanziert und von der Handwerkerinnung (Maler) getragen und gesponsert, die sich u. a. dadurch Folgeaufträge versprechen. Ein solches Vorgehen wird für Offenbach als wenig praktikabel eingeschätzt.