Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2001 - 2006


Drucksachen-Abteilung I (A) Ausgegeben am 05.07.2005

Eing. Dat. 05.07.2005

 

Nr. 856/1

 

 

Aufnahme von Änne Salzmann in die Vorschlagsliste zur Straßenbenennung
Ergänzungsantrag CDU vom 05.07.2005, DS I (A) 856/1


Die Stadtverordnetenversammlung wolle beschließen:

1. Der Ursprungstenor erhält die Ziffer „1.“.

2. Nachstehende Namen werden in die Vorschlagsliste zur Straßenbenennung
    aufgenommen:
        - Pfarrer Wolfgang Lehmann
        - Georg Czernek
        - Dr. Hermann Gehrlein
        - Alfred Lotz
        - Dr. Erwin Stein

3. Die weitere Bearbeitung wird den Mitgliedern der Arbeitsgruppe zur
    Straßenbenennung unter Leitung des Herrn Stadtverordnetenvorstehers
    übergeben.


Begründung:

 

1. Pfarrer Wolfgang Lehmann

 

Pfarrer Wolfgang Lehmann war von 1950 bis 1984 Pfarrer der Offenbacher Friedenskirchengemeinde. In dieser Zeit hat Pfarrer Lehmann die Gemeinde mit aufgebaut und nachhaltig geprägt.

 

Zu einer Zeit, als die Ökumene noch nicht täglicher Bestandteil der christlichen Konfessionen war, unterhielt er bereits – damals noch gegen manche Anfeindungen – Kontakte zur Katholischen Kirche. Sein Anliegen war es, die Gewissensnöte der konfessionsverschiedenen Ehen zu mildern.

 

Wolfgang Lehmann wurde am 24. Dezember 1914 in Bad Kösen geboren. Nach Abitur und Theologiestudium arbeitete er an der Hochschule der Bekennenden Kirche in Berlin. Als Gehilfe seines Mentors Hans Asmussen war er an der Ausarbeitung der theologischen Erklärung von Barmen beteiligt. Er stellte sich damit gegen die Nationalsozialisten und ihre Mitläufer von den „Deutschen Christen“. Wolfgang Lehmann hatte als aktives Mitglied der Evangelischen „Bekennenden Kirche“ erhebliche Probleme und Anfeindungen von Seiten der Nationalsozialisten, da er nicht bereit war, die Instrumentalisierung der Deutschen Evangelischen Kirche als Handlanger der Nationalsozialisten mitzutragen.

 

Geprägt aus einer starken Widerstandskraft gegen den Nationalsozialismus und ausgestattet mit großer theologischer Kompetenz wirkte Pfarrer Wolfgang Lehmann mit Eifer und Sachverstand als Pfarrer in Offenbach.

 

2. Georg Czernek

 

Georg Czernek war von 1961 bis zum Jahre 2002 Vorsitzender der Landsmannschaft der Oberschlesier, 32 Jahre Stadtverordneter und ebenso viele Jahre Vorsitzender der Union der Vertriebenen der CDU.

 

Geboren wurde Georg Czernek am 02.05.1924 in Wiesau, Oberschlesien. Von Beruf war er Schriftsetzer und lebte und arbeitete nach dem 2. Weltkrieg zunächst in Bayreuth und seit 1954 in Offenbach. Von 1956 bis 1968 und von 1973 bis 1993 gehörte Georg Czernek als Stadtverordneter der Offenbacher Stadtverordnetenversammlung an. 1955 wurde er Mitglied der Landsmannschaft der Oberschlesier e.V., deren Vorsitzender er von 1969 bis 2002 war.

 

Georg Czernek erhielt für seine ehrenamtliche Arbeit schon zu Lebzeiten viele Auszeichnungen und Ehrungen. Die Stadtverordnetenversammlung verlieh ihm die Ehrentitel Stadtältester in Würdigung seiner kommunalpolitischen Leistungen, die Landsmannschaft der Oberschlesier ehrte ihn mit der Goldenen und Silbernen Ehrennadel und 1990 erhielt Georg Czernek das Bundesverdienstkreuz.

 

Georg Czernek war ein Mann, der aus christlicher Überzeugung für seine Mitmenschen arbeitete und für seine Fachkompetenz geachtet und geschätzt wurde und durch seine freundliche Art seine Mitmenschen für sich gewinnen konnte.

 

3. Dr. Hermann Gehrlein

 

Dr. Hermann Gehrlein war ehrenamtlicher Stadtrat der Stadt Offenbach und darüber hinaus in zahlreichen Bereichen des öffentlichen Lebens aktiv. Die kommunale Politik, die Offenbacher CDU, das katholische kirchliche Leben und im Besonderen die Belange des Stadtteils Bürgel waren für Dr. Hermann Gehrlein besonders wichtig und er fühlte sich diesen Bereichen in besonderer Weise verpflichtet.

 

Geboren wurde Dr. Hermann Gehrlein am 29. April 1926 in Offenbach-Bürgel. Nach dem Krieg legte er sein Abitur ab und studierte an der Universität Gießen Veterinärmedizin, das er mit einer Promotion abschloss. 1960 wurde Dr. Hermann Gehrlein Stadtverordneter und 1968 wurde er zum ehrenamtlichen Stadtrat gewählt. Von 1977 bis 1981 wirkte Dr. Hermann Gehrlein im Ausschuss zur Vorbereitung der Stadtwerke Umgründung mit.

 

Als Mitgestalter des kirchlichen Lebens entfaltete sich Dr. Gehrlein vornehmlich im Pfarrgemeinderat St. Pankratius und in der Kolpingfamilie. Der Volksbank Bürgel gehörte er als Mitglied des Aufsichtsrates, zeitweise als Vorsitzender, an. Mit dem Ehrenbrief des Landes Hessen (1977) und der Offenbacher Bürgermedaille in Silber (1985) wurde Hermann Gehrleins öffentliches Wirken gewürdigt. Als Mitbürger war er stets zur Übernahme ehrenamtlicher Pflichten im Gemeinschaftsleben bereit, genoss schon zu Lebzeiten hohen Respekt. Als Mensch von heiterer Aufgeschlossenheit für andere war er vielen ein geschätzter Freund und Berater.

 

4. Alfred Lotz

 

Alfred Lotz war langjähriger ehrenamtlicher Stadtrat der Stadt Offenbach am Main. Er bekleidete dieses Amt von 1956 bis 1960 und von 1972 bis 1977. In den Jahren von 1960 bis 1964 und 1968 bis 1972 war er Stadtverordneter.

 

Geboren wurde Alfred Lotz am 12. Dezember 1921 in Offenbach-Bürgel. Bei der Offenbacher Zweigstelle der Hoechst AG erlernte Lotz den Beruf des Maschinenschlossers. Rasch stieg Alfred Lotz zum Betriebsratsmitglied auf und bekleidete jahrelang das verantwortungsvolle Amt des Betriebsratsvorsitzenden.

 

Von 1959 bis 1961 war Alfred Lotz Schiedsmann. Als christlicher Gewerkschaftler war Alfred Lotz Vorsitzender der Offenbacher CDU-Sozialausschüsse und führte den Stadtbezirksverband Rumpenheim-Waldheim. In der Stadtverordnetenversammlung engagierte sich Lotz im Sozial- und Wohlfahrtsausschuss und im Gesundheitswesen. Nach der Kommunalwahl 1972 wurde Lotz erneut ehrenamtlicher Stadtrat und zuständig für das Stadtmuseum und Stadtarchiv. Neben seiner politischen Arbeit war er Vorsitzender des Pfarrgemeinderates von Hl. Kreuz, gehörte dem Dekanatsrat und dem Diözesanrat an. In vielen Vereinen war er Mitglied, wo er sich durch starkes Engagement auszeichnete.

 

Alfred Lotz zeichnete seine Offenheit und sein unermüdlicher Einsatz aus. Auf sein Wort war Verlass. Er sprach so wie er dachte und sein Wort hatte stets großes Gewicht. Sein Tun und Handeln wurde durch seinen christlichen Glauben bestimmt.

 

Als Alfred Lotz 1977 für alle völlig unerwartet verstarb, war er gerade 55 Jahre alt.

 

5. Dr. Erwin Stein

 

Prof. Dr. Erwin Stein war einer der Gründer der Offenbacher CDU, erster Fraktionsvorsitzender der CDU in der Offenbacher Stadtverordnetenversammlung, Stadtrat sowie Hessischer Minister für Erziehung und Volksbildung und Hessischer Minister der Justiz.

 

Erwin Stein wurde am 7. März 1903 im oberhessischen Grünberg geboren. Seine Studienzeit führte ihn an die Universität in Heidelberg, Frankfurt und Gießen, wo er besonders in den Gebieten Völkerrecht, Staats- und Verwaltungsrecht sowie der Staatstheorie eingehende Kenntnisse erlangte. 1925 legte er das 1. Juristische Staatsexamen ab, 1928 seine Dissertation und 1929 folgte dann das 2. Juristische Staatsexamen.

 

In den Jahren der Weltwirtschaftskrise am Ende der Weimarer Republik wirkte Stein im hessischen Justizdienst und unterhielt eine Rechtsanwaltskanzlei in Offenbach. 1933 musste Dr. Erwin Stein wegen des jüdischen Glaubens seiner Ehefrau aus dem Justizdienst ausscheiden. Fortan wirkte er als Rechtsanwalt in Offenbach. Seine Ehefrau nahm sich 1943, kurz vor dem Zugriff der Gestapo und dem geplanten Abtransport in ein Konzentrationslager, das Leben. Erwin Stein wurde kurze Zeit später zum Kriegsdienst eingezogen, aus dem er im Sommer 1945 nach Offenbach zurückkehrte. Dr. Erwin Stein gehörte zu den Ersten, die das politische Leben in Offenbach in Gang brachten und war mit Karl Kanka Begründer der Offenbacher Union. Nach der ersten Kommunalwahl wurde Prof. Dr. Erwin Stein erster CDU-Fraktionsvorsitzender und im Frühjahr 1946 wurde er in den Offenbacher Stadtrat gewählt. Erwin Stein gehörte der verfassungsberatenden Landesversammlung an und kann rückwirkend als einer der Architekten der Hessischen Verfassung bezeichnet werden. Im Dezember 1946 bildete sich eine große Koalition, in der Stein die Aufgabe des Hessischen Ministers für Erziehung und Bildungswesen übernahm. Im November 1949 übernahm Prof. Stein als Doppelminister noch die Aufgabe des Hessischen Ministers der Justiz.

 

1951 wechselte Prof. Dr. Erwin Stein an den neu geschaffenen Bundesgerichtshof in Karlsruhe und im September des gleichen Jahres an das Bundesverfassungsgericht. Dieses Richteramt übte er 20 Jahre aus. Mit der Übernahme der hohen Richterstelle gab Stein sein Landtagsmandat ab und ließ seine Mitgliedschaft in der Offenbacher CDU ruhen.

 

Am 15. August 1992 verstarb Prof. Dr. Erwin Stein im oberhessischen Dorf Anroth, wo er sich nach seiner beruflichen und politischen Laufbahn niedergelassen hatte.

 

Erwin Stein zählte zu der vergleichsweise hohen Zahl an Männern und Frauen der ersten Stunde, die einen wesentlichen Beitrag zur interkulturellen Formung des Bundeslandes Hessen und der künftigen Bundesrepublik Deutschland geleistet haben.