Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2016 - 2021


2016-21/DS-II(A)0064Ausgegeben am 04.09.2019

Eing. Dat. 15.08.2019

 

 

 

Offenbach beschafft sozial verträglich und ökologisch nachhaltig;

hier: Bericht des Magistrats zum Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 16.07.2015, 2011-16/DS I (A)0744 sowie zur Anfrage der Stadtverordnetenfraktion B´90/Die Grünen vom *28.06.2019

hier: Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 16.07.2015,

2016-21/DS-I(A)0744

dazu: Magistratsvorlage Nr. 2019-281 (Dez. I, Amt 10) vom 14.08.2019

 

 

a)

die Stadtverordnetenversammlung hat am 16.07.2015 folgenden Beschluss gefasst:

 

„1. Der Magistrat wird aufgefordert, einen weiteren Beitrag für eine sozialere und ökologisch nachhaltigere Beschaffung der Stadt zu leisten. Dazu wird zukünftig die Vergabe öffentlicher Aufträge ab einem Auftragswert von € 10.000 ohne Berücksichtigung der Mehrwertsteuer grundsätzlich an sozialen, ökologischen, umweltbezogenen und innovativen Anforderungen gemäß § 3 des Hessischen Vergabe- und Tariftreuegesetzes ausgerichtet.

Gemeinsam mit allen anderen Zuschlagskriterien und der Bekanntgabe von deren Gewichtung sollen diese Anforderungen in der Bekanntmachung und in den Vergabeunterlagen genannt werden. Im Ausnahmefall sind die Gründe aktenkundig zu machen, warum die Kriterien nicht gefordert werden.

 

2. Diese Regelung soll auch für Aufträge der Eigenbetriebe und der Anstalten des öffentlichen Rechts in städtischer Trägerschaft gelten.

 

3. Der Magistrat wird aufgefordert, im Ausschuss HFB jährlich über die Beschaffungspolitik der Kommune zu berichten und pauschaliert darzustellen, für welche Aufträge soziale, ökologische, umweltbezogene und innovative Anforderungen in welcher Form gestellt und erfüllt wurden.“

 

b)

Basierend auf diesem Beschluss hat die Stadtverordnetenfraktion B´90/Die Grünen am 28.06.2019 folgende Anfrage gestellt:

 

„Die Stadtverordnetenversammlung hat am 16.07.2015 wie folgt beschlossen:

 

„1. Der Magistrat wird aufgefordert, einen weiteren Beitrag für eine sozialere und ökologisch nachhaltigere Beschaffung der Stadt zu leisten. Dazu wird zukünftig die Vergabe öffentlicher Aufträge ab einem Auftragswert von € 10.000 ohne Berücksichtigung der Mehrwertsteuer grundsätzlich an sozialen, ökologischen, umweltbezogenen und innovativen Anforderungen gemäß § 3 des Hessischen Vergabe- und Tariftreuegesetzes ausgerichtet.

Gemeinsam mit allen anderen Zuschlagskriterien und der Bekanntgabe von deren Gewichtung sollen diese Anforderungen in der Bekanntmachung und in den Vergabeunterlagen genannt werden. Im Ausnahmefall sind die Gründe aktenkundig zu machen, warum die Kriterien nicht gefordert werden.

 

2. Diese Regelung soll auch für Aufträge der Eigenbetriebe und der Anstalten des öffentlichen Rechts in städtischer Trägerschaft gelten.

 

3. Der Magistrat wird aufgefordert, im Ausschuss HFB jährlich über die Beschaffungspolitik der Kommune zu berichten und pauschaliert darzustellen, für welche Aufträge soziale, ökologische, umweltbezogene und innovative Anforderungen in welcher Form gestellt und erfüllt wurden.“

 

Die Fraktion Bündnis90/Die Grünen hat bereits am 4.6.2018, am 6.8.2018, am 18.3.2019 und zuletzt am 13.05.2019 im Ausschuss HFB nach dem jährlichen Bericht gefragt. Wir möchten weiterhin wissen: Wann erfolgt der erste Bericht?“

 

 

Zu a) und b) berichtet der Magistrat wie folgt:

 

Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung gab es in der Stadtverwaltung Offenbach keine Zentrale Vergabestelle, über die eine Erfassung der Ausschreibungs- und Vergabevorgänge ab einem gewissen Schwellenwert innerhalb der Stadtverwaltung zentral gesteuert und überwacht werden konnte.

 

Das Hauptamt wurde daher vom damaligen Oberbürgermeister federführend mit einer Klärung der Umsetzbarkeit des Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung vom 16.07.2015 beauftragt.

 

Am 09.10.2015 fand daher ein Treffen mit Vertreterinnen und Vertretern der Stadtverwaltung (Hauptamt (10), Rechtsamt (30), Amt für Stadtplanung, Verkehrs- und Baumanagement (60)) sowie der SOH statt.

 

Bei diesem Termin hat die SOH eine Stellungnahme zum Beschluss der Stadtverordnetenversammlung abgegeben (Anlage 1)

 

Zu diesem Zeitpunkt wurde eine städtische Vergaberichtlinie noch erarbeitet. Es wurde festgestellt, dass die Vorgaben des § 3 des Hessischen Vergabe- und Tariftreuegesetzes als geltendes Recht umzusetzen sind, was seit dem Inkrafttreten des Gesetzes auch erfolgt. Allerdings bestand Einigkeit darin, dass es über den Wortlaut des § 3 hinaus schwierig erscheint, konkretere, stadtspezifische Standards zu erarbeiten und dass die Überwachung von deren Einhaltung einen erheblichen personellen und zeitlichen Aufwand erzeugen, der vor dem Hintergrund der weitgehend dezentralisierten Beschaffung in der Stadtverwaltung weder von Amt 10 noch von Amt 60 (damaliger Sitz der Zentralen Submissionsstelle) geleistet werden konnte, zumal zum damaligen Zeitpunkt noch keine Erfahrungswerte mit oder Gerichtsurteile zu dem Gesetz vorlagen, die eine weitere Orientierung ermöglicht hätten.

 

In die Zeit seit der Beschlussfassung 2015 fallen personelle Wechsel bzw. Vakanzen und Engpässe im Bereich der zentralen Beschaffung des Hauptamtes wie der Zentralen Submissionsstelle des Amtes 60, so dass der Auftrag der Beschlussfassung hier nicht mit Priorität bearbeitet werden konnte.

 

Im Hauptamt wie auch in den anderen zu beteiligenden Ämtern war zudem aufgrund der zahlreichen Projekte und Aufgaben eine bis heute andauernde, starke allgemeine Arbeitsbelastung zu verzeichnen.

 

Die Einrichtung einer zentralen Vergabestelle, die z. B. für die Erarbeitung und Einhaltung einheitlicher Richtlinien für die Stadtverwaltung Offenbach verantwortlich zeichnen kann, erfolgte erst im Jahr 2018, so dass auch von dieser Seite eine umfängliche Umsetzung des Beschlusses bisher nicht erfolgen konnte.

 

Grundsätzlich ist bei Anforderungen im Vergabeprozess zwischen Unternehmensbezogenen und Leistungs-/Produktbezogenen Anforderungen zu unterscheiden (Anforderungen an Bewerber/Bieter oder an die Leistung/das Produkt werden definiert). Diese Anforderungen können als Eignungs- oder als Zuschlagskriterium (Qualitätskriterium) angesetzt werden.

 

Die Vergabestelle spricht seit April 2019 frühzeitig bei der Besprechung von Vergabeverfahren mit den Fachämtern die Nachhaltigkeitskriterien an und berät bezüglich der Gestaltung dieser Kriterien. Sollten diese nicht berücksichtigt werden können oder sollen, wird künftig eine Begründung hierfür verlangt. Die Formulare der Zentralen Vergabestelle wurden entsprechend angepasst.

 

Beigefügt ist eine Zusammenstellung zu der Thematik sowie das bereits genutzte Formular „Eigenerklärung zur Kinderarbeit“ (Anlage 2).

 

Die Zentrale Vergabestelle hat derzeit nur Einblick auf Vorgänge, welche oberhalb eines Auftragswertes von 15.000 Euro liegen. Eine überarbeitete städtische Vergaberichtlinie soll noch 2019 in Kraft treten. Darin wird auch auf die Nachhaltigkeitskriterien eingegangen.

 

Im Bereich der zentralen Beschaffung des Hauptamtes wird seit dem vergangenen Jahr eine elektronische Beschaffungsplattform implementiert, die es erlaubt, für stark dezentralisierte Beschaffungsvorgänge wie beispielsweise Büromaterial künftig Rahmenverträge abschließen zu können. In diese Vergabeverfahren werden sozial verträgliche und ökologisch nachhaltige Kriterien einfließen.

 

Erst mit der Einrichtung der Zentralen Vergabestelle und mit Implementierung der elektronischen Beschaffungsplattform stehen der Verwaltung die Möglichkeiten zur Verfügung, der Berichtspflicht im Sinne des Stadtverordnetenbeschlusses substantiell nachzukommen.

 

Seitens der Verwaltung wird daher empfohlen, die Implementierung der elektronischen Beschaffungsplattform wie der überarbeiteten Vergabeverfahren der Zentralen Vergabestelle abzuwarten, damit für einen Bericht im Sinne des Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung eine signifikante Zahl von Vergabevorgängen herangezogen werden kann. Realistisch kann daher ein Bericht in der zweiten Jahreshälfte 2020 zur Verfügung gestellt werden.

 

Die entstandenen zeitlichen Verzögerungen sowie die nicht erfolgte, zeitnähere Information werden vom federführenden Dezernat I ausdrücklich bedauert.

 

Alle Organisationseinheiten der Stadtverwaltung werden in Kürze nochmals auf die Beachtung des Stadtverordnetenbeschlusses hingewiesen und gebeten, sich in Zweifelsfällen mit der Zentralen Vergabestelle in Verbindung zu setzen.

 

* redaktionell geändert

Anlagen:

Stellungnahme der SOH vom 09.10.2015 (Anlage 1)

Zusammenstellung der Zentralen Vergabestelle / Formular „Eigenerklärung zur Kinderarbeit“ (Anlage 2)