Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt
Offenbach am Main
2001 - 2006
Drucksachen-Abteilung I (A) Ausgegeben am 23.06.2004
Eing. Dat. 17.06.2004
Nr. 683
Dez.: I (Klinikum Offenbach)
Verbesserung der organisatorischen Struktur des Klinikums Offenbach am Main
Magistratsvorlage Nr. 174/04 vom 16.06.2004, DS I (A) 683
Der Magistrat beantragt, dass die Stadtverordnetenversammlung auf der Grundlage des Grundsatzbeschlusses zur „Weiterentwicklung des Klinikums Offenbach am Main" folgenden Beschluss fasst:
1. Die Stadt Offenbach am Main errichtet eine Klinikum Offenbach GmbH. Der
Verwaltungsdirektor des Klinikum Offenbach wird beauftragt, einen
entsprechenden Notarvertrag beurkunden zu lassen und sich selbst zum ersten
Geschäftsführer zu bestellen.
2. Grundlage ist der beigefügte Gesellschaftsvertrag (Anlage).
3. Der Verwaltungsdirektor des Klinikums Offenbach wird beauftragt, alle Schritte zu
unternehmen, die erforderlich sind, um sicherzustellen, dass die Klinikum
Offenbach GmbH auf der Basis dieses Gesellschaftsvertrags ab 01.01.2005 den
auszugliedernden Eigenbetrieb Klinikum Offenbach am Main aufnehmen kann.
4. Der Verwaltungsdirektor des Klinikums Offenbach wird beauftragt, die zur Aus-
gliederung des Eigenbetriebes Klinikum Offenbach am Main zur Aufnahme in die
Klinikum Offenbach GmbH notwendigen Schritte in die Wege zu leiten,
insbesondere die Vertretung der Mitarbeiter einzubeziehen.
Begründung:
1. Das Klinikum Offenbach hat sich in den letzten Jahren trotz
dramatischer Verschlechterung der Rahmenbedingungen
(Gesundheitsreform, Fallkostenpauschalen) insgesamt behaupten können und
seine gute Position am Markt vor allem aufgrund des hohen Ansehens im
medizinisch-pflegerischen Bereich verteidigt.
Die bisher ergriffenen Maßnahmen waren nicht erfolglos. So hat sich die
wirtschaftliche Situation trotz gedeckelter Budgets und weiteren
Tarifsteigerungen längere Zeit nicht wesentlich verändert.
Die Möglichkeiten der Sanierung durch Veränderung innerer Abläufe und
weiterer Einsparungen an Personal- und Sachkosten stoßen aber an ihre
Grenzen. Die im Vergleich zu heutigen Standards suboptimale bauliche und
organisatorische Struktur des Klinikums produziert geradezu zwangsläufig
überhöhte Personal- und Sachkosten. Diese überhöhten Aufwendungen lassen
sich bei unveränderter baulicher und organisatorischer Struktur nicht einsparen.
Die Stadtverordneten haben deshalb bereits Maßnahmen zur
grundlegenden Verbesserung der baulichen Struktur beschlossen. Dem
müssen Maßnahmen der grundlegenden Verbesserung der organisatorischen
Struktur folgen. Dies wird dauerhaft nur durch einen Rechtsformwechsel des
Klinikums Offenbach vom Eigenbetrieb in eine GmbH erreicht werden können.
Dabei fallen insbesondere die folgenden Vorteile auf:
a) Anders als ein Eigenbetrieb kann eine GmbH gesellschaftsrechtliche und finanztechnische Verbünde eingehen und ist für private Geldgeber ein
interessanter Partner für die Gründung gemeinsamer Service-Töchter oder andere Formen der public-private-partnership.
b) Mit der Umwandlung in eine Klinik GmbH entfallen die Stellenpläne. Dies ermöglicht ein anpassungsfähiges und leistungsgerechtes Besoldungs- und Beförderungssystem. Dadurch können zum einen mittelfristig die Personalkosten gesenkt und zum anderen qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angeworben werden mit dem Ziel einer Qualitätssteigerung auf allen Ebenen.
c) Durch die privatrechtliche Organisation als GmbH wird der Weg geebnet,
überregionalen Kooperationen zu initiieren bzw. diesen beizutreten, um so die Position am Markt zu stärken und Synergieeffekte auf vielen Ebenen herzustellen.
d) Eine Veränderung der Organisationsstruktur und der beteiligten Organe
ermöglicht durch die Kompetenzverlagerung eine wesentlich effizientere
Geschäftsführung. Dabei würde die Verantwortlichkeit für Angelegenheiten und Maßnahmen von wirtschaftlich besonderer Bedeutung in größerem Umfang als bisher möglich bei der Geschäftsführung der Klinikum GmbH und ihrer Krankenhausleitung (ärztliche Leitung, Leitung des Wirtschafts- und Verwaltungsbereiches und Leitung des Pflegedienstes) liegen.
e) Dass die Umwandlung von Eigenbetrieben in eine GmbH eine wirtschaftlich sinnvolle Entscheidung darstellen würde, belegen die positiven Erfahrungen anderer öffentlicher Gebietskörperschaften wie z.B. Wiesbaden, Mannheim, Ludwigshafen, Karlsruhe, Kassel usw. sowie die positiven Erfahrungen des Klinikums mit der OKM.
f) Die jährliche Berichterstattung in Form von Forecasts, Wirtschaftsplan und Jahresabschlußbericht der Klinik GmbH erfolgt nach wie vor gemäß den Richtlinien des HGB (Bilanzrichtlinien), unterliegt jedoch nicht mehr dem Eigenbetriebsgesetz, wodurch im Zusammenhang mit der Bilanzierung bisher von der Betriebskommission und der Stadtverordneten-versammlung wahrgenommene Aufgaben auf Aufsichtsrat und Magistrat verlagert werden.
g) Eine ausreichende Kontrolle der Geschäftsführung durch die Stadt Offenbach ist über die von Stadtparlament und Magistrat benannten Mitglieder des Aufsichtsrates, dem auch Arbeitnehmervertreter angehören, weiterhin sichergestellt.
h) Ein zentraler Vorteil einer GmbH-Lösung ist letztlich die Reduktion der Komplexität der Aufbauorganisation durch Schaffung einer monokratischen Struktur im operativen Geschäft bei selbstverständlicher Wahrung der Kontrollrechte (nicht jedoch der unmittelbaren operativen Einflussnahmen) der Kapitalseigner, also der Stadt Offenbach. Hierdurch wird ein stringenteres, effizienteres und schnelleres Handeln bei der Umsetzung der Sanierung erreicht, was angesichts der defizitären wirtschaftlichen Situation des Klinikums einerseits und der Intensivierung des Wettbewerbs und des Kostendrucks infolge der DRG- Einführung andererseits um so dringlicher ist.
2. Die Klinik GmbH ist eine körperschaftlich strukturierte Unternehmensform mit
eigener Rechtspersönlichkeit und eigenem Vermögen als Haftungsgrundlage.
Gesellschafterin der völlig selbständigen Klinik GmbH ist die Stadt Offenbach am
Main als Gebietskörperschaft. Der gesetzlich erforderliche sowie der dispositive
Inhalt der GmbH-Satzung, die Einrichtung der einzelnen Organe und
entsprechende Kompetenzverteilungen innerhalb der GmbH ergeben sich aus
dem GmbH-Gesetz und werden nach den Standards vorgenommen, die auch in
den Gesellschaften des Stadtkonzernes gelten (Aufsichtsrat, Rechnungsprüfung
usw.).
3. Die Entscheidung der Stadt Offenbach am Main über die Gründung einer Klinik
GmbH erfolgt als Beschlussfassung durch die Gemeindevertretung und bedarf
der Anzeige gegenüber der Kommunalaufsichtsbehörde (§ 127 b HGO). Damit
wird sichergestellt, dass am 01.01.2005 ein geeigneter Rechtsträger zur
Verfügung steht, der den ausgegliederten Eigenbetrieb aufnehmen kann.
Die Vorlaufzeit ist insbesondere erforderlich, um einen Antrag auf
Genehmigung zum Betrieb eines Krankenhauses für die neue Gesellschaft zu
stellen.
4. Die Übertragung eines Eigenbetriebes auf einen privatrechtlich organisierten
Rechtsträger erfolgt durch Ausgliederung nach den Vorschriften des
Umwandlungsgesetzes. Zu diesem Zweck ist ein Ausgliederungsvertrag zu
entwerfen und mit den zuständigen Gremien der Stadt abzustimmen. Dieser
Vorgang ist nicht mitbestimmungspflichtig, gleichwohl ist der Vertretung der
Mitarbeiter ausreichend Zeit zur Prüfung und Stellungnahme zum
Ausgliederungsvertrag zu geben.
Die Ausgliederung des Klinikbetriebes auf die GmbH führt zu einem
gesetzlichen Übergang der Arbeitsverhältnisse der nicht beamteten Angestellten
und Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes auf die GmbH (§§ 323 UmwG i. V.
m. § 613 a BGB). Die GmbH tritt in die Rechte und Pflichten der im Zeitpunkt
des Überganges bestehenden Arbeitsverhältnisse ein. Die Mitarbeiter des
Klinikums Offenbach haben damit keinen rechtlichen Nachteil. Eine Kündigung
durch den alten oder neuen Arbeitgeber wegen des Betriebsüberganges ist
unwirksam.
Wegen der gesetzlichen Regelung des Betriebsüberganges in § 613 a BGB
bedarf es keiner schuldrechtlichen Vertragsübernahme und insbesondere
keiner Zustimmung der Betroffenen. Allerdings haben diese die Möglichkeit,
dem Übergang des Arbeitsverhältnisses zu widersprechen. Ein Widerspruch
könnte jedoch ein wichtiger Grund für eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses
darstellen. Die Anwendung des § 613 a BGB hat weiter zur Folge, dass die
Arbeitnehmer für den Fall, dass der neue Arbeitgeber in eine abweichende
Tarifzuständigkeit fallen würde, für die Dauer eines weiteren Jahres dem bisher
für sie gültigen Tarifrecht unterliegen, es sei denn, dieser Tarifvertrag tritt vor
Fristablauf außer Kraft oder Arbeitnehmer und neuer Arbeitgeber vereinbaren
die ausschließliche Geltung des der Tarifzuständigkeit des neuen
Arbeitgebers entsprechenden Kollektivvertrages.
Wegen der in diesem Zusammenhang zu treffenden Regelung soll der
Verwaltungsdirektor unverzüglich die Vertretung der Mitarbeiter und die
zuständigen Gewerkschaften einbeziehen.
Hinsichtlich der bereits beendeten Arbeitsverhältnisse tritt der Arbeitgeber nicht
in noch bestehende Vergütungsverpflichtungen oder Versorgungszusagen bzw.
Pensionsverpflichtungen ein. Hier bleibt die Stadt Offenbach als bisheriger
Arbeitgeber verpflichtet.
Bereits begründete Versorgungsanwartschaften bleiben beim Übergang der
Arbeitsverhältnisse bestehen.
Die Betriebskommission des Klinikums Offenbach hat in ihrer Sitzung am 02.06.2004 der Vorlage mehrheitlich zugestimmt.
Anlage