Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2006 - 2011


Drucksachen-Abteilung II (A) Ausgegeben am 13.05.2008

Eing. Dat. 02.05.2008

 

Nr. 224/56

 

Dez.: I (Amt 13)

 

 

 

 

Großbildleinwände zur EM 2008 auch in Offenbach

hier: Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 06.12.2007, DS I (A) 224/1
dazu: Magistratsvorlage Nr. 113/08 vom 30.04.2008


Die Stadtverordnetenversammlung hat am 06.12.2007 folgenden Beschluss gefasst:

Der Magistrat wird beauftragt, zu prüfen und zu berichten, ob und in welchem
Rahmen „Public Viewing“ zur Fußball-Europameisterschaft 2008 in Offenbach
organisiert werden kann. Dabei sollen für die Stadt Offenbach keine Kosten
entstehen.

 

Hierzu berichtet der Magistrat wie folgt:

 

  1. Anspruch an ein Public Viewing muss sein, dass Anlage und Lokalität so dimensioniert sind, dass der Event ein qualitativer Anziehungspunkt für breite Bevölkerungsschichten wird. Das bedeutet eine Bildschirmgröße weit jenseits einer Dia-Leinwand in einem kleinen Zelt und ein attraktives Beiprogramm. Derzeit liegen für Offenbach keine Angebote vor, eine solche Anlage aufzustellen und teilweise privat zu finanzieren. Auch in anderen deutschen Städten gibt es derzeit kaum Angebote, entsprechende Anlagen ohne kommunale Beteiligung zu realisieren. 

    Auch die Angebote, die zur WM 2006 in Offenbach eingingen, hätten erhebliche Kosten für die Kommune bedeutet. Infrastruktur, Versorgung, Sicherheit und Beiprogramm waren in allen Fällen von der Stadt zu tragen. In Offenbach hatte der Veranstalter der so genannten „Südkurve“ in den Medien sein Engagement zur WM 2006 als „kostenlos“ für die Stadt propagiert. Unter Berücksichtigung des Kleingedruckten wären auf die Stadt Offenbach Kosten und Leistungen in Höhe von über 50.000 Euro zugekommen (Sicherheit, Veranstaltungsprogramm, GEMA, Absperrung, Verkehrsregelung, Strom, Wasser, Abwasser, Müll etc.).

    In Deutschland war das Projekt Public Viewing in den WM-Städten, die auch die Fans ohne Ticket angezogen haben, ein großer Erfolg. Dieses Bild hat die öffentliche Meinung geprägt. In den Nicht-WM-Orten war die Bilanz eher gemischt. Der genannte Anbieter, der damals in Offenbach den Wilhelmsplatz gemeinsam mit den Wirten belegen wollte, hat in vielen Kommunen seine Aktivitäten kurz vor dem Eröffnungsspiel abgesagt und in den Städten von der Größenordnung Offenbachs sein Engagement nach der Vorrunde abgebrochen, trotz der Spiellaune des deutschen Teams, weil die Leinwände in den europäischen Metropolen der Nationen, die das Halbfinale erreichten, besser vermietet werden konnten.

  2. In Offenbach kommt für ein ausreichend dimensioniertes Projekt nur ein Ort in Innenstadtnähe in Frage, dies ist der Wilhelmsplatz. Die Konsequenz wäre eine rund vierwöchige Verlegung des Wochenmarktes. Das Mainvorgelände wäre problematisch, da es zu weit von der Innenstadt entfernt liegt, um auch Handel und Gastronomie zu beleben. Dieses Gelände fand bei potentiellen Betreibern für die WM ebenso wenig Akzeptanz wie der Aliceplatz, der als zu klein eingeschätzt wird. Wilhelmsplatz und Mainvorgelände ständen in dieser Zeit als Parkplatz nur eingeschränkt zur Verfügung. Eine Lärmbelästigung für die Anwohner ist zu erwarten, ist aber möglich, da die Bundesregierung entsprechende Ausnahmereglungen beschlossen hat. Zudem ist die Abwasserbeseitigung am Mainufer mit besonderem Aufwand verbunden.

  3. Für den Aufbau einer Videowand vom 4. Juni 2008 bis zum Abbau am 30. Juni 2008 mit Gerüst und Beschallungsanlage liegen laut Recherche des Amtes für Öffentlichkeitsarbeit die Kosten zwischen 50.000 und 60.000 Euro. Hinzugerechnet werden müssen Kosten für die Umzäunung in Höhe von etwa 10.000 Euro. Für die Anlage ist ständig ein Techniker vor Ort notwendig, der im Hotel übernachtet. Die Kosten hierfür dürften für vier Wochen bei 10.000 Euro liegen.

    Für den Gesamtzeitraum wäre ein Sicherheitsdienst erforderlich. Die Kosten hierfür belaufen sich auf etwa 15.000 bis 20.000 Euro. Für den sanitären Bereich muss mit Ausgaben in Höhe von mindestens 7.000 Euro gerechnet werden.

    Hinzu kommen Kosten für Wasser, Strom, Abwasser und Müllentsorgung, die über 10.000 Euro liegen dürften. Weiterhin entstehen Ausgaben für Versicherung, einen Container für Personal. Seitens der Stadtverwaltung müssten ständig zwei bis drei Personen anwesend sein, um zu koordinieren und außerdem Mitarbeiter des Ordnungsamtes, der Feuerwehr, etc.

  4. Attraktiv wird das Geschehen nur, wenn rund um den Fußball ein Beiprogramm angeboten wird. Die Spiele liegen eher in den Abendstunden. Das ist von Vorteil, heißt aber pro Tag Kosten von rund dreitausend Euro für Künstler, GEMA, Verpflegung, Equipment, Techniker, etc.

  5. Die Ausgaben für einen solchen Event dürften inklusive interner Kosten weit über 100.000 Euro liegen. Die Refinanzierung ist schwierig. Zur WM hat die FIFA fremde Werbung nur zugelassen, wenn die Interessen der eigenen Sponsoren nicht tangiert waren. Der Fußballverband kann die Einhaltung dieser Vorgaben über die Zulassungsrechte für das Fernsehsignal steuern. Wenig überspitzt formuliert bedeutet die Werbebeschränkung, dass allenfalls die örtlichen Bäckereien und Fischgeschäfte Werbung über die Leinwand senden dürfen oder Banden belegen können. Die Erfahrungen während der WM zeigen, dass die Einnahmeerwartungen aus Werbung bei den Gruppen die übrig bleiben, nur sehr vorsichtig angesetzt werden können.

    Umgekehrt - und wie bei der WM die FIFA - gibt auch die UEFA, die die EM ausrichtet, das Signal nur dann ohne Berechnung ab, wenn die Veranstaltung nicht gewerblich ist. Das bedeutet, dass eigentlich keine Werbeeinnahmen möglich sind. Kommen Werbung und Stände hinzu müsste auch das Fernsehsignal gezahlt werden.

  6. Einnahmen in Höhe von etwa 50.000 Euro könnten über das Betreiben von Ständen für Catering erzielt werden. Es ist aber wenig erfolgversprechend vorab ausschließlich auf einen Festpreis zu bestehen, da die Betreiber das Risiko vorher nicht abschätzen können. Ein Mix aus Vorkasse und Umsatzprovision wäre wahrscheinlich, aber auch ein erhebliches Risiko für den Veranstalter Stadt Offenbach.

  7. Sollte eine Entscheidung für ein Public Viewing in Offenbach getroffen werden, müssten 100.000 Euro im Haushalt zur Verfügung gestellt werden, da die Ausgaben vorab fällig werden und die Einnahmen erst zur EM realisiert werden können. Es ist mit einer Unterdeckung von etwa 50.000 Euro zu rechnen.

  8. Zur Fußball-WM 2006 wurde in Offenbach aus Kostengründen kein Public Viewing angeboten. In Frankfurt am Main gab es in der Innenstadt und am Mainufer (Video-Leinwand auf dem Main) entsprechende Events, insbesondere wegen des Titels „WM-Stadt“ und „WM-Austragungsort“. Für die EM soll es, eben auch aus Kostengründen, einen reduzierten Event gegenüber 2006 geben. Die Entscheidung steht noch aus.

    • Für Fußballinteressierte gibt es in der Gastronomie ausreichende Angebote auf Großbildschirmen das Programm zu verfolgen. Großleinwände standen zur WM im Freien in der Gastronomie im ehemaligen Hafen. Eine EM in den Gaststuben und Biergärten dient der heimischen Gastronomie. Ein zentrales Public Viewing würde insbesondere die Betriebe außerhalb des Veranstaltungsortes treffen.