Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2011 - 2016

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2011-16/DS-II(A)0048Ausgegeben am 02.09.2013

Eing. Dat. 29.08.2013

 

 

 

 

 

Inklusive Schulen in Offenbach

hier: Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 08.12.2011,

2011-16/DS-I(A)0121/1)

dazu: Magistratsvorlage Nr. 309/13 (Dez. III; Amt 40) vom 28.08.2013

 

 

Die Stadtverordnetenversammlung hat am 08.12.2011 folgenden Beschluss gefasst:

 

Die Stadtverordnetenversammlung setzt sich aktiv für die kontinuierliche Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention an Offenbacher Schulen ein.

Der Magistrat wird aufgefordert, zu prüfen und zu berichten, welche räumlichen  und sächlichen Vorkehrungen an den Offenbacher Schulen getroffen werden müssen, um Barrierefreiheit zu gewährleisten und die Ausstattung für besondere Förderbedarfe anzubieten zu können.

Der Magistrat wird aufgefordert, die notwendigen personellen Voraussetzungen  in Zusammenarbeit mit den Schulen der Grund- und Sekundarstufe und der Staatlichen Schulaufsicht zu klären und der Stadtverordnetenversammlung darüber zu berichten.

Der Magistrat wird beauftragt, einen Aktionsplan zur Entwicklung inklusiver Schulen in Offenbach zu entwickeln und mit der Landesregierung über die Bereitstellung der zur Umsetzung notwendigen Ressourcen durch das Land zu verhandeln.

Die Fortschritte bei der Inklusion sind in den jährlichen Erziehungs- und Bildungsbericht (EBO) aufzunehmen. Es soll dort ebenfalls dargestellt werden, wie hoch die Anzahl der von Eltern gestellten Anträge zur Inklusion in Offenbach ist. Ebenso die Zahl der Ablehnung von Anträgen.

 

 

Hierzu berichtet der Magistrat wie folgt:

 

Absatz 2:

Der Magistrat wird aufgefordert, zu prüfen und zu berichten, welche räumlichen und sächlichen Vorkehrungen an den Offenbacher Schulen getroffen werden müssen, um Barrierefreiheit zu gewährleisten und die Ausstattung für besondere Förderbedarfe anbieten zu können.

 

 

Antwort:

Die Barrierefreiheit öffentlicher Einrichtungen ist gemäß § 46 Hessischer Bauordnung herzustellen. Die Umsetzung erfolgt bei den Schulen, bei denen diese Anforderungen bei der vorhandenen Bebauung mit einem verhältnismäßigen Aufwand erfüllt werden können, durch die auf dem Grundsatzbeschluss vom 22. März 2007 (DS I (A) 131) basierenden Sanierungs- und Erweiterungsmaßnahmen. Im Rahmen der Sanierungsarbeiten werden neben der Erreichbarkeit mit Rampen/Aufzügen und den erforderlichen Sanitäreinrichtungen auch entscheidende Verbesserungen der Raumakustik vorgenommen.

 

Bei ergänzenden Gesprächen der Fachämter bzgl. Wegweisung innerhalb der Schulen wurde auch das Anbringen von taktilen Zeichen an markanten Punkten vom Stadtschulamt erbeten, um sehbeeinträchtigten Menschen die Orientierung zu erleichtern.

 

Im Zuge der fortschreitenden Inklusionsdebatte hat das Stadtschulamt das Standardraumprogramm für Neu- und Erweiterungsbauten um einen „Raum für Inklusion“ erweitert. Dessen Einrichtung und Ausstattung muss an die spezifischen Anforderungen, die die Inklusion unterstützen, angepasst werden. Zusätzlich erforderlich sind Differenzierungsräume, um die Klassen in besonderen Situationen teilen zu können. Auf die Erfordernisse des differenzierenden Unterrichts ist das Standardraumprogramm abgestimmt. Im Sanierungsfall muss die Realisierung dieser Flächen erfolgen.

Bislang wurde die Ausstattungsanpassung bzw. Hilfsmittelbereitstellung auch schon im Rahmen des sog. „gemeinsamen Unterrichts“ angewendet. Die Stadt stellt die für den jeweiligen Förderbedarf notwendige Einrichtung und Ausstattung ggf. gemeinsam mit dem LWV Hessen oder dem örtlichen Träger der Sozialhilfe zur Verfügung. Von letzterem werden auch die Integrationshelfer bewilligt, die als individuelle Eingliederungshilfe den betroffenen Schülerinnen und Schülern zur Seite gestellt werden können.

 

Das Stadtschulamt wird an der Arbeitsgruppe „Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen“ unter der Federführung des Amts für Stadtplanung, Verkehrs- und Baumanagement mitarbeiten, um die nach dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 01. März 2012 (DS I(A) 0159) erforderliche Umsetzung des Hessischen Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen auf der kommunalen Ebene vorzubereiten.

 

 

Absatz 3:

Der Magistrat wird aufgefordert, die notwendigen personellen Voraussetzungen in Zusammenarbeit mit den Schulen der Grund- und Sekundarstufe und der Staatlichen Schulaufsicht zu klären und der Stadtverordnetenversammlung darüber zu berichten.

 

Antwort:

Die Klärung des erforderlichen Personalbedarfs kann erst im Rahmen der Einschulung bzw. dem Übergang in die Sekundarstufe ermittelt werden. Das Staatliche Schulamt für den Landkreis Offenbach und die Stadt Offenbach am Main teilte mit, dass momentan leider die von uns erbetenen Daten zur inklusiven Beschulung auf Grund geltender Erlassregelungen nicht übermittelt werden können. Ferner wurde mitgeteilt, dass eine Anfrage zur Datenfreigabe an das Hessische Kultusministerium gestellt wurde. Die positive Entscheidung steht aber noch aus.

 

Vom Sozialamt bzw. dem Jugendamt (im Falle von sozial-emotionaler Beeinträchtigung) wurden die beantragten kommunalen Personalressourcen (Integrationshelfer) gewährt. Von der zuständigen Abteilung des Jugendamts wurden in drei Fällen seelischer Behinderung Integrationshelfer bewilligt.

 

Im Rahmen der Eingliederungshilfe nach dem Zwölften Sozialgesetzbuch sind durch den örtlichen Träger der Sozialhilfe für behinderte oder für von Behinderung bedrohte Kinder auch die Hilfen zur angemessenen Schulbildung zu gewähren. Hierunter fallen unter anderem auch Integrationshelfer. Diese werden im Einzelfall bei festgestellter Notwendigkeit für den einzelnen Schüler im erforderlichen Umfang (in der Regel während der regulären Schulzeit) gewährt.

 

Grundsätzlich sind alle Formen der Behinderungen bei Kindern zu berücksichtigen. Lediglich rein seelisch behinderte Kinder fallen unter die Zuständigkeit des Achten Sozialgesetzbuches und somit in die Entscheidungsfindung des Jugendhilfeträgers. Alle mehrfachbehinderten Kinder, alle rein körperlich und alle rein geistig behinderten Kinder sind grundsätzlich anspruchsberechtigt nach dem Zwölften Sozialgesetzbuch.

 

Die Hilfe zur angemessenen Schulbildung ist unabhängig von Einkommen oder Vermögen zu gewähren. Sofern nach Prüfung des Einzelfalles ein Anspruch auf Gewährung eines Integrationshelfers (individuelle Schwerstbehindertenbetreuung) besteht, sind die Kosten durch den Sozialhilfeträger ohne Anrechnung von Einkommen oder vorhandenen Vermögens zu gewähren.

Nach dem Zwölften Sozialgesetzbuch wurden Im Bereich der Hilfe zur angemessenen Schulbildung 67 Kindern Integrationshelfer für den Schulbesuch bewilligt.

 

 

Absatz 4:

Der Magistrat wird beauftragt, einen Aktionsplan zur Entwicklung inklusiver Schulen in Offenbach zu entwickeln und mit der Landesregierung über die Bereitstellung der zur Umsetzung notwendigen Ressourcen durch das Land zu verhandeln.

 

Antwort:

Der Schul- und Sozialdezernent verfolgt das Ziel, inklusive Beschulung in Offenbach ohne Einschränkungen zu ermöglichen.

 

Ein möglicher Aktionsplan zur Entwicklung inklusiver Schulen betrifft aus unserer Sicht drei Bereiche:

 

1. Den baulichen Bereich im Zuständigkeitsbereich der Kommune.

2. Den Bereich der Personalressourcen im Zuständigkeitsbereich der Kommune in Form von Integrationshelfern.

3. Den Bereich der Personalressourcen im Zuständigkeitsbereich des Landes in Form von Förderstunden.

 

1. Der bauliche Bereich im Zuständigkeitsbereich der Kommune:

Aus der anliegenden Tabelle sind die Förderschwerpunkte zu ersehen, die an den Schulen in Offenbach inklusiv beschult werden können, ohne dass besondere Vorkehrungen notwendig sind. In dieser Tabelle wird auch auf die Barrierefreiheit eingegangen. Die Barrierefreiheit stellt für Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt „körperliche und motorische Entwicklung“ (kmE) und den mehrfach schwerstbehinderten Schülerinnen und Schülern die auch dem Förderschwerpunkt „geistige Entwicklung“ zugerechnet werden eine der Voraussetzungen dar, um den Schulbesuch gelingend gestalten zu können. Die Abarbeitung des Schulbausanierungsprojekts ist noch nicht abgeschlossen. Deshalb ist es sinnvoll - gemeinsam mit dem Staatlichen Schulamt für den Landkreis Offenbach und die Stadt Offenbach am Main - für diesen Förderschwerpunkt Schwerpunktstandortschulen für die inklusive Beschulung zu benennen. Die inklusive Beschulung in den Förderschwerpunkten Sprachheilförderung, emotionale und soziale Entwicklung, Sehen, Hören, Lernen und geistige Entwicklung (mit Einschränkung bei Schülerinnen und Schülern mit zusätzlichen körperlichen Beeinträchtigungen) kann, wie eingangs erwähnt, in der Regel ohne besondere bauliche Erfordernisse der Barrierefreiheit, in den Schulhäusern der Stadt verwirklicht werden.

 

In der Tabelle sind die Schulen, in der die Barrierefreiheit im Sinne des § 46 HBO bereits verwirklicht ist, grau hinterlegt. Insbesondere an einigen Grundschulen ist eine teilweise Barrierefreiheit gegeben, dies gilt immer dort, wo Klassenräume im Erdgeschoss vorhanden sind und keine Treppen überwunden werden müssen, um in diese Unterrichtsräume zu gelangen. Es bedeutet nicht, dass alle Schulräume ohne fremde Hilfe erreicht und benutzt werden können.

Schwerpunktstandortschulen für Förderschwerpunkt „körperliche und motorische Entwicklung“ sind:

 

Schulform

Schule

Grundschule

Beethovenschule

 

Grundschule Buchhügel

 

Waldschule Tempelsee

Integrierte Gesamtschule

Edith-Stein-Schule

Grund-, Haupt- und Realschule mit Förderstufe

Ernst-Reuter-Schule

Berufliche Schulen

Gewerblich-technische Schulen

Gymnasium

Rudolf-Koch-Schule

 

Eingeschränkt nutzbar sind folgende Schulen:

Schulform

Schule

Grundschule

Friedrich-Ebert-Schule

 

Humboldtschule

 

Lauterbornschule

 

Schule Bieber, Ottersfuhrstraße ab 2014

Integrierte Gesamtschule

Geschwister-Scholl-Schule

Berufliche Schulen

Theodor-Heuss-Schule

 

Die Prioritätenliste der Schulbausanierung stellt zugleich auch den Aktionsplan zur Entwicklung inklusiver Schule (in baulicher Hinsicht) dar, da die Barrierefreiheit herzustellen ist, um die Schülerinnen und Schüler mit Förderschwerpunkt „körperliche und motorische Entwicklung“ flächendeckend einzubeziehen.

Zusätzliche apparative Ausstattungen und die angepasste Ausgestaltung der Lern­umwelt werden weiterhin auf der Basis der Empfehlungen der Fachberater und in Absprache mit dem LWV individuell vorgenommen. Ein „Aktionsplan“ ist hier daher nicht möglich, lediglich der erklärte Wille, dies von Seiten der Stadt positiv zu begleiten, um das Ziel der inklusiven Beschulung umzusetzen.

 

2. Der Bereich der Personalressourcen im Zuständigkeitsbereich der Kommune in Form von Integrationshelfern:

Bei der Bereitstellung von Integrationshelfern handelt es sich um individuelle Leistungen der Eingliederungshilfe für die betroffenen Schülerinnen und Schüler, die pflegerische Leistungen übernehmen, Defizite ausgleichen helfen oder bei Schülerübungen unterstützen. Es handelt sich nicht um „Hilfspädagogen“, die die Schule unterstützen.

 

Insgesamt erhalten 67 Kinder diese Leistung. Bis zum heutigen Datum erfolgte keine Ablehnung bezüglich der Individuellen Schwerstbehindertenbetreuung. Das übergeordnete Ziel, inklusive Beschulung in Offenbach ohne ernsthafte Einschränkungen zu ermöglichen, wird damit vollständig verwirklicht. Ein „Aktionsplan“ ist daher nicht nötig, da wir das politische Ziel bereits zu 100% erfüllen.

 

Es liegen z. Zt. keine aktuellen Anträge vor, d. h. es gibt z. Zt. keinen Rückstand. Die Erfahrung aus der Vergangenheit lässt uns aber wissen, dass wir mit Beginn des Schuljahres 20013/2014 mit einer erhöhten Anzahl von Anträgen rechnen müssen. Ein Verfahren vor dem Landes- oder Bundessozialgericht haben wir nicht.  

 

 

3. Der Bereich der Personalressourcen im Zuständigkeitsbereich des Landes in Form von Förderstunden:

Die Darstellung von Personalressourcen des Landes in einem Aktionsplan ist mit dem Anspruch auf Präzision nicht sinnvoll leistbar, da die notwendige Handhabe dazu fehlt und die Ressourcengewährung an die Klassenbildung bzw. betroffenen Schülerinnen und Schüler gebunden sind, die jährlich wechseln kann. Als weiterer Faktor kommt noch der bei dem betroffenen Kind festgestellte Charakter des Förderbedarfs hinzu. Deshalb ist eine einfache Gegenüberstellung alt/neu nicht möglich, da es sich um Ressourcen mit schülerindividuellem Bezug handelt.

 

Da vom Staatlichen Schulamt für den Landkreis Offenbach und die Stadt Offenbach am Main keine Daten verfügbar waren, hat das Stadtschulamt die Offenbacher Schulen direkt angefragt. Auf diese Anfrage haben 15 von 27 Schulen geantwortet. An 14 Schulen werden 76 Schülerinnen und Schüler inklusiv beschult (Da nicht alle inklusiv beschulten Schülerinnen und Schüler einen Integrationshelfer benötigen, entspricht diese Zahl nicht der Zahl von 67 Kindern, denen ein Integrationshelfer zur Verfügung steht). Wenige Schulen halten die zur Verfügung stehenden Förderstunden für ausreichend. In der Regel werden vier Stunden je Betroffenem zugestanden. Dies ist in den Augen der meisten Schulen nicht genug, viele sehen einen durchschnittlichen Förderbedarf von 10 Stunden pro Schülerin und Schüler. Allerdings betonten die Schulen auch, dass die Förderung insgesamt nun wesentlich besser möglich ist als vor der Einführung der Inklusion an hessischen Schulen.

 

Allerdings ist die „besondere Offenbacher Situation“ zu berücksichtigen: Die Offenbacher Schulen stehen vor der Situation, dass sie bereits schon ohne die Bewältigung der Aufgabenstellung der „inklusiven Beschulung“ erheblich zur Integration der Wohnbevölkerung beitragen. In den meisten Offenbacher Schulen werden Kinder und Jugendliche aus sehr vielen Nationalitäten, mit unterschiedlichen Bildungsvoraussetzungen (Analphabeten bis Hochbegabte) und aus differenziertesten sozialen Milieus zusammengefasst und gemeinsam gebildet.

 

In diesem Sinne sind die Ausführungen im vorliegenden Bericht nicht als Aufforderung an die vorhandenen Lehrkräfte miss zu verstehen. Wir dürfen nicht die Arbeitsfähigkeit und die (z. T. prekäre) Funktionsfähigkeit der Schulen gefährden, indem wir ihnen gegenüber den Erwartungsdruck erhöhen.

 

Vielmehr bleibt die Kommune mit den Schulen und dem Staatlichen Schulamt für den Landkreis Offenbach und die Stadt Offenbach am Main im Austausch. Sollten die Landesressourcen nicht im erforderlichen Umfang gewährt werden, wird die Stadt die ausreichende Ausstattung beim Hessischen Kultusministerium einfordern.

 

 

Absatz 5:

Die Fortschritte bei der Inklusion sind in den jährlichen Erziehungs- und Bildungsbericht (EBO) aufzunehmen. Es soll dort ebenfalls dargestellt werden, wie hoch die Anzahl der von Eltern gestellten Anträge zur Inklusion in Offenbach ist. Ebenso die Zahl der Ablehnungen von Anträgen.

 

Antwort:

Es ist vorgesehen, dass Daten zur inklusiven Beschulung in dem EBO aufgenommen werden.

Anlage