Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2021 - 2026


2021-26/DS-I(A)0492/1Ausgegeben am 11.05.2023

Eing. Dat. 11.05.2023

 

 

 

 

 

Einrichtung einer Antidiskriminierungsstelle

Änderungsantrag DIE LINKE. vom 11.05.2023

 

 

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Der Antragstext wird wie folgt geändert:

 

Der Magistrat wird beauftragt, eine von der Stadt unabhängige Antidiskriminierungsstelle in Kooperation mit einem in dem Feld tätigen sozialen Träger einzurichten und hierfür Personal- und Sachkosten zu übernehmen. Die Antidiskriminierungsstelle ist eine niedrigschwellige, im Stadtgebiet breit beworbene, barrierefreie, interdisziplinäre und betroffenenzentrierte Anlauf-, Beratungs- und Beschwerdestelle für Menschen, die Diskriminierungserfahrungen in Offenbach machen. Sie arbeitet auf der Grundlage einer parteiischen Haltung im Sinne der Betroffenen, hat neben der Beratungsarbeit auch einen politischen Auftrag und setzt sich für die Interessen von Betroffenen von Diskriminierung in Offenbach ein. Das Konzept der Antidiskriminierungsstelle wird bei Einrichtung der Stelle von qualifiziertem Fachpersonal erarbeitet und der Stadtverordnetenversammlung zur Beschlussfassung vorgelegt.

 

Hauptaufgaben der Antidiskriminierungsstelle sind hierbei

 

-       Rechtsberatung über rechtliche Interventionsmöglichkeiten nach dem AGG (Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz) und darüber hinaus

-       Psychosoziale Beratung

-       Vermittlung an andere Beratungsangebote

-       Stärkung der Handlungsfähigkeit von Betroffenen

-       Dokumentation der Fälle in Offenbach

-       Öffentlichkeitsarbeit in Form von Medienarbeit, Netzwerkarbeit, Bildungsarbeit, Fortbildungen, Veranstaltungen und Workshops

-       Wissenschaftliche Arbeit zur Entwicklung von gesellschaftlichen Handlungsstrategien

-       Politische Lobbyarbeit und Kampagnenarbeit für die Interessen von diskriminierten Gesellschaftsgruppen in Offenbach

-       Impulse geben für institutionelle Veränderung in Offenbach

 

Bei der Ausschreibung für qualifiziertes Fachpersonal werden Menschen, die von Rassismus, Antisemitismus, Sexismus, Queer-, Homo-, Transfeindlichkeit und Behindertenfeindlichkeit betroffen sind, zur Bewerbung ermutigt und bei gleicher Qualifikation bei der Einstellung bevorzugt.

 

Die finanziellen Mittel der derzeit ehrenamtlich tätigen Antidiskriminierungsstelle sollen nach Beendigung für die Arbeit der Antidiskriminierungsstelle bereitgestellt werden.

 

 

Begründung:

 

Eine qualifizierte Antidiskriminierungsstelle bietet unabhängige, niedrigschwellige, interdisziplinäre und betroffenenzentrierte Unterstützungsangebote für Betroffene von Diskriminierung. Die Unterstützungsangebote bieten einen geschützten Raum für die Verarbeitung der Diskriminierungserfahrung und die Wiedererlangung von Handlungsfähigkeit. Dabei stehen die Bedürfnisse der Betroffenen im Zentrum. Auf Wunsch der Betroffenen wird auch Unterstützung bei der Umsetzung von Strategien zur Einforderung ihres Rechts auf Gleichbehandlung sowie bei der Veränderung diskriminierender Strukturen geboten. Auch Offenbacher Bürger*innen erleben gesellschaftliche Diskriminierungsformen wie Rassismus, Antisemitismus, Sexismus, Queer,- Homo,- und Transfeindlichkeit, Behindertenfeindlichkeit, Armenfeindlichkeit etc. und brauchen eine Anlaufstelle, um dagegen vorzugehen.

 

Betroffene von Diskriminierung haben ein Erfahrungswissen über ihre gesellschaftliche Marginalisierung. Dieses Erfahrungswissen nehmen Angehörige der gesellschaftlichen Mehrheit häufig weniger wahr und deuten es häufig als individuelle Befindlichkeit. Die Deutungen von Betroffenen wird gesamtgesellschaftlich weniger beachtet, als die der Angehörigen der gesellschaftlichen Mehrheit. Dies stellt ein Machtgefälle dar. Dabei stellen die subjektiven Deutungen der Betroffenen keinen Widerspruch zu einer sachlichen Auseinandersetzung dar und stehen im Zentrum der Beratungsarbeit.

 

Es ist das Verdienst von Betroffenen und ihres langen Einsatzes gegen Diskriminierung, dass Antidiskriminierung inzwischen überhaupt politisch relevant geworden ist. Vor diesem Hintergrund muss eine Antidiskriminierungsstelle ein selbstreflexives, machtkritisches Verständnis von Diskriminierung haben, und eine parteiische Haltung gegenüber Betroffenen einnehmen. So hat eine Antidiskriminierungsstelle neben der Beratungsarbeit für Betroffene auch einen politischen Auftrag gegen Diskriminierung zu wirken, eine Öffentlichkeit zu schaffen, Wissen zu vermitteln, sich für die Interessen der Betroffenen einzusetzen, mit Akteuren und Initiativen, die in der Umgebung gegen Diskriminierung aktiv sind, zu netzwerken und Impulse für notwendige institutionelle Veränderungen zu geben.

 

Um diesen Aufgaben gerecht zu werden, braucht es eine von der Stadt unabhängige Antidiskriminierungsstelle mit qualifiziertem Fachpersonal aus den Feldern der Antidiskriminierungspädagogik, sozialer Arbeit, Rechtsberatung und psychosozialer Beratung.

 

 

Hinweis: Der Antrag wird den Stadtverordneten und Fraktionen elektronisch (PIO) zur Verfügung gestellt.