Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2006 - 2011


Drucksachen-Abteilung I (A) Ausgegeben am 11.01.2007

Eing. Dat. 11.01.2007

 

Nr. 118

 

 

Auswirkungen der Siedlungsbeschränkungsflächen
Antrag SPD, B`90/Die Grünen und FDP vom 5.12.2006, DS I (A) 118


Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

1. Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Offenbach stellt fest, dass der neue
    Siedlungsbeschränkungsbereich (Beschluss der Regionalversammlung Südhes-
    sen vom 24.11.2006) zu deutlichen, zusätzlichen und nicht hinnehmbaren Belas-
    tungen und Verlust von städtebaulichen Entwicklungsflächen im Vergleich zum
    rechtsgültigen Siedlungsbeschränkungsbereich des Regionalplan Südhessen
    (RPS) 2000 führt.

2. Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Offenbach fordert daher den Hessi-
    schen Landtag auf, den Entwurf des Landesentwicklungsplans Erweiterung Flug-
    hafen Frankfurt Main (LEP EFFM, 2006) zurückzuweisen, da es aufgrund der Vor-
    gaben aus dem LEP (Anzahl der Flugbewegungen) eine Anpassungspflicht für den
    Regionalplan mit der Folge gibt, dass entsprechende Siedlungsbeschränkungsflä-
    chen auszuweisen sind.

3. Bei der Bewertung der geplanten Ausbaumaßnahmen am Frankfurter Flughafen
    fordert die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Offenbach:

   - den Siedlungsbeschränkungsbereich des geltenden Regionalplan Südhessen
     (RPS) 2000 als Bewertungsmaßstab für die Betroffenheit der Siedlungszuwachs-
     flächen heranzuziehen.

   - als weiteren Bewertungsmaßstab für die Projektauswirkungen den Planfeststel-
     lungsbeschluss des Jahres 1971 und die dort abgewogenen 325.000 jährlichen
     Flugbewegungen als Bewertungsmaßstab für die Betroffenheit in die Abwägung
     einzustellen.

   - im LEP EFFM 2006 den Planungshorizont 2020 durchgängig für alle Bewertungen
     einzustellen. Ebenso fordert die Stadtverordnetenversammlung der Stadt
    Offenbach die Erstellung eines Umweltberichts der die vorstehenden Vorbelastun-
    gen und den Planungshorizont 2020 berücksichtigt. Dieser Umweltbericht wurde
    bisher nur auf der Grundlage des alten und überholten LEP-Entwurfs von 2005
    vorgelegt.

4. Die Stadtverordnetenversammlung beauftragt den Magistrat darzulegen:

   - welche Konsequenzen sich aus der neuen Prognose der FRAPORT AG zur Ent-
     wicklung des Luftverkehrs für die Lärmbelastung in Wohngebieten und in Gebie-
     ten mit besonderer Schutzfunktion wie Kindergärten und Krankenhäuser sowie die
     Siedlungsbeschänkungsflächen in Offenbach ergeben.

   - welche Belastungen der Luft und des Trinkwassers mit Schadstoffen nach dieser
     Prognose für Offenbach zu erwarten sind.


Begründung

Der Entwurf des Regionalplans Südhessen zeigt, dass nach dem Bau der Nordwest-Landebahn für 75 Prozent des Offenbacher Stadtgebietes eine Siedlungsbeschränkung gilt. Diese Ausbauvariante beeinträchtigt die Entwicklungsmöglichkeiten der Stadt über Gebühr. Schon deshalb ist die Position der Stadt richtig, dass sich aufgrund der neuen Prognose wieder aufdrängende Varianten und Alternativen zu den derzeitigen Ausbauplanungen in den Abwägungsprozess im Rahmen des Landesentwicklungsplans einzubeziehen sind.

 

Für die Beurteilung der Auswirkungsbetrachtungen auf der Ebene der Landesentwicklungs- und Raumordnungsplanung muss immer der geltende (LEP oder ROP) herangezogen werden. Bei der Beurteilung des Siedlungsbeschränkungsbereichs unterstellt der LEP EFFM 2006 hingegen einen imaginären Siedlungsbeschränkungsbereich des so genannten Prognosenullfalls. Für die Beurteilung im LEP ist dies nicht zulässig. Vielmehr muss sich die Auswirkungsbetrachtung mit dem Delta der geltenden raumordnerischen Festlegungen und der absehbaren Entwicklung auseinandersetzen.

 

Der LEP EFFM 2006 ist nach Auffassung der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Offenbach deshalb zurückzuweisen, weil er gravierende Ungereimtheiten enthält und keine vollständige Konfliktbewältigungen aufweist. So unterstellt der LEP EFFM zur Konfliktbewältigung nur den Planungshorizont 2015 mit dem Hinweis, dass eine ausreichende Konfliktbewältigung mit diesem Horizont möglich sei. Dabei übersieht der LEP EFFM, dass mit dem inzwischen offiziell verkündeten Inbetriebnahmedatum 2011/2012 nur noch maximal drei/vier Jahre reale Verkehrsentwicklung in die Abwägung eingestellt werden. Für eine dauerhafte Konfliktbewältigung als Aufgabe der Landesentwicklungsplanung ist dieser Zeitraum deutlich zu kurz.

 

In der Planfeststellung 1971 wurden 325.000 jährliche Flugbewegungen einer Auswirkungsbetrachtung unterzogen. Die zwischenzeitlich deutlich höheren Bewegungszahlen wurden bisher weder bewertet noch in die Auswirkungsbetrachtungen eingestellt. Der Bau der Startbahn 18 wurde in der Planfeststellung von 1971 mit dem Hinweis auf die lärmverteilende Wirkung der querlaufenden Piste begründet und der Bau einer weiteren Piste ausgeschlossen. Nun wird dieses Prinzip der Lärmverteilung aufgegeben und eine Lärmbündelung über der bereits stark betroffenen Stadt
Offenbach als hinnehmbar bezeichnet. Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Off
enbach hält diese erneute Lärmbündelung, die mit zusätzlich mehr als 120.000 jährlichen Flugbewegungen über Offenbach verbunden ist, für nicht hinnehmbar.

 

Die neuen Prognosezahlen machen deutlich, dass sich die Verkehrsentwicklung am Flughafen Frankfurt zeitlich verzögert und zweitens die von der Stadt Offenbach vorgeschlagenen Varianten und Vorhabensalternativen technisch möglich, raumverträglich, kostengünstig und zukunftsorientiert sowohl für den Flughafen als auch für die Region sind. Allein die Nordwestbahn löst, wie zwischenzeitlich bekannt, enorme Entschädigungszahlungen an die Ticona GmbH aus. Diese enormen zusätzlichen Kosten sind aber nicht in die Alternativ- und Variantenbewertung eingeflossen. Auch diese Tatsache macht deutlich, dass Variantenbewertung im LEP EFFM nicht nach objektiven Kriterien, sondern ausschließlich nach Opportunität erfolgte.