Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2006 - 2011


Drucksachen-Abteilung I (A) Ausgegeben am 10.01.2007

Eing. Dat. 09.01.2007

 

Nr. 114

 

 

 

Erweiterung der Programme zur Verbesserung der Sprachkompetenz und der Elternarbeit/ Stadtteilmütter
Antrag SPD, B`90/Die Grünen und FDP vom 09.01.2007, DS I (A) 114


Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

Der Magistrat wird beauftragt zu prüfen und zu berichten,

1. wie sich das so genannte Projekt „Stadtteilmütter“ für die Integrationsarbeit mit
    Müttern mit Migrationshintergrund einrichten lässt.

2. in welcher Form ggf. eine Ausweitung dieser Projekte auch auf Eltern ohne
    Migrationshintergrund erfolgen kann.

3. darzulegen, wie ein solches Programm finanziert werden kann und ob hierfür
    Zuschüsse aus Landes-, Bundes- (etwa aus dem Programmtitel Soziale Stadt des
    Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung) und Europamitteln in
    Anspruch genommen werden können.


Begründung:

 

Die PISA-Studie hat eindrücklich gezeigt, dass Kinder aus bildungsfernen Schichten weitaus schlechtere Chancen haben, einen ihrem Leistungsvermögen entsprechenden Schulabschluss zu erreichen.

 

Die Ursachen schlechterer Bildungschancen von Kindern aus bildungsfernen Schichten sind vielfältig. Sie hängen zum Teil mit Sprachdefiziten der Kinder zusammen, aber auch damit, dass Eltern mit ihrer Erziehungsarbeit überfordert sind. Die Erweiterung der Elternarbeit und der Ausbau der Sprachförderung sollen die Bildungschancen dieser Kinder verbessern, indem Defizite bei der Sprachentwicklung frühzeitig erkannt und beseitigt werden.  

 

Das Projekt "Stadtteilmütter" sieht vor, Eltern den Zusammenhang zwischen Sprachkompetenzen/Sprachkenntnissen und schulischem Erfolg zu vermitteln. Im Rahmen des Projektes werden einzelne Mütter mit Migrationshintergrund aus den verschiedenen Offenbacher Stadtteilen zu Integrationslotsinnen für die Zusammenarbeit mit Eltern und den Offenbacher Bildungsinstitutionen qualifiziert. Aufgabe der Stadtteilmütter ist es, Müttern der eigenen ethnischen Zugehörigkeit die Anforderungen des deutschen Bildungssystems zu erläutern, sie beim Kontakt mit Kita und Schule zu unterstützen und sie zu motivieren, hierfür die deutsche Sprache, beispielsweise in der VHS, zu erlernen.

 

Gleichzeitig unterstützen die Stadtteilmütter Migrantenfrauen dahingehend, Verantwortung in der Spracherziehung ihrer Kinder zu übernehmen. Da zu beobachten ist, dass Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund mit zwei Halbsprachen und wenig differenziertem Wortschatz sowohl in der Muttersprache als auch in der deutschen Sprache aufwachsen, muss die Sprachkompetenz der Kinder durch die Zusammenarbeit zwischen Eltern und dem Kindergarten verbessert werden. Mütter sollen durch Anleitung der Stadtteilmütter qualifiziert werden, mit ihren Kindern die Herkunftssprache zu differenzieren und zu intensivieren. Hierfür erstellt die Stadt Lehrmaterialien auf deutsch und in der jeweiligen Herkunftssprache. Das Material für die Förderung der Kinder behandelt Themen aus dem Alltag des Kindes (z. B. Familie, Essen, Körper, Kindergarten) und gibt Anregungen für Aktivitäten zur spielerischen Förderung, die die Mütter zu Hause mit ihren Kindern in der Muttersprache durchführen können. Derselbe Lehrstoff wird in den Kindertagesstätten in deutscher Sprache aufgegriffen. Durch dieses verknüpfte Erlernen der Herkunftssprache und der deutschen Sprache wird eine ungestörte zweisprachliche Entwicklung ermöglicht.

 

Da auch bei Kindern ohne Migrationshintergrund vermehrt Defizite in der Sprachentwicklung festgestellt werden, wird der Magistrat beauftragt zu prüfen und zu berichten, wie eine Erweiterung des Stadtteilmütter-Programms zur Verbesserung der Sprachkompetenz und der Elternarbeit auf Eltern ohne Migrationshintergrund aussehen könnte.

 

Das Projekt der Stadtteilmütter wird bundesweit bereits seit einigen Jahren erfolgreich von verschiedenen Städten wie Essen, Berlin-Neukölln, Augsburg oder Recklinghausen praktiziert. Methodisches Vorbild ist ein Projekt der Rotterdammer Elternbildung. Hier werden die Bildungsmaterialien in Rucksäcken an die Eltern übergeben, daher die Bezeichnung Rucksackprojekt.