Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2006 - 2011


Drucksachen-Abteilung II (A) Ausgegeben am 18.06.2007

Eing. Dat. 14.06.2007

 

Nr. 69/28

 

Dez.: IV (Stadtschulamt)

 

 

Stärkung der Hauptschule

hier: Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 12.10.2006, DS I (A) 69/1
dazu: Magistratsvorlage Nr. 216/07 vom 13.06.2007


Die Stadtverordnetenversammlung hat am 12.10.2006 folgenden Beschluss gefasst:

1.     Der Magistrat wird aufgefordert, der Stadtverordnetenversammlung zu berichten, wie sich die Situation bezüglich der Hauptschulabschlüsse in Offenbach aktuell darstellt. Insbesondere ist darzulegen, in wie weit die Quote von Schülerinnen und Schülern, die die Schule ohne Hauptschulabschluss verlassen, von dem Landesdurchschnitt und der Situation in vergleichbaren Kommunen abweicht und welche Maßnahmen in diesem Bereich Abhilfe schaffen könnten.

 

Hierbei soll insbesondere dargelegt werden:

 

a) wie die fördernden Maßnahmen zur Nachholung eines Hauptschulabschlusses (z. B. Start, FAUB und EIBE) umgesetzt werden und ob diese weiter intensiviert werden können,

 

b) wie sich die Zahl der Abgänger ohne Schulabschluss vergleichend an Hauptschulen und Gesamtschulen darstellt und ob eine zusätzliche Gesamtschule für Offenbach helfen könnte, die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss zu verringern,

 

c) wie der Magistrat, das Staatliche Schulamt und das Hessische Kultusministerium die Zukunft der Hauptschulen in Hessen einzuschätzen.

 

2.     Der Magistrat wird gebeten, beim Staatlichen Schulamt und dem Hessischen Kultusministerium nachzufragen, welche Konsequenzen sie aus der hohen Zahl von Schulabgängern ohne Abschluss in Offenbach ziehen.

 

 

Hierzu berichtet der Magistrat wie folgt:

 

In Offenbach kann der Hauptschulabschluss im allgemein bildenden Bereich an den Haupt- und Realschulen mit Förderstufe und den Gesamtschulen am Ende der Sekundarstufe I erworben werden. Die Ausgangsdaten basieren auf dem Schuljahr 2004/2005.

 

 

 

Anmerkung:

Die landesweiten Zahlen für das Schuljahr 2005/2006 werden erst im Frühsommer 2007 zur Verfügung stehen.

 

Schulentlassene an den Hauptschulen sowie Gesamtschulen in Offenbach ohne Hauptschulabschluss:

 

Die Quote aller Schülerinnen und Schüler, die die Sekundarstufe I in Offenbach ohne Hauptschulabschluss verlassen, beträgt:

 

Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt

 

Gegliedert nach Schulen ergibt sich folgendes Bild:

 

Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt

 

Der Landesdurchschnitt liegt bei:

 

Schulentlassene

Ohne Hauptschulabschluss

Prozent

18.281

2.882

15,76

Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt

 

Die Situation in vergleichbaren Kommunen stellt sich dar wie folgt:

 

Kommune

Schulentlassene

Ohne Hauptschulabschluss

Prozent

Frankfurt

1.475

299

20,99

Hanau

358

63

17,59

Kassel

550

108

19,63

Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt

 

Klassenfrequenz:

 

Die Schülerhöchstzahl pro Klasse beträgt für die Hauptschule 25 + 3. Die Durchschnittswerte in Offenbach betragen:

 

 

 

Jahrgangstufe 7:     21,94

Jahrgangstufe 8:     24,25

Jahrgangstufe 9:     18,81

 

Nachträglicher Erwerb des Hauptschulabschlusses (externer Abschluss):

 

Quelle: EBO 2005

 

Maßnahmen, die durchgeführt werden/zusätzlich geplant sind, um die hohe Zahl der Abgänger ohne Abschluss zu verringern:

 

Auf dem Hintergrund des Strategischen Ziels der Landesregierung, „die Zahl der Hauptschulabgänger ohne Abschluss um ein Drittel zu verringern“ haben sich die Offenbacher Schulen an der Offenbacher Hauptschuloffensive (OHO) beteiligt. Je zwei Lehrkräfte von Bachschule, Mathildenschule, Geschwister-Scholl-Schule, Edith-Stein-Schule und der Schillerschule nahmen im letzten Schuljahr und nehmen aktuell an einer Fortbildung zur Umsetzung des Strategischen Ziels III teil. In diesem Rahmen wurden für einzelne Schülerinnen und Schüler im 7./8. Schuljahr, deren Hauptschulabschluss gefährdet war, individuelle Förderpläne erstellt. Im laufenden Schuljahr werden die Förderpläne fortgeschrieben und neue Schülerinnen und Schüler wurden zur Förderung ausgewählt. Langfristiges Ziel ist, ein schuleigenes Förderkonzept zu erstellen.

 

In der gemeinsamen Verantwortung von Land und Kommune für das Schulwesen und die Verwirklichung der Bildungschancen der Kinder und Jugendlichen sollen nach den Vorstellungen des Staatlichen Schulamtes und des Schuldezernates folgende ergänzenden Vorhaben fortgeführt bzw. zusätzlich neu aufgegriffen werden:

 

Fortführung:

 

Förderung von Schülern und Schülerinnen mit Migrationshintergrund zur Erlangung des Hauptschulabschlusses

 

Es handelt sich um ein Deutsch-Förderprogramm, das die spezifischen Lernausgangslagen berücksichtigt. Die Förderung erfolgt auf der Basis eines individuellen Plans. Die Schülerinnen und Schüler müssen sich zu einer regelmäßigen Teilnahme verpflichten.

 

Kooperation mit der Stadt Offenbach und dem italienischen Bildungwerk CGIL bei der Vorbereitung von Schulentlassenen auf die Berufswelt („Jumina“)

 

Ziel ist es, ausländische Jugendliche möglichst gleich im Anschluss an einen erfolgten Schulabschluss in eine reguläre Ausbildung überzuleiten und die wichtige Partnerschaft Schule-Eltern-Betrieb intensiv zu unterstützen. Dabei werden die vom Bildungswerk im Rahmen von EQUAL-MARE erprobten Konzepte und gegründeten Arbeitsgruppen implementiert und weiter entwickelt.

 

Modellprojekt des Landes „Sprache und Integration“ (Kooperation mit Bundesagentur für Arbeit und Staatlichen Schulämtern)

 

Ein neunmonatiges Sprach-, Sozial- und Methodentraining soll junge Frauen und Männer an Hauptschulen noch während ihrer Schulzeit fördern. Die Teilnahme ist freiwillig.

Das Projekt wird an der Geschwister-Scholl-Schule und Mathildenschule durchgeführt.

 

Patenschaftsmodell Offenbach (Kooperation Jugendamt / Ev. Kirche / ProFund / Freiwilligenzentrum mit Partnern aus der Industrie)

 

Ehrenamtliche Paten betreuen Problemschüler/innen der Jahrgangsstufe 8 und 9 (Berufsvorbereitung/-orientierung, Kompetenztraining, Bewerbertraining) in enger Zusammenarbeit mit den Schulleitungen.

Das Projekt gibt es an der Bachschule, Mathildenschule und der Gewerblich-technischen Schule.

 

Schulsozialarbeit (Kooperation Jugendamt - Mathildenschule)

 

Ein wesentlicher Schwerpunkt sind Projekte zur Berufsfindung und Lebensplanung. Schüler/innen werden in der Übergangsphase von Schule in das Erwerbs- und Erwachsenenleben begleitet durch Persönlichkeitsbildung, Kompetenzerweiterung sowie durch die Erweiterung von Kenntnissen in den Bereichen Ausbildung, Berufsfelder, Bewerbung etc.

 

Angebote:

- Begleitung der Übergangsphase Schule/Beruf

- berufliche und soziale Integration von Schülern ab der Klasse 7

- präventive Angebote unter Berücksichtigung geschlechtspezifischer und
  interkultureller Probleme

 

SchuB-Klassen:

 

Mit Hilfe von SchuB (Schule und Beruf) soll eine modularisierte, auf individuelle Stärken, Neigungen und Bedürfnisse abgestimmte Berufsorientierung aufgebaut werden. Schülerinnen und Schüler, die voraussichtlich keine Chance haben, den Hauptschulabschluss zu erreichen und in der Regel überaltert und demotiviert sind, sollen in Ausbildung und Arbeit vermittelt werden.

Die SchuB-Förderung umfasst in der Regel die Jahrgangsstufen 8 und 9. In eine SchuB-Klasse werden 12 bis 15 Schüler/innen aufgenommen, die sich verpflichten müssen, auch in der Jahrgangsstufe 9 die SchuB-Klasse zu besuchen. Die Schülerinnen und Schüler nehmen am Ende der Fördermaßnahme an den zentralen Hauptschul-Abschlussprüfungen teil.

SchuB-Klassen sind an der Bachschule und Ernst-Reuter-Schule eingerichtet.

 

Ganztagesklassen

 

Schülerinnen und Schüler der Ganztagesklasse werden zusätzlich zu dem Pflichtunterricht durch eine Vielzahl von Lern- und Freizeitangeboten unterstützt und gefördert. Pflichtunterricht, Pausen, Sport, Spiel, Förderunterricht, Hausaufgabenhilfe und AG’s wechseln sich dem Arbeitsrhythmus der Kinder angepasst ab.

Ganztagesklassen sind an der Mathildenschule und der Ernst-Reuter-Schule eingerichtet.

 

Förderung an den beruflichen Schulen zur Erlangung des Hauptschulabschlusses (Fortführung):

 

FAUB:

 

Fit für Ausbildung und Beruf bietet schulmüden Jugendlichen ohne oder mit einem schwachen Hauptschulabschluss eine betriebs- und praxisnahe Alternative zum vollzeitschulischen 10. Pflichtschuljahr.

Durch einen hohen Praxisanteil soll die Motivation der Jugendlichen gefördert werden, eigene Stärken und Fähigkeiten zu erkennen, noch fehlende Kompetenzen zu erwerben, ausbildungs- und berufsreif zu werden und damit ihre Chancen auf einen Einstieg in das Berufsleben ohne „Warteschleife“ zu erhöhen.

Die Vorbereitung und der Erwerb des Hauptschulabschlusses sind möglich.

Der Übergang in eine berufliche Erstausbildung ist oberstes Ziel der Maßnahme.

 

START (Kooperation Stadt Offenbach, Bundesagentur für Arbeit, Gelbes Haus, Käthe-Kollwitz-Schule, GOAB, IB, GfW, MainArbeit/Jugendagentur):

 

Im Start Projekt werden die Jugendlichen durch produktionsorientiertes Lernen und Arbeiten auf den Übergang in Arbeit und Ausbildung vorbereitet. Sie haben die Möglichkeit, den Hauptschulabschluss nachzuholen. Produktionsbereich ist eine Küche/ Cafeteria mit einem Mittagstisch. Das Tätigkeitsfeld eröffnet exemplarische Lernfelder, die einen Übergang in Ausbildung / Arbeit unterstützen. Für die Mitarbeit im Projekt erhalten die Jugendlichen eine Vergütung.

 

EIBE:

 

Ziele von EIBE sind die Förderung des Berufseinstiegs und Vermittlung von sozialen Kompetenzen für Jugendliche meist ohne Schulabschluss, Arbeits- oder Ausbildungsplatz, dafür vielfach mit Migrationshintergrund. Dabei werden sozialpädagogische Betreuung und Praktika im Zusammenspiel von regionalen Wirtschaftsunternehmen und schulischen Fördermaßnahmen sowie projektorientiertem Lernen und Arbeiten angeboten.

 

Es handelt sich bei diesen Projekten um erfolgreiche Maßnahmen, die in Zusammenarbeit mit den beruflichen Schulen umgesetzt werden. Die beruflichen Schulen der Stadt Offenbach meldeten folgende Zahl von Hauptschulabschlüssen:

 

Quelle: Angaben der Schulen

 

Zusätzliche Maßnahmen:

 

Projekt „Kompetenzagentur“ (Kooperation Stadt Offenbach - MainArbeit GmbH, Agentur für Arbeit - Staatliches Schulamt - IB)

 

Jugendliche mit dem Merkmal „Schulabbrecher/Schulverweigerer“ sollen kompetente Ansprechpartner bekommen, die über das Know-How und das Netzwerk verfügen, ihnen schnell, unmittelbar und verlässlich Hilfe anzubieten. Die Agentur soll individuelle psychosoziale, bildungsbedingte und sozialbedingte Benachteiligungen in ein auf das Indiviuum zugeschnittenes Case-Management fließen lassen, basierend auf Kompetenzfeststellung und Bildungsplanung.

 

Projektmittel sind bewilligt.

 

Projekt: „Entwicklung und Implementierung eines Systems zur Frühprävention von Schulmüdigkeit in einer Offenbacher Hauptschule“

 

Ziel des Vorhabens ist die Entwicklung und Implementierung eines Systems zur Frühprävention von Schulmüdigkeit exemplarisch an einer Offenbacher Hauptschule mit folgenden Schwerpunkten:

 

  • frühzeitige Erkennung von Schulmüdigkeit bei Schülerinnen und Schülern der Hauptschulklassen 5 + 6
  • individuelle Förderung der von Schulmüdigkeit bedrohten Schülerinnen und Schülern
  • Stärkung der Resilienz aller Schüler/innen in den genannten Schulklassen zur Vorbeugung von Schulmüdigkeit
  • Ausbau der Zusammenarbeit zwischen Lehrer/innen, Schulsozialarbeiter/innen sowie Eltern
  • Einbeziehung der Eltern durch Elternmitarbeit insbesondere unter Berücksichtigung migrationsspezifischer Ansätze
  • Überprüfung der Nachhaltigkeit und Entwicklung eines Transferkonzeptes

 

Dieses Projekt steht unter dem Vorbehalt entsprechender Mittelbereitstellung.

 

Projekt: „Zielvereinbarungen mit den Schulen“

 

Kinder, die aufgrund persönlicher oder sozialer Probleme Kontaktschwierigkeiten oder Schulangst haben, reagieren möglicherweise mit Schuldistanz. Es ist deshalb das gemeinsame Interesse des Landes und des Schuldezernates, Risiken früh zu erkennen und diese im Einzelfall durch Veränderung des Sozialklimas in Klasse bzw. Schule oder durch innovative Schulkonzepte und Unterrichtsformen zu bearbeiten.

Mit den Haupt- und Gesamtschulen sollen 2007 auf der Basis der jeweiligen Schulkonzepte bzw. in Ergänzung derselben Festlegungen getroffen werden, mit welchen konkreten Zielen, Handlungsschritten und Maßnahmen der Schulverweigerung und des Schulversagens zusätzlich gegengesteuert werden kann.

 

Hierzu soll im Vorfeld aufgrund der spezifischen Offenbacher Bedürfnislage ein Anforderungsprofil an die Institution Schule (Mittelstufe) erarbeitet werden.

 

Der Erfolg dieses Vorhabens ist im Wesentlichen davon abhängig, dass die in der Stadt Offenbach vorherrschende Bedürfnislage und der daraus folgende Unterstützungsbedarf mit den Bedingungen an den Schulen in Einklang gebracht werden können. So soll eine erfolgreiche Weiterentwicklung der Schularbeit ermöglicht werden.

 

 

Zukunft der Hauptschule:

 

Wenn es gelingt, weiterhin eine Lehr- und Lernkultur zu pflegen und auszubauen,

-          die verstärkt auf schulische Eigenverantwortung setzt,

-           in der Lehrer/innen mehr noch als bisher  selbständiges und kooperatives Lernen fördern,

-          die Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit einräumt, Kompetenzen zu erwerben, die sie zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben befähigen,

-          in der die Schulen die notwendige Unterstützung durch das Land und den Schulträger erhalten,

dann ist die Hauptschule ein wichtiger Bildungsort zur Vorbereitung der Schüler auf die Berufswelt.

Eine schulformübergreifende oder jahrgangsübergreifende Organisationsform, in der die Schülerinnen und Schüler teils an einem gemeinsamen Unterricht, teils an einem leistungsdifferenzierten Unterricht in Kursen mit verschiedenen Anspruchsebenen teilnehmen bzw. verschieden lang in den Schulstufen verbleiben, kann sich durchaus positiv auf die Erlangung der jeweiligen Abschlüsse auswirken.

 

Das Hessische Kultusministerium sieht die Hauptschule weiterhin als wichtige Schulform im Rahmen des differenzierten Schulformangebots im Lande Hessen an. Es bestehen derzeit keine bildungspolitischen Absichten, die Hauptschule zu ersetzen. Die pädagogische Arbeit in den Hauptschulen wird durch vielfältige Unterstützungsmaßnahmen des Landes (z. B. SchuB-Klassen) gefördert und ergänzt.