Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2011 - 2016


2011-16/DS-I(A)0711Ausgegeben am 06.05.2015

Eing. Dat. 06.05.2015

 

 

 

 

 

Änderungen beim Gesetzentwurf des Kommunalen Finanzausgleichs (KFA) einfordern

Dringlichkeitsantrag SPD, B´90/Die Grünen und FW vom 06.05.2015

 

 

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Der Magistrat wird aufgefordert, bei der Landesregierung für folgende Änderungen am vom hessischen Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf für einen neuen kommunalen Finanzausgleich (E-FAG 2016) einzutreten:

 

1.    Auch zukünftig muss das Prinzip „Mehreinnahmen der Stadt Frankfurt nützen den anderen kreisfreien Städten“ gelten. Es muss im Gesetzestext eine Regelung gefunden werden, welche die vier weiteren kreisfreien Städte vor negativen Folgen hoher Gewerbesteuereinnahmen der Stadt Frankfurt rechtssicher schützt.

 

2.    Die Leistungen der Stadt Offenbach für die Region (Stichwort „Eintritts- und Integrationsbezirk“ für die gesamte Rhein-Main-Region) sind besser zu würdigen.

 

3.    Zusätzliche Mittel, die vom Bund zur Entlastung der Kommunen von bestimmten Aufgaben zur Verfügung gestellt werden, müssen auch bei den Kommunen ankommen. Im neuen Kommunalen Finanzausgleich muss eine Regelung gefunden werden, die dies unabhängig vom zukünftigen Wechsel zum sogenannten bedarfsorientierten Ausgleich sicherstellt.

 

4.    Der von der Landesregierung geschaffene Soziallastenansatz ist sinnvoll. Er muss allerdings erheblich besser als mit den bisher vorgesehenen 15 Mio. Euro dotiert werden.

 

 

Begründung:

 

Nachvollziehbarer Weise darf das Land Hessen sich in seinem KFA an wirtschaftlich arbeitenden Kommunen orientieren. Das Land misst die „Wirtschaftlichkeit“ daran, ob man eine Leistung zu den durchschnittlichen Kosten der Vergleichsgruppe erbringt.

 

Die Stadt Offenbach hat mit Daten des Hessischen Statistischen Landesamtes für alle großen Bereiche der Sozialgesetzgebung bewiesen, dass sie diese wirtschaftlich erbringt. Unsere Ausgaben „Kindertagesstätten“, „Hilfen zur Erziehung“, SGB XII und „Leistungen für Kosten der Unterkunft pro Bedarfsgemeinschaft pro Monat“ sowie „Leistungen für Kosten der Unterkunft pro Person in Bedarfsgemeinschaft pro Monat“ sind nahezu auf den Euro genau im Durchschnitt der kreisfreien Städte. Eine Messung am Durchschnitt pro Einwohner ist im SGB II sachfremd, da diese nicht die wirtschaftliche Leistungserbringung, sondern den Anteil der Ausgaben an der Bevölkerung misst. Dementsprechend hat die Stadt Offenbach nach Überzeugung der Stadtverordnetenversammlung Anspruch darauf, das aus der wirtschaftlichen Erbringung von Sozialleistungen entstandene Defizit vollständig ausgeglichen zu bekommen.

 

Auf dieser wirtschaftlichen Leistungserbringung aller gesetzlichen Pflichtausgaben (die Umlage an den LWV wird ebenfalls nicht von der Stadt festgesetzt) basiert die Forderung, die aus dieser Aufgabenerledigung entstandenen Defizite gedeckt zu bekommen. Geschähe dies, verbliebe der Stadt Offenbach kein weiteres Defizit – es gibt folglich keine Defizite aus anderen Bereichen.

 

Zu 1)

 

Der der Stadtverordnetenversammlung vorliegende Brief von Staatsminister Dr. Schäfer bestätigt, dass zukünftig das Prinzip „Mehreinnahmen der Stadt Frankfurt nützen den anderen kreisfreien Städten“ nicht mehr gilt. Die Stadt Offenbach hat dem Finanzministerium zugleich bisher unwidersprochen vorgerechnet, dass die Solidaritätsumlage die möglichen Verluste der KFA-Zuweisung in diesem Fall nicht ausgleicht. Es muss daher im Gesetzestext eine Regelung gefunden werden, welche die vier weiteren kreisfreien Städte vor negativen Folgen hoher Gewerbesteuereinnahmen der Stadt Frankfurt rechtssicher schützt. Nur das schafft Rechtssicherheit und entspricht einer transparenten und klaren Regelung für die Zukunft.

 

Zu 2)

 

Eine wichtige Leistung, die die Stadt Offenbach für die Metropolregion übernimmt, ist die des Eintritts- und Integrationsbezirks. Außer Frankfurt erbringt keine andere Kommune im Ballungsraum eine vergleichbare und vergleichbar kostenintensive Leistung für die Region. Im Haushaltssicherungskonzept 2015 haben wir nachgewiesen, dass Offenbach die Kommune mit der höchsten Fluktuationsrate aller hessischen Städten und Gemeinden ist und deutschlandweit auf Rang zwei steht. Dies ist unserer funktionalen Zugehörigkeit zur Metropolregion geschuldet. Im aktuellen Haushaltssicherungskonzept haben wir ausführlich dargestellt und belegt, welche Belastungen durch diese weit überdurchschnittliche Bevölkerungsfluktuation entstehen. Knapp die Hälfte aller Zuzüge nach Offenbach kommt aus dem Ausland, nur 19 % der zuordenbaren Wegzüge gehen ins Ausland. Allerdings gehen – und hier wird unsere Leistung für die Region deutlich – über 50 % der zuordenbaren Wegzüge nach Frankfurt oder in dessen unmittelbare Umgebung. Wie man aus der Stadtforschung weiß, gibt es in international bedeutsamen Metropolen typischerweise stets Bezirke mit einer besonderen Konzentration der Fernzuwanderung und der Immigration, die für die Metropole die Integrationsleistungen erbringen und die damit verbundenen Belastungen zu tragen haben. Sie sind funktional für die Metropole unverzichtbar, weil durch sie die für das Gesamtsystem notwendige Bevölkerungsbewegung organisiert wird. Im Fall der Metropolregion Rhein-Main hat die Stadt Offenbach neben einigen Frankfurter Stadtteilen ganz eindeutig die Rolle eines solchen Eintritts- und Integrationsbezirks. Damit werden hier in Offenbach besondere metropolentypische Leistungen erbracht.

 

Diese könnten z.B. über eine Erhöhung des Hauptansatzes gewürdigt werden.

 

Zu 3)

 

Es muss sichergestellt sein, dass zukünftige zusätzliche Bundesmittel zur Entlastung der Kommunen von bestimmten Aufgaben nicht dem Land auf Grund des aus Sicht des Landes „bedarfsdeckenden“ KFA zustehen. Die antragstellenden Fraktionen sind der Auffassung, dass der KFA die Bedarfe nicht in jedem Fall deckt, u.a. aufgrund der gewählten Quotierung in den einzelnen Produktbereichen, dem Thüringer Korridormodell sowie der unterschiedlichen nicht-Anrechnungsquote von Einnahmen von 1% (kreisfreie Städte) zu 3% (kreisangehörige Gemeinden). Hinzu kommt: Eine entsprechende Änderung des Gesetzentwurfes in § 9 Abs. 1 S. 4 des E-FAG 2016 würde nicht zu Mehrkosten beim Land führen, sondern nur dazu, dass nicht das Land die zukünftige Entlastung der Kommunen durch den Bund zu einer Entlastung des Landeshaushaltes umnutzt.

 

In jedem Fall muss bei jeder Bundesentlastung auch die vom Bund beabsichtigte Verteilungswirkung erhalten bleiben. Wenn z.B. KdU-Entlastungen für besonders von Arbeitslosigkeit betroffene Kommunen geplant sind, müssen sie diesen Kommunen auch besonders zu Gute kommen und dürfen nicht allen gleichermaßen zur Verfügung stehen.

 

Zu 4)

 

Das sinnvolle Instrument des Soziallastenansatzes muss aus Sicht der Stadt Offenbach erheblich besser als mit den bisher vorgesehenen 15 Mio. Euro dotiert werden, damit es eine nachhaltige Wirkung entfalten kann.