Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2006 - 2011


Drucksachen-Abteilung I (A) Ausgegeben am 20.08.2009

Eing. Dat. 20.08.2009

 

Nr. 475

 

 

 

Finanzierung eines Lehrstuhls „Kreativität im urbanen Kontext“  
bei der Hochschule für Gestaltung Offenbach (HfG)
Magistratsvorlage Nr. 316/09 (Dez. I, Amt 80) vom 19.08.2009, DS I (A) 475


Der Magistrat beantragt, dass die Stadtverordnetenversammlung wie folgt
beschließt:

1. Dem in der Anlage beigefügten Vertrag über die Finanzierung eines Lehrstuhls
    „Kreativität im urbanen Kontext“ mit einer Laufzeit von 5 Jahren bzw. 10
    Semestern zwischen der Stadt Offenbach, der Stadtwerke Offenbach Holding
    GmbH (SOH), der Dr. Marschner-Stiftung  und der Hochschule für Gestaltung
    Offenbach (HfG), wird zugestimmt.

2. Die Finanzierung des städtischen Anteils in Höhe von jährlich 33.333,33 € erfolgt
    aus dem Untersachkonto 79100.62050 Standortmarketing, Produkt 15.01.01,
    Sachkonto 68610000.


Begründung:

 

Mit der Förderung der Kreativwirtschaft in Offenbach verfolgt die Wirtschafts-förderung das Ziel, einen Baustein für die wirtschaftliche Basis der Stadt im 21. Jahrhundert zu stärken. Mit der von der Universität Trier erstellten Studie zur Kreativwirtschaft in Offenbach wurde im Jahr 2007 eine wissenschaftlich fundierte Bestandsaufnahme geliefert und – auf der Grundlage einer Stärken-/Schwächen-analyse - Ansatzpunkte für eine gezielte Förderung der Kreativwirtschaft aufgezeigt.

 

Angesichts des stetigen wirtschaftlichen Strukturwandels in der Region und der nach wie vor bestehenden Notwendigkeit, einen nachholenden wirtschaftlichen und sozialen Modernisierungsprozess in Offenbach zu gestalten, muss die Wirtschaftsförderung sich weiter auf den Dienstleistungsbereich konzentrieren. In hoch entwickelten Volkswirtschaften sind heute nur hierüber nachhaltige Arbeitsplatzzuwächse zu erzielen. Von besonderer Bedeutung im Dienstleistungsbereich sind unternehmensorientierte Dienstleistungen und hier insbesondere die Branchen der Kreativwirtschaft. Diese Bereiche weisen eine ausgesprochen dynamische, positive Entwicklung auf. Hierüber werden indirekt auch Arbeitsplätze in einfacheren Dienstleistungssegmenten geschaffen, sowohl über Multiplikatoreffekte als Folge höherer Einkommen und höherer Konsumausgaben als auch über Arbeitsplätze für einfache Tätigkeiten in wachsenden Betrieben des unternehmensorientierten Dienstleistungssegmentes.

 

Wissen und Kreativität sind die zentralen Kräfte, die zukünftig über den wirtschaftlichen Erfolg von Städten und Regionen entscheiden. Der Kreativsektor schafft hochwertige innovative Arbeitsplätze und kann  daher ein tragendes Element für den Strukturwandel zu einer modernen wissensbasierten Ökonomie sein. Die besondere und weiterhin zunehmende Aufmerksamkeit, die dieser Teilbereich der Wirtschaft erhält, ist damit zu begründen, dass das Kreativitätspotenzial einer Region als ein entscheidender Standort- und Wirtschaftsfaktor im Übergang zur Wissens- bzw. Informationsgesellschaft bewertet wird.

 

Kreativität wird in der Fachdiskussion als der zentrale Faktor für Wachstum und Entwicklung von Städten, Regionen und Nationen gesehen. Die Fähigkeit, neue Ideen zu generieren und umzusetzen, gilt im Zeitalter der Globalisierung als ein wichtiges Element der Wettbewerbsfähigkeit von hochentwickelten Volkswirtschaften. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich, Marketingaktivitäten besonders auf die Kre­ativen zu fokussieren, da diese Bevölkerungsgruppe eine bedeutende Ressource für die Ansiedlung weiterer kreativer Aktivitäten und damit für die zukünftige positive Wirtschaftsentwicklung sein kann.

 

Für eine Ausweitung des unternehmensorientierten Dienstleistungssegmentes und damit auch für weite Teile der Kreativwirtschaft bietet Offenbach, wie in der Kreativstudie der Uni Trier belegt wird, beträchtliche Potenziale. Mit der HfG ist in Offenbach ein international anerkanntes Kreativzentrum vorhanden. Die Einbindung der HfG in die Maßnahmen zur Förderung und Stärkung des Kreativstandortes Offenbach drängt sich förmlich auf.

 

Die konkrete Positionierung Offenbachs im Kontext der Kreativwirtschaft und die Umsetzung einer solchen Konzeptionierung in ein Maßnahmepaket soll durch den zu finanzierenden Lehrstuhl an der HfG erarbeitet werden. Damit wird das Ziel verfolgt, zu innovativen und längerfristig tragfähigen Ergebnissen zu kommen, die Offenbach über die Region hinaus als wichtigen Akteur der Kreativwirtschaft etabliert und sichtbar macht.

 

Der analog einer Stiftungsprofessur ausgestaltete Lehrstuhl „Kreativität im urbanen Kontext“ soll, besetzt mit einer Persönlichkeit mit einschlägigen Erfahrungen, im Verbund mit verschiedenen Lehrgebieten und Studenten-Teams in der HfG, entsprechende Strategien und Maßnahmen erarbeiten. Die wissenschaftliche Begleitung soll durch die HfG gewährleistet werden. Durch Symposien und Publikationen soll eine Information der Öffentlichkeit erfolgen.

 

Die Besetzung des Lehrstuhls erfolgt nach einer öffentlichen Ausschreibung durch die HfG. Die Laufzeit von 5 Jahren bzw. 10 Semestern orientiert sich an der üblichen Dauer von Stiftungsprofessuren und ist notwendig, um zu fundierten Erkenntnissen und nachhaltig wirksamen Ergebnissen zu kommen.

 

Die jährlichen Kosten in Höhe von 100.000 € werden von der Stadt Offenbach, der SOH und der Dr. Marschner Stiftung je zu einem Drittel getragen.

 

Die gemeinnützige Dr. Marschner-Stiftung dient der Förderung mildtätiger, kultureller und wissenschaftlicher Zwecke. Entsprechend dem Stifterwillen und ihrer Satzung fördert die Dr. Marschner Stiftung ausschließlich Projekte in Frankfurt und Offenbach. Ziel der Dr. Marschner Stiftung ist es, Initiativen zu fördern, die das gesellschaftliche Leben in Frankfurt und Offenbach bereichern und damit letztendlich den Frankfurter und Offenbacher Bürgern zu Gute kommen.

 

Der Vertrag ist offen für weitere Partner, die sich an der Ko-Finanzierung der Professur „Kreativität im urbanen Kontext beteiligen“ wollen. Zuwendungen dieser Art würden wie Zustiftungen behandelt und hätten eine entsprechende Reduzierung der Finanzierungsanteile der Stadt Offenbach und der SOH zur Folge.

 

Beabsichtigt ist, Zustifter sowohl aus der Region Rhein-Main als auch aus der Stadt Frankfurt zu gewinnen, da so der regionale Kontext der Kreativwirtschaft entsprechend abgebildet werden würde.

 

Die IHK Offenbach hat bereits ihre Bereitschaft erklärt, eine jährliche Zustiftung in Höhe von 5000 € über die Laufzeit des Vertrages vorzunehmen. Die IHK soll mit ihrem Präsidenten in dem Beirat vertreten sein, um so die Bedeutung der Kreativwirtschaft und der darauf bezogenen Forschung für die lokale Wirtschaft entsprechend deutlich zu machen.

 

Die HfG ist eine renommierte Ausbildungsstätte für den Personalbedarf der Unternehmen der Kreativwirtschaft. Auch könnte damit die 12. These aus der von Albert Speer erstellten Studie „Frankfurt für alle“ – „Die Zukunft der Frankfurter Kreativwirtschaft liegt auch in Offenbach“ exemplarisch umgesetzt werden.

 

Ein Inhalt des Lehrstuhls „Kreativität im urbanen Kontext“ könnte die wissenschaftliche Erforschung der Möglichkeiten, Chancen und Voraussetzungen des in der Speer-Studie angesprochenen bilateralen Kooperationsschwerpunktes Kreativwirtschaft in den Nachbarstädten Offenbach und Frankfurt sein. Damit würde auch ein Beitrag zur Stärkung des Kerns der Region geleistet.

Anlage:

Lehrstuhlfinanzierungsvertrag