Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2006 - 2011


Drucksachen-Abteilung I (A) Ausgegeben am 04.03.2010

Eing. Dat. 04.03.2010

 

Nr. 574

 

 

 

 

Kultur-Pflichtverband Rhein-Main
hier:    Klage / Dringlichkeitserklärung gemäß § 6
            Ballungsraumgesetz (BallrG)
Antrag Magistratsvorlage Nr. 083/10 (Dezernat I, Amt 10.4) vom 03.03.2010,
DS I (A) 574


Der Magistrat beantragt, dass die Stadtverordnetenversammlung wie folgt beschließt:

Der Magistrat wird beauftragt, das von der Stadt Offenbach vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden geführte Streitverfahren (Az. 3 K 1108/09 WI) – unter Verwahrung gegen die Kostenlast – für erledigt zu erklären.


Begründung:

Mit Beschluss vom 17.06.2004 hat die Stadtverordnetenversammlung den Magistrat beauftragt, gegen eine Realisierung der von Hessens Ministerpräsident Roland Koch angekündigten Gründung von Zwangsverbänden alle juristischen und politischen Mittel zu prüfen und einzusetzen.

 

Daraufhin hat der Magistrat mit Beschluss vom 20. Juli 2005 – Vorlage 255/05 – entschieden, gegen die Dringlichkeitserklärung der Landesregierung des Landes Hessen vom 11. Juli 2005 Klage zu erheben.

 

Hintergrund des Verfahrens ist, dass die hessische Landesregierung gemäß § 6 Abs. 1 S. 4 BallrG in dem Fall, dass die betroffenen Städte und Gemeinden sich nicht binnen eines Jahres zur Wahrnehmung der für dringlich erklärten Aufgabe (hier: Förderung von Kultureinrichtungen mit überörtlicher Bedeutung) zusammenschließen, die Möglichkeit eröffnet wird, die betroffenen Städte und Gemeinden durch Erlass einer Rechtsverordnung zwangsweise zu einem Pflichtverband zur Wahrnehmung der bezeichneten Aufgabe zusammenzuschließen. Da die Gefahr bestand, dass bei Untätigkeit der Stadt Offenbach die Dringlichkeitserklärung prozessual unangreifbar geworden wäre und damit nicht mehr gegen die Begründung eines Pflichtverbandes hätte vorgegangen werden können, war es angezeigt, Klage zu erheben.

 

Entsprechend dieser Beschlusslage hat die Stadt Offenbach das Rechtsanwaltsbüro Clifford Chance in Frankfurt am Main beauftragt und im Jahr 2006 beim Verwaltungsgericht Wiesbaden eine Anfechtungsklage gegen das Land Hessen unter dem Aktenzeichen 3 K 1108/09.WI erhoben, die aktuell noch anhängig ist.

 

Während des gerichtlichen Verfahrens wurde vom Land Hessen, den Städten Frankfurt am Main und Darmstadt sowie dem Hochtaunuskreis und dem Main-Taunus-Kreis die Gemeinnützige Kulturfonds Frankfurt RheinMain GmbH gegründet, die das Land Hessen als geeignet und ausreichend für die angestrebte Kulturförderung im Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main ansieht.

 

Wie in einem parallelen Rechtsstreit der Stadt Karben gegen das Land Hessen hat das Land Hessen nunmehr auch im von der Stadt Offenbach angestrengten Klageverfahren mit Schriftsatz vom 20. November 2009 die folgende Erklärung abgegeben:

 

"Wie bereits im Verfahren VG Wiesbaden 3 K 93/07.WI können wir für das beklagte Land auch im vorliegenden Verfahren erklären, dass das beklagte Land die verfahrensgegenständliche Dringlichkeitserklärung nicht mehr als Grundlage für den Erlass einer Rechtsverordnung nach § 6 Abs. 2 S. 4 BallrG [Anmerkung: gemeint ist § 6 Abs. 1 S. 4 BallrG] ansieht."

 

Das Anwaltsbüro Clifford Chance empfiehlt nun, den Rechtsstreit für erledigt zu erklären.

 

Zwar würde endgültige Sicherheit im weiteren Verordnungserlassverfahren letztlich nur eine im hessischen Staatsanzeiger zu veröffentlichende Erklärung der hessischen Landesregierung bringen, wonach die hessische Landesregierung die streitgegenständliche Dringlichkeitserklärung vom 11. Juli 2005 formell aufhebt. Eine derartige Handlung ist jedoch angesichts der derzeitigen politischen Situation nicht zu erwarten. Aus diesem Grund verbleibt es aktuell einzig bei den Möglichkeiten, entweder den Prozess fortzuführen oder auf Basis der vom Land Hessen abgegebenen Erklärung den Prozess für erledigt zu erklären.

 

Die derzeitige politische Lage lässt - unabhängig von der Rechtsnatur der vom Land Hessen abgegebenen Prozesserklärung - die Errichtung eines Pflichtverbandes Kultur durch die hessische Landesregierung unwahrscheinlich erscheinen. Insofern dürfte der Ausgang des Prozesses ohne Einfluss auf die Entscheidung der hessischen Landesregierung zum Erlass einer Pflichtverbandsverordnung Kultur sein.

 

Zudem stellen sich die Erfolgsaussichten des anhängigen Prozesses nicht überwiegend positiv dar. Dies insbesondere deshalb, da das Verwaltungsgericht Wiesbaden die Erfolgsaussichten des bereits für erledigt erklärten Parallelverfahrens der Stadt Hanau gegen das Land Hessen nach einer summarischen Prüfung der dortigen Sach- und Rechtslage äußerst gering eingeschätzt hat. Dem mit einer Weiterführung des Prozesses verbundenen Kostenrisiko stehen folglich nur ein beschränkter Nutzen und geringe Erfolgsaussichten gegenüber.