Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2006 - 2011


Drucksachen-Abteilung I (A) Ausgegeben am 14.06.2007

Eing. Dat. 14.06.2007

 

Nr. 178

 

 

 

Mindestlohn in Offenbach
Antrag DIE LINKE. vom 14.06.2007, DS I (A) 178


Die Stadtverordnetenversammlung von Offenbach möge beschließen:

Die Stadtverordnetenversammlung spricht sich dafür aus, dass in der Bundesrepublik Deutschland gesetzliche Mindestlöhne eingeführt werden.

Der Mindestlohn von 8,00 Euro brutto pro Stunde darf nicht unterschritten werden.

Der Magistrat der Stadt Offenbach hat dafür Sorge zu tragen, dass in der Stadtverwaltung und bei Unternehmen, an denen die Stadt Offenbach beteiligt ist, ein Mindestbruttolohn von 8,00 Euro pro Stunde gezahlt wird.

Der Magistrat soll Möglichkeiten prüfen, im Rahmen der städtischen Auftragsvergabe nur an solche Firmen Aufträge zu vergeben, deren Bruttostundenlöhne 8,00 Euro nicht unterschreiten.


Begründung:

 

Trotz der momentanen konjunkturellen Belebung kann man leider noch nicht von einer nachhaltigen Trendwende am Arbeitsmarkt sprechen. Viele der nun „neu entstandenen“ Arbeitsplätze sind im Bereich der Zeitarbeit, tariflich ungebundenen, oder gar staatlich bezuschussten Arbeit angesiedelt. Bereits 36 Prozent der Vollzeitbeschäftigten arbeiten im Niedriglohnsektor: 24 Prozent bekommen prekäre Löhne und 12 Prozent erhalten gar Armutslöhne. Von Armutslöhnen spricht man, wenn ein Mensch weniger als 50% des Durchschnittslohns verdient. Davon sind gegenwärtig rund 2,5 Millionen Menschen in Deutschland betroffen.

 

Dabei handelt es sich nicht etwa um eine Gruppe unqualifizierter Arbeitnehmer, deren Arbeitsplätze soziale Aufstiegs- und Qualifizierungschancen bieten, sondern im Gegenteil, verfügen 60% dieser Menschen über eine abgeschlossene Berufsausbildung und verharren dennoch in prekären Arbeits- und Lebensverhältnissen.

 

Armut trotz Vollzeitarbeit ist so in den vergangenen Jahren in unserer Gesellschaft zu einem schwerwiegenden Problem geworden: Die Betroffenen, ihre Familien und Angehörige leiden unter den massiven Folgen sozialer Deprivation und Menschen ohne feste Arbeit erhalten kaum noch eine positive Motivation überhaupt eine Arbeit aufzunehmen, wenn sich hiermit keine soziale Verbesserung erreichen lässt. 

 

Mit einem gesetzlichen Mindestlohn kann Armut von arbeitenden Menschen bekämpft werden. Die Erfahrungen mit Mindestlöhnen in 18 von 25 EU-Mitgliedsländern zeigen, dass auf diese Weise Sozialdumping vermieden werden kann, ohne damit Barrieren auf dem Arbeitsmarkt zu errichten. Auch würde als willkommener Nebeneffekt die Binnennachfrage gesteigert. Kleine und mittelständische Betriebe würden aus dem Wettlauf mit der überregionalen Konkurrenz um die niedrigsten Löhne entlastet und damit wettbewerbsfähiger.

 

Die Stadt Offenbach kann als unmittelbarer Arbeits- und Auftraggeber hierbei ein wichtiges Signal geben und eine Vorreiterrolle bei der Etablierung landesweiter Mindestlöhne übernehmen. In sozialer Verantwortung sendet sie die Botschaft aus, dass sich in ihrem Verantwortungsbereich Arbeit für die Bürger dieser Stadt wieder lohnt und Menschen mehr wert sind als 50% des Durchschnittslohns.