Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2021 - 2026


2021-26/DS-II(A)0037Ausgegeben am 15.03.2023

Eing. Dat. 09.03.2023

 

 

 

 

Wohnungen statt Notunterkünfte

Antrag DIE LINKE. vom 24.08.2021, 2021-26/DS-l(A)0087

Änderungsantrag SPD, B'90/Die Grünen und FDP vom 09.09.2021,
2021-26/DS-l(A)0087/1

hier: Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 09.09.2021,
2021-26/DS-I(A)0087/1

dazu: Magistratsvorlage Nr. 2023-069 (Dez. III) vom 08.03.2023

 

 

Die Stadtverordnetenversammlung hat am 09.09.2021 unter 2021-26/DS-I(A)0087/1 beschlossen, dass der Magistrat beauftragt wird, zu prüfen und zu berichten,

 

1. welche Maßnahmen und Möglichkeiten vorhanden und ggf. intensiviert oder ergänzt werden müssen, um die Belegung der Notunterkünfte so gering wie möglich zu halten

 

2. mit welchen Maßnahmen Menschen in Notunterkünften betreut und bei ihrer Wohnungssuche unterstützt werden können bzw. die Stadt als vermittelnde Instanz zwischen Vermietern und Wohnungssuchenden agieren kann. Bei der Auslotung dieser Möglichkeiten sollen auch Menschen bedacht werden, die aus dem Frauenhaus oder aus Einrichtungen für psychisch Kranke heraus eine eigene Wohnung suchen.

 

 

Hierzu berichtet der Magistrat wie folgt:

 

Antwort zu 1.:

 

Um die Belegung der Notunterkünfte so gering wie möglich zu halten, ist oberstes Ziel die Vermeidung von Wohnungsverlusten. Die MainArbeit und das Sozialamt haben spezielle Sondersachgebiete für die Themen Miet- und Energierückstände eingerichtet und informieren Leistungsberechtigte entsprechend der gesetzlichen Vorgaben über nicht angemessene Mieten und bieten eine frühzeitige Unterstützung bei der Wohnungssuche an. Dies geschieht auch, wenn es zu ersten Mietrückständen gekommen ist. Zugewiesen werden zudem Personen, die in sehr beengten Wohnverhältnissen oder in nicht als Wohnraum zugelassenen Räumen leben. Bei Letzteren besteht die Gefahr von Räumungen aufgrund von Nutzungsverboten der Bauaufsicht. In der MainArbeit ist damit seit 2006 ein externer Träger beauftragt. In der Wohnraumberatung der CariJob steht die Unterstützung der Selbsthilfe im Vordergrund. Das Vermitteln allgemeiner Kenntnisse sowie ein Telefontraining wird in Gruppenveranstaltungen durchgeführt (Modul 1 = Erstberatung). Die folgenden Gespräche sind in verschiedene Module aufgeteilt, je nach Unterstützungsbedarf der Wohnungssuchenden (Sprachkenntnisse, Nähe zum Wohnungsmarkt). Die Anzahl der Beratungstermine fällt individuell aus, in jedem Fall stehen bis zu fünf Termine zur Verfügung. Im Durchschnitt werden vier Termine wahrgenommen. Außerdem finden jährliche Kooperationsgespräche zwischen der GBO und der Nassauischen Heimstätte, CariJob und den Mitarbeitenden des Sondersachgebiets der MainArbeit statt.

 

Als weitere Unterstützungsmaßnahme erhalten die Leistungsberechtigten des SGB II und SGB XII beim Wohnungsamt einen sogenannten Wohnberechtigungsschein, der die Anmietung von öffentlich gefördertem Wohnraum in Offenbach ermöglicht.

 

Das Ordnungsamt sowie die MainArbeit und das Sozialamt erhalten vom Amtsgericht Mitteilungen über Räumungsklagen, um Obdachlosigkeit zu vermeiden. Sie kontaktieren die Betroffenen und bieten persönliche Beratungsgespräche an. In den Sozialbehörden werden nach vorheriger Absprache mit den Mietern auch Gespräche mit den Vermietern gesucht, um eine außergerichtliche Einigung zu erzielen. Wenn die sozialrechtlichen Voraussetzungen vorliegen, können zum Erhalt des Wohnraums Mietschulden nach dem SGB II und SGB XII darlehensweise übernommen werden.

 

Für die ergänzende präventive Beratung, bei der Wohnungssuche und als vermittelnde Instanz zwischen Vermietern und Wohnungssuchenden außerhalb der bereits vorhandenen beschriebenen Unterstützung, die in den o.g. Sozialbehörden geleistet wird, wird in 2023 durch das Wohnungsamt das Konzept einer Wohnungssicherungsstelle vorgelegt werden.

 

Antwort zu 2:

 

Im Fall von bestehender Obdachlosigkeit wird die Notunterbringung durch Kontaktaufnahme der MainArbeit und des Sozialamtes mit der „Zentralen Vermittlung von Unterkünften des Evangelischen Vereins für Wohnraumhilfe“ (ZVU) organisiert. Grundsätzlich ist die Vermeidung von Obdachlosigkeit im Rahmen der Gefahrenabwehr eine Aufgabe der kommunalen Ordnungsbehörde. In Offenbach erfolgt bei von Wohnungslosigkeit bedrohten Leistungsberechtigten nach dem SGB II und SGB XII die Unterbringung durch die MainArbeit[1] und das Sozialamt. Nicht Leistungsberechtigte werden vom Ordnungsamt betreut. Die damit verbundenen Kosten werden bei Leistungsberechtigten nach dem SGB II und SGB XII im Rahmen der Kosten der Unterkunft und Heizung berücksichtigt. Im Fall von Einkommen beteiligen sich die Betroffenen an den Notunterbringungskosten. Nicht Leistungsberechtigte werden vom Ordnungsamt entweder direkt oder mit Hilfe der ZVU in Notunterkünfte eingewiesen und erhalten entsprechende Zahlungsaufforderungen.

 

Als Notunterkünfte werden fast ausschließlich privat betriebene Gemeinschaftsunterkünfte und Hotelzimmer genutzt. Bei den Gemeinschaftsunterkünften handelt es sich entweder um Häuser mit abgeschlossenen Nutzungseinheiten inklusive Küche und Bad oder Einrichtungen mit einer größeren Anzahl von meist Mehrbettzimmern, und gemeinschaftlich zu nutzenden Küchen und Sanitärbereichen. Von den Betreibern eingesetzte Hausmeister sorgen für die Einhaltung der Hausordnung. Bei den Hotelzimmern handelt es sich um Einzel- und Mehrbettzimmern mit integrierten oder gemeinschaftlich zu nutzenden Sanitärbereichen. Die ZVU prüft und organisiert im Auftrag der Stadt Offenbach die Belegung. In Fällen, in denen aufgrund des Verhaltens eine Unterbringung durch die ZVU nicht mehr möglich ist, erhalten die Betroffenen, sofern sie einen Leistungsanspruch haben, eine befristete Kostenzusicherung für ein Hotel in Offenbach.

 

In der MainArbeit werden die Notuntergebrachten einem externen Träger zugewiesen, um die Wohnungssuche zu unterstützen. Die Maßnahme ist so angelegt, dass die Obdachlosen für zunächst vier Monate von Sozialarbeiterinnen betreut werden. Eine über vier Monate hinausgehende Begleitung ist in Absprache zwischen dem Träger und der MainArbeit möglich. Die Beraterinnen sprechen verschiedene Sprachen, so dass sie sich gut mit den Wohnungssuchenden verständigen können.

 

Bei erforderlichen Notunterbringungen werden nach Möglichkeit Familien hinsichtlich des Küchenangebots vorrangig Gemeinschaftsunterkünften zugewiesen. In Fällen, in denen dies von Anfang nicht möglich ist, prüft die ZVU bei freiwerdenden Gemeinschaftsunterkünften eine Verlegung. Nach der Pandemie werden auch wieder verstärkt Rotationen in der Belegung vorgenommen.

 

Um Hotelunterbringungen möglichst zu vermeiden, soll die Anzahl an Gemeinschaftsunterkünften sukzessive ausgebaut werden. Die Bettenkapazität in den Gemeinschaftsunterkünften wird im 1. Quartal 2023 um 95 Plätze erhöht.

 

Für junge Erwachsene im Alter unter 25 Jahren, die nicht mehr in ihrer Familie leben, sich bei unterschiedlichen Freunden für eine begrenzte Zeit aufhalten und dort kein eigenes Zimmer haben oder sich in einer Notunterkunft befinden, wurde im Sommer 2022 eine Pilotmaßnahme entwickelt. Der Träger KIZ Provina mietet von der GBO Ein- oder Zwei-Zimmerwohnungen als Übergangs-Wohnmöglichkeit für die o.g. Zielgruppe in Häusern mit weiteren, bürgerlichen Mietparteien an. Die vom Träger ausgewählten Teilnehmenden erhalten von der MainArbeit eine Kostenzusicherung zur Übernahme der Unterbringungskosten für 6 Monate. Im Konzept ist vorgesehen, dass die jungen Erwachsenen zusätzlich von KIZ Provina pädagogisch unterstützt werden, z.B. durch ein intensives Coaching zum Auf- und Ausbau von Schlüsselkompetenzen. Das Coaching bezieht sich insbesondere auf die Vermittlung von Inhalten zu den Themen Wohnen: Umzug, Renovierung, Ausstattung, Reinigung und pfleglicher Umgang, Abfallwirtschaft, Küche, Nachbarschaft, aber auch wirtschaftliches Handeln, Mietverhältnis und soziales Verhalten. Die MainArbeit finanziert im Rahmen des SGB II die Notunterbringung, das Coaching sowie das Renovierungsmaterial und das Mobiliar. Der Träger begleitet die Teilnehmenden bei der Renovierung und der Auswahl der Möbel, stellt das Werkzeug und unterstützt ihre Suche nach einer eigenen, preislich angemessenen Wohnung und sorgt auch für eine nachgehende Betreuung nach der Anmietung einer angemessenen Wohnung. Seit 01.08.2022 konnte der Träger bei der GBO eine Ein-Zimmerwohnung und zwei Zwei-Zimmerwohnungen anmieten. In 2023 können gleichzeitig bis zu acht Teilnehmendenplätze vergeben werden.

Mit dem Ziel die Anzahl der Notunterbringungen von Familien mit Kindern in Hotels zu reduzieren, befinden sich die Nassauische Heimstätte, die ZVU, die MainArbeit und das externe Fallmanagement der CariJob in Planung einer weiteren Pilotmaßnahme. Die notuntergebrachten Familien sollen aus dem Hotel zunächst übergangsweise in eine Wohnung zur alleinigen Nutzung untergebracht werden. Die Nassauische Heimstätte hat potenziell geeignete Wohnungen für das Pilotprojekt identifiziert, die für 12 bis 18 Monate zur Verfügung gestellt werden könnten. Die Wohnungen sollen von der ZVU angemietet und für die Notunterbringung ausgestattet werden. Ein Mietverhältnis der Wohnungsnutzenden mit der Nassauischen Heimstätte wird nicht begründet. Das externe Fallmanagement der CariJob unterstützt die Familien in dieser Zeit, vor allem bei der Suche nach einem regulären, angemessenen Wohnraum. Auch nach Anmietung einer angemessenen Wohnung werden die Fallmanagerinnen von CariJob für die Familien und deren Vermieter im Rahmen einer nachgehenden Betreuung zur Verfügung stehen. Die MainArbeit finanziert die Notunterbringung und die Unterstützung durch CariJob. Das Pilotprojekt wird im März 2023 starten. Dieses Konzept kann auch für weitere öffentliche wie private Vermieter interessant sein, wenn es darum geht, Wohnungen im Rahmen einer befristeten Zwischennutzung für die Notunterbringung zur Verfügung zu stellen.

Anlage:

Klimarelevanzprüfung

 

 

Hinweis: Bericht und Anlage werden den Stadtverordneten und Fraktionen elektronisch (PIO) zur Verfügung gestellt.

 

 



[1] Die MainArbeit erhält dafür von der Stadt eine Dienstleistungspauschale, da der Bund sich an der Finanzierung der Wahrnehmung originär kommunaler Aufgaben nicht beteiligt.