Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt
Offenbach am Main
2021 - 2026
2021-26/DS-I(A)0788Ausgegeben am 20.11.2024
Eing. Dat. 20.11.2024
Schritte gegen überhöhte Mieten in Offenbach
Antrag Die Linke. vom 20.11.2024
Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:
Der Magistrat wird aufgefordert, Maßnahmen zur konsequenten Verfolgung und Ahndung von Mietpreisüberhöhungen gemäß § 5 Wirtschaftsstrafgesetz sowie zur Kontrolle der Einhaltung der Mietpreisbremse zu ergreifen.
Zu diesem Zweck soll:
1. – eine Anlaufstelle (Hotline, Online-Formular etc.) für Bürger*innen eingerichtet werden, an die Hinweise auf Mietpreisüberhöhungen gemeldet werden können und auf deren Grundlage die Stadt Offenbach die Einleitung von Bußgeldverfahren zu prüfen hat. Das Verfahren ist durch Hinweise auf der Homepage der Stadt Offenbach und durch eine breite Informationskampagne zu begleiten.
2. – eine kontinuierliche Beobachtung des Mietwohnungsmarktes durchgeführt werden, mit dem Ziel überhöhte Preise bei Neuvermietungen zu identifizieren und Mieter*innen und Vermieter*innen auf die Einhaltung der Mietpreisbremse bzw. mögliche Mietpreisüberhöhungen hinzuweisen und ggf. weitere Schritte einzuleiten. Für die Beobachtung des Mietwohnungsmarktes ist eine Kooperation mit Mietenmonitor uG oder einem ähnlichen Anbieter zu prüfen.
Begründung:
Die Entwicklung der Mieten kennt - nicht nur in Offenbach - seit Jahren nur eine Richtung: nach oben. Steigende Mieten und eine problematisch hohe Mietbelastung stellen neben den rasant steigenden Lebenshaltungskosten nicht mehr nur für Menschen mit geringem Einkommen eine kaum mehr zu bewältigende Belastung dar. Angesichts des wachsenden Mangels an preiswerten Wohnungen haben Mieter*innen jedoch häufig keine andere Wahl, als die überhöhten Preise zu zahlen. Viele Mieten liegen dabei weit über den Grenzen des Mietspiegels. Dies führt zum einen zu einer übermäßigen Belastung der Mieter*innen, wobei die Lage in Offenbach besonders problematisch ist: 54 % gaben 2018 mehr als 30 % ihres Einkommens für die Miete aus. 32,2 % sogar mehr als 40 % und 15 % mussten mehr als 50 % ihres Einkommens für die Miete aufwenden[1]. Zum anderen führen überhöhte Mieten auch zu einem allgemeinen Anstieg der Mieten, da diese Preise in den Mietspiegel einfließen.
Es ist seitens der Kommunen daher dringend geboten, den Mietwohnungsmarkt zu beobachten, um Fälle von überzogenen Mietpreisen zu identifizieren. Die Stadt Freiburg tut dies seit 2022 in Kooperation mit der Firma Mietenmonitor. Diese überprüft und scannt den Mietwohnungsmarkt auf Verstöße gegen die Mietpreisbremse[2] und Fälle von Mietpreisüberhöhung bzw. Mietwucher. Die bisherigen Auswertungen von Mietenmonitor in 60 deutschen Städten zeigen, dass insbesondere Verstöße gegen die Mietpreisbremse bei Neuvermietungen an der Tagesordnung sind und ein großer Teil der späteren Mieter*innen ein Anrecht auf eine Mietsenkung hätte. Zudem würde die Grenze der Mietpreisüberhöhung vielfach überschritten und auch Mieten über der Mietwuchergrenze seien keine Einzelfälle.
Eine Mietpreisüberhöhung liegt nach § 5 Wirtschaftsstrafgesetz (WiStG) vor, wenn die Kaltmiete 20 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Bei Mietwucher muss die Kaltmiete mehr als 50 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen (§ 291 StGB). Mietpreisüberhöhung ist eine Ordnungswidrigkeit und kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden. Bei Mietwucher handelt sich gar um eine Straftat.
Die Stadt Freiburg nutzt die Daten von Mietenmonitor, um bei Wohnungsinseraten Mietpreise über der ortsüblichen Vergleichsmiete festzustellen. Sie kontaktiert in diesem Fall die Vermieter*innen und weist auf die geltenden Regeln der Mietpreisbremse hin. 2023 konnte auf diesem Weg in 90 Fällen eine Mietminderung erreicht werden. Darüber hinaus kann auch von einer präventiven Wirkung ausgegangen werden, da sich die Praxis bei Vermietern herumspricht. Die Einbindung eines externen Dienstleisters wie Mietenmonitor sollte für die kontinuierliche Beobachtung des Offenbacher Mietmarktes daher eine zu prüfende Option sein. Die Kosten für das Monitoring belaufen sich in Freiburg auf bis zu 20.000 Euro pro Jahr.
Darüber hinaus hat sich in Frankfurt am Main die Praxis bewährt, gegen überhöhte Mieten mit Bußgeldern vorzugehen und Fälle bei denen der Anfangsverdacht auf Mietwucher besteht, an die Staatsanwaltschaft zu übermitteln. Während bei Mietwucher eine Ausnutzung der persönlichen Eigenschaften und Zwangslagen des Mieters vorliegen muss, sind überhöhte Mieten nach § 5 WiStG Entgelte, die infolge der „Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen“ die Vergleichsmiete um mehr als 20 % übersteigen. So interpretiert z.B. das Wohnungsamt der Stadt Frankfurt am Main den angespannten Wohnungsmarkt als objektive Zwangslage und Gerichte sind dieser Auffassung gefolgt. Mit fast 1.400 verfolgten Fällen und verhängten Bußgeldern in Höhe von 321.000 Euro und Rückzahlungen von insgesamt 419.000 Euro an Mieter*innen allein in den Jahren 2020 bis 2022 zeigt sich die Wirkungskraft der konsequenten Ahndung von Verstößen.
Offenbach sollte diesen Beispielen folgen und konsequent gegen Mietpreisüberhöhungen vorgehen. Damit dies in möglichst vielen Fällen funktioniert, ist die Miteinbeziehung der Offenbacher Mieter*innen besonders wichtig. Eine begleitende Informations- und Öffentlichkeitskampagne muss daher Teil der Maßnahmen gegen überhöhte Mieten in unserer Stadt sein.
Hinweis: Der Antrag wird den Stadtverordneten und Fraktionen elektronisch (PIO) zur Verfügung gestellt.