Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2006 - 2011


Drucksachen-Abteilung I (A) Ausgegeben am 02.04.2008

Eing. Dat. 01.04.2008

 

Nr. 294

 

 

 

Bedeutung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den
Arbeitsgemeinschaften (ARGEn) gemäß § 44b SGB II vom 20.12.2007
Antrag SPD, B` 90/Die Grünen und FDP vom 31.03.2008, DS I (A) 294


Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

1. Die Stadtverordnetenversammlung setzt sich beim hessischen und beim deutschen
    Städtetag sowie bei der Landes- und Bundesregierung für eine tragfähige Zukunft für
    die Umsetzung des SGB II und der kommunalen Beschäftigungsförderung ein.

2. Erster Ansatzpunkt muss es sein, nicht übereilt die getrennte Aufgabenwahrnehmung
    zwischen Kommunaler Trägerschaft und Bundesanstalt für Arbeit anzustreben,
    sondern die verfügbare Zeit bis zum 31.12.2010 dafür zu nutzen, nach einer breiten
    fachpolitischen Debatte eine tragfähige Lösung zu finden.

3. Die Rückabwicklung der ARGEn in das Modell der „Kooperativen Jobcenter“ unter
    Regie und Verantwortung der Bundesagentur für Arbeit ist keine erstrebenswerte
    Lösung.

4. Der Magistrat wird beauftragt, sich bei allen relevanten Institutionen in diesem Sinne
    einzusetzen.


Begründung:

 

Das Bundesverfassungsgericht hat mit folgendem Leitsatz entschieden: ARGEn widersprechen dem Grundsatz eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung, der den zuständigen Verwaltungsträger verpflichtet, seine Aufgabe grundsätzlich durch eigene Verwaltungseinrichtungen, also mit eigenem Personal, eigenen Sachmitteln und eigener Organisation wahrzunehmen.

 

Das BVerG hat festgelegt, dass die Vorschriften des § 44 b SGB II zu den ARGEn bis zum 31.12.2010 anwendbar bleiben, wenn der Gesetzgeber nicht zuvor eine andere Regelung trifft.

 

Nach diesem Urteil existieren neben der Möglichkeit einer Verfassungsänderung folgende denkbare Varianten:

 

1.    Vollständige Ansiedelung der Verantwortung und Zuständigkeit beim Bund

2.    Übertragung der Verantwortung auf die Länder

3.    Verfassungsmäßigkeit der ARGEn herstellen

4.    Getrennte Aufgabenwahrnehmung

5.    Erweiterung der kommunalen Option für weitere Kommunen

 

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und die Bundesagentur für Arbeit haben aktuell konkrete Vorschläge für sogenannte „kooperative Jobcenter“ gemacht.

 

In Offenbach werden derzeit in der ARGE mit rund 200 Mitarbeiter/innen rund 18.000 Menschen betreut, beraten, vermittelt.

 

Nun wieder in eine getrennte Aufgabenwahrnehmung zurückkehren, wie vom Bundesministerium vorgeschlagen, und in den sogenannten „kooperativen Jobcentern“ unter Regie und Verantwortung der Bundesagentur zu kooperieren, kann für ARGE-Kommunen keine erstrebenswerte Lösung sein. Das Prinzip Hilfen aus einer Hand hat sich bewährt und kann in einem kooperativen Jobcenter nicht Aufrecht erhalten werden.

Städte und Gemeinden würden einen erheblichen Teil der Kosten aus der Grundsicherung für Arbeitssuchende tragen (z.B. Kosten der Unterkunft), ohne selbst durch eine aktive kommunale Beschäftigungspolitik die Kostenentwicklung beeinflussen zu können.

 

Nach dem derzeitigen Stand der Dinge ist für die meisten Kommunen die Möglichkeit zur Option zur alleinigen Trägerschaft (wie bisher schon im Rahmen des § 6a SGB II für maximal 69 sog. „Optionskommunen“) und damit die alleinige Zuständigkeit in jedem Fall besser, als jede eigene Handlungs- Gestaltungsmöglichkeit aufzugeben.

 

Erster Ansatzpunkt muss es nach Auffassung der Antrag stellenden Fraktionen sein, nicht übereilt die getrennte Aufgabenwahrnehmung zwischen Kommunaler Trägerschaft und Bundesanstalt für Arbeit anzustreben, sondern die verfügbare Zeit für eine geeignete fachpolitische Debatte zu nutzen, um die gesetzliche Grundlage für ein langfristig tragfähiges und den Interessen der Kommunen und der in ihnen lebenden Menschen besser entsprechendes Organisationsmodell für die Umsetzung des SGB II zu schaffen.