Vereinbarung

gem. § 3 Absatz 6

des hessischen Eigenbetriebsgesetzes (EigBGes)

 

 

 

zwischen

 

der Stadt Offenbach am Main,

vertreten durch den Magistrat,

 

(nachfolgend bezeichnet als “Kommune)

 

 

und

 

dem Eigenbetrieb MainArbeit – Kommunales Jobcenter Offenbach,

vertreten durch den Geschäftsführer

 

(nachfolgend bezeichnet als “Jobcenter“)

 

 

 

 

 

 

über die Wahrnehmung der

Aufgaben der Wohnraumhilfe des Sozialamtes

nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II)

 


PRÄAMBEL

 

Die Stadt Offenbach hat schon in der Vergangenheit im Rahmen der Kooperationsvereinbarung vom 01.04.06 mit der bis 31.12.2010 zuständigen Arbeitsgemeinschaft gem. § 44b SGB II, der MainArbeit GmbH, die Bearbeitung von Anträgen auf Übernahme von Miet- und Energieschulden von in Offenbach wohnenden Personen mit Leistungsanspruch nach dem SGB II durch die Wohnraumhilfe des Sozialamtes wahrgenommen.

 

Artikel 1 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 03.08.10, BGBl I Nr.41, 1112, hatte dann mit Änderung des § 44 b SGB II für die Zeit ab dem 01.01.11 zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung Bildung einer gemeinsamen Einrichtung und Wahrnehmung der Aufgaben nach dem SGB II durch diese gemeinsame Einrichtung vorgesehen, deren Träger gem. § 6 SGB II die Bundesagentur für Arbeit und die kreisfreien Städte und die Landkreise waren. Die Kommune war dabei auch zuständiger Träger für Leistungen zur Bedarfsdeckung für Unterkunft und Heizung, also Aufgaben nach § 22 SGB II. Die Regelungen in § 22 Absatz 8 und 9 SGB II ermöglichten hierbei die Gewährung von Leistungen zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage, auch nachdem das Amtsgericht die Erhebung einer Räumungsklage dem zuständigen Träger nach dem SGB II mitteilt.

 

Das SGB II sah die Möglichkeit vor, durch einvernehmlichen Beschluss der Trägerversammlung „einzelne Aufgaben“ der gE durch die Träger wahrnehmen lassen kann (§ 44b Abs. 4 SGB II). Die Trägerversammlung konnte einvernehmlich entscheiden, die Aufgaben der Wohnraumhilfe durch den kommunalen Träger erbringen zu lassen.

 

Für das Jahr 2011 wurde zur Fortführung der Aufgabenwahrnehmung einer Wohnraumhilfe im Sozialamt der Stadt eine solche neue Vereinbarung geschlossen.

 

Da auch für die Zeit ab 1.1.2012 die Wohnraumhilfe des Sozialamtes für Leistungsempfänger nach dem SGB II fortgeführt werden soll, ist nunmehr eine Vereinbarung des Eigenbetriebs mit der Stadt auf der Grundlage des hessischen Eigenbetriebsgesetzes erforderlich.

 


 

 

§ 1 Umfang der Aufgabenwahrnehmung

(1)     Die Kommune erbringt die Leistungen für Wohnraumhilfen nach § 22 Absatz 8 und 9 SGB II in eigenem Namen. Die gesetzlichen Kompetenzen des Jobcenters für die Beurteilung des grundsätzlichen laufenden Bedarfs an Leistungen der Unterkunft und Heizung oder des Regelbedarfs nach dem SGB II bleiben dabei unberührt.

 

(2)     Die Aufgaben für Wohnraumhilfen werden in vollem Umfang durch den kommunalen Träger wahrgenommen, einschließlich der Gewährung und Rückforderung von Darlehen und Leistungen bei rechtshängig gewordenen Räumungsklagen.

 

§ 2 Organisation und Information der Leistungsberechtigten

(1)     Die Wohnraumhilfe des Sozialamtes der Stadt Offenbach am Main ist die zentrale Beratungs- und Hilfestelle für Offenbacher Bürger und Bürgerinnen, die Miet- und/oder Energiezahlungsrückstände haben und ist zentrale Ansprechpartnerin für Dritte, wie Vermieter, Vermietergesellschaften, Amtsgericht, Gerichtsvollzieher, Ordnungsamt, Jugendamt, Beratungseinrichtungen, Schuldnerberatungen, EVO, Polizei, AG Sozialleistungsbetrug etc. (im Folgenden: Wohnraumhilfe)

 

(2)     Die Leistungen der Wohnraumhilfe nach § 22 SGB II sind antragsabhängig. Die Information über das Vorliegen eines Miet- und/oder Energiezahlungsrückstandes kann zunächst formlos, schriftlich oder mündlich der Wohnraumhilfe übermittelt werden, z.B. durch Mieter, Vermieter, die Zentrale Beratungs- und Servicestelle, Sachgebiete des Sozialamtes, des Jobcenters, Amtsgericht, Beratungsstellen etc.

Nach Kenntniserlangung eines Zahlungsrückstands durch die Wohnraumhilfe erhält der Zahlungsschuldner/die Zahlungsschuldnerin eine schriftliche Einladung zu einem Beratungs- und Antragsaufnahmegespräch.
In diesem Gespräch werden sämtliche für die Entscheidung relevanten Informationen, Unterlagen, Daten und Fakten gesammelt und eine Prüfung der Leistungsvoraussetzungen vorgenommen. Dabei steht die Unterstützung der Rat- und Hilfesuchenden bei der eigenständigen Problemlösung im Vordergrund. Eine Inanspruchnahme öffentlicher Mittel findet nur nachrangig und nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten der Abwendung von Forderungen statt. Die Prüfung dieser vorrangigen Möglichkeiten ist zu dokumentieren. 


Sollte kein Bescheid des Jobcenters über Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II vorliegen, ist bei Vorliegen der Anspruchsgrundlagen auf entsprechende Antragstellung beim Jobcenter hinzuwirken.

Die Wohnraumhilfe  unterrichtet den/die jeweils zuständigen/e Mitarbeiter/in des Jobcenters über den Fall und einen evtl. gegebenen besonderen Beratungsbedarf. 

 

 (3)    Werden Leistungen bewilligt, erfolgt die Überweisung des Miet- oder Energierückstandes direkt an den Gläubiger/die Gläubigerin mit entsprechender  Information.

 

(4)     An den Antragsteller/die Antragstellerin ergeht ein schriftlicher Bescheid. Die Sachgebiete für passive Geldleistungen des Jobcenters werden ebenfalls schriftlich über die Entscheidung in Kenntnis gesetzt, damit künftige Zahlungen direkt an den Vermieter/die Vermieterin und/oder  das Energieversorgungsunternehmen  überwiesen werden.

 

(5)     Nach positivem Leistungsbescheid erfolgt Sollstellung und Information des Kassen- und Steueramtes zwecks Überwachung der Darlehenstilgung.

 

(6)     Im Sinne der Nachhaltigkeit wird zur Sicherung des Mietverhältnisses auch nach positivem Leistungsbescheid und Abschluss des Vorganges durch die Wohnraumhilfe auf die Möglichkeit einer nachgehenden Beratung im Jobcenter hingewiesen.

Wurde ein negativer Leistungsbescheid erlassen, werden alternative Beratungsangebote vorgehalten und Hilfestellungen bei der Anmietung anderen Wohnraums angeboten.

 

(7)     Detaillierte Verabredungen und Verfahrensabsprachen mit dem Jobcenter werden auf Arbeitsebene getroffen und eingehalten.

 

§ 3 Leistungserbringung

 (1)    Das Jobcenter entscheidet über die nicht in § 1 Abs. 2 genannten Leistungen unter Anrechnung von Einkommen und Vermögen. Der Bewilligungs- bzw. Ablehnungsbescheid enthält Informationen über das anrechenbare Einkommen und Vermögen aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sowie die Kunden- und Bedarfsgemeinschaftsnummer nach § 51a SGB II. Dem Bescheid des Jobcenters ist zu entnehmen, ob Arbeitslosengeld II abgelehnt wurde, weil die Hilfebedürftigkeit durch Kinderzuschlag oder Wohngeld vermieden wurde. In diesen Fällen werden keine Leistungen für Wohnraumhilfe nach dem SGB II gewährt.

 

(2)     Die Kommune entscheidet über die in § 1 Abs. 2 genannten Leistungen dem Grund und der Höhe nach durch Verwaltungsakt im eigenen Namen unter Verwendung der Kunden- und Bedarfsgemeinschaftsnummer nach § 51a SGB II. Er ist dabei an die Feststellungen des Jobcenters zur Hilfebedürftigkeit und die damit verbundene Einkommensanrechnung gebunden. Ist danach weiteres anrechenbares Einkommen und Vermögen vorhanden, berücksichtigt die Kommune dieses gem. § 19 Abs. 3 SGB II.

 

(3)     Liegt noch keine Entscheidung des Jobcenters im Sinne des Absatzes 1 vor, weist die Kommune den Leistungsberechtigten auf die Notwendigkeit eines vorherigen Arbeitslosengeld II-Antrags beim und Entscheidung durch das Jobcenter hin. Soweit im Rahmen der Antragstellung für Leistungen für Wohnraumhilfe Änderungen der Einkommensanrechnung geltend gemacht werden, ist eine erneute Entscheidung des Jobcenters über die mit einem Anspruch auf Arbeitslosengeld II verbundene Hilfebedürftigkeit herbeizuführen.

(4)     Bei einer Entscheidung über Einmalleistungen nach § 24 SGB II ist das Jobcenter an die bei der Bewilligung von Leistungen für Wohnraumhilfe vorgenommene Einkommensanrechnung gebunden.

 

(5)     In Fällen, in denen ein Ablehnungsbescheid des Jobcenters vorliegt, aber noch nicht über einen Wohngeldanspruch entschieden wurde, wirkt die Kommune darauf hin, dass ein Wohngeldantrag gestellt wird. Wird dieser positiv beschieden, erfolgt die Zahlung von Leistungen für Wohnraumhilfe nicht nach dem SGB II.

 

§ 4 Datenübermittlung und Datenschutz

(1)     Die Vertragsparteien teilen sich im Rahmen der gesetzlichen Datenübermittlungsvorschriften alle Tatsachen mit, die für die Aufgabenerfüllung des Vertragspartners erforderlich sind, insbesondere

  1. informiert die Kommune das Jobcenter über die Bewilligung von Leistungen für Wohnraumhilfe;
  2. stellen die Vertragsparteien sicher, dass im Fall der Beantragung von Einmalleistungen nach § 24 Abs. 3 SGB II die für die Entscheidung notwendigen Informationen ausgetauscht werden.

 

(2)     Die Vertragspartner gewährleisten den Schutz der Sozialdaten. Sie stellen durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen sicher, dass die Daten richtig, vollständig und zeitnah übermittelt werden.

(3)     Für die Erhebung und Verarbeitung von Daten zu Zwecken der Statistik gilt § 8.

 

§ 5 Widerspruchsbehörde

Für die Entscheidungen über die in § 1 Abs. 2 genannten Leistungen ist die Kommune zuständige Widerspruchsstelle nach § 85 Abs. 2 S. 2 erster Halbsatz SGG.

 

§ 6 Zweckausgaben

(1)      Die Zweckausgaben der Wohnraumhilfe trägt das Jobcenter.

(2)      Die Wohnraumhilfe veranlasst die Auszahlung direkt zu Lasten des Eigenbetriebes.

 

§ 7 Verwaltungskosten

(1)     Durch die Erbringung der Leistungen der Wohnraumhilfe nach dem SGB II entstehende Verwaltungskosten sind Teil der Gesamtverwaltungskosten des Jobcenters.

(2)     Die Vertragsparteien verständigen sich auf den Einsatz der folgenden Verwaltungsmittel für die Aufgabenwahrnehmung von Leistungen der Wohnraumhilfe beim kommunalen Träger:

Die Wohnraumhilfe stellt dem Jobcenter Arbeitskapazitäten im Umfang von 2 Sachbearbeitungsvollzeitstellen A 10 / TVöD 9 zur Verfügung, denen beim Jobcenter ein fester Ansprechpartner für organisatorische und grundsätzliche Fragen zur Verfügung gestellt wird. Die entsprechenden Personalkosten werden einschließlich aller Arbeitgeberleistungen, Personalnebenausgaben, Versorgungsrückstellungen, Pauschalen für Beihilfen  vom Jobcenter nach Abrechnung erstattet.

(3)     Die Kommune stellt dem Jobcenter einmal pro Quartal eine Rechnung über die Verwaltungskosten und reicht zahlungsbegründende prüffähige Unterlagen ein. Hierbei werden nur die Verwaltungskosten für die Umsetzung der Leistungen der Wohnraumhilfe nach dem SGB II abgerechnet.

 

§ 8 Datenerhebung und -verarbeitung für die Grundsicherungsstatistik

(1)     Im Umfang der Aufgabenwahrnehmung nach § 1 Abs. 2 trifft die Kommune die Verpflichtung zur Datenerhebung und Übermittlung an das Jobcenter zur Datenverarbeitung nach § 51b SGB II.

(2)     Die Kommune erfasst im Einzelfall die Daten in der Bearbeitungssoftware des Jobcenters und übermittelt unter Angabe der Bedarfsgemeinschafts- bzw. Kundennummer gem. § 51a SGB II in Form einer Bescheidkopie an das Jobcenter. Dabei sind nur Fälle mit einer Anspruchsgrundlage nach SGB II zu erfassen.

 (3)    Der weitere Umfang der Datenübermittelung richtet sich nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 der Verordnung zur Erhebung von Daten nach § 51b SGB II vom 12. August 2010 (BGBl. I S. 1150), geändert durch Artikel 9 des Gesetzes vom 24. März 2011 (BGBl. I S. 453). Danach sind insbesondere Daten über die Widerspruchs- und Klageverfahren im Rahmen der Aufgabenübertragung nach § 1 Abs. 2 zu übermitteln.

 (4)    Die Kommune hat die technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Sicherstellung einer richtigen, vollständigen und zeitnahen Datenerfassung nachzuweisen.

 

 § 9 Inkrafttreten, Vereinbarungsdauer, Vereinbarungsanpassung, Kündigung

(1)     Die Vereinbarung tritt nach Genehmigung der Gemeindevertretung gemäß § 3 Absatz 6 EigBGes mit Wirkung zum 01.01.12 in Kraft und kann mit einer 6-monatigen Frist zum Ende eines Jahres gekündigt werden, erstmals zum 31.12.2012.

(2)     Die Vertragsparteien haben das Recht, einmal jährlich eine Anpassung der Vereinbarungen in § 7 wegen eines geänderten personellen Einsatzbedarfes oder aus anderen Gründen geltend zu machen. Können die Parteien sich nicht auf eine Änderung einigen, bleibt es bei der getroffenen Vereinbarung und es kann Kündigung gem. Absatz 1 ausgesprochen werden. Im Übrigen haben die Vertragsparteien das Recht zur außerordentlichen Kündigung der Vereinbarung aus wichtigem Grund.

 

§ 10 Schriftformerfordernis

Diese Vereinbarung unterliegt dem Schriftformerfordernis. Änderungen, Ergänzungen, Kündigungen und Aufhebungen bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

 

§ 11 Schlussbestimmungen

(1)     Sollten eine oder mehrere Bestimmungen dieser Vereinbarung oder Teile von ihr unwirksam sein oder werden, ist im Zweifel anzunehmen, dass die Vereinbarung im Übrigen weiter gültig ist. Anstelle der unwirksamen Bestimmung werden die Vertragsparteien dann eine solche vereinbaren, die wirksam ist und dem ursprünglich Gewollten möglichst nahe kommt. Die Regelungen über die ergänzende Vertragsauslegung bleiben unberührt.

(2)     Bei Änderungen von Gesetzen und Verordnungen sowie bei Änderungen der Trägerschaft infolge von Gebietsreformen, die sich auf diese Vereinbarung auswirken, werden in angemessener Frist Verhandlungen über eine notwendige Anpassung aufgenommen. Sofern eine Vereinbarung über eine notwendige Anpassung nicht zustande kommt, liegt ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung vor.

 

 

Offenbach am Main, den

 

 

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für die Stadt:

für den Eigenbetrieb/ Jobcenter MainArbeit

 

 

 

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Horst Schneider, Oberbürgermeister

 

 

 

 

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Michael Beseler, Stadtkämmerer

Matthias Schulze-Böing, Geschäftsführer des Jobcenters