Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2006 - 2011


Drucksachen-Abteilung I (A) Ausgegeben am 08.09.2010

Eing. Dat. 08.09.2010

 

Nr. 628

 

 

Volksabstimmung Schuldenbremse
Antrag DIE LINKE. vom 07.09.2010, DS I (A) 628


Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

  - Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Offenbach lehnt eine Verankerung
    der so genannten „Schuldenbremse“ in der Hessischen Landesverfassung aus
    kommunalpolitischen Gründen ab.

  - Die Stadtverordnetenversammlung fordert die Fraktionen der Regierungskoalition
    im Hessischen Landtag auf, ihre Pläne aufzugeben, eine Volksabstimmung zur
    Verankerung dieser „Schuldenbremse“ in der Hessischen Verfassung gleichzeitig
    mit der Kommunalwahl am 27. März 2011 durchzuführen.

  - Sollte diese Abstimmung dennoch stattfinden, fordert die Stadtverordneten-
    versammlung die Bürgerinnen und Bürger auf, diese Verankerung abzulehnen.


Begründung:

 

Die Landesregierung plant am Tag der Kommunalwahl über die Verankerung einer „Schuldenbremse“ in der Landesverfassung abstimmen zu lassen. Damit soll auch auf Landesebene die neoliberale Politik der Ausgabensenkung verfassungsrechtlich festgeschrieben werden. Eine „Schuldenbremse“ bedeutet letztlich nachhaltigen Sozialabbau, d.h. die Rückführung gesellschaftlich notwendiger, aber auf freiwilliger Basis der Kommune beruhender Leistungen (z.B. öffentlicher Nahverkehr, Stadtbücherei, vielfältige Unterstützung von Migranten, kommunale Bäder, Essensversorgung für  Schüler/innen) auf ein historisch weit zurückliegendes Maß.

 

Gerade die Kommunen wurden von der Steuersenkungs- und Umverteilungspolitik der letzten Jahre massiv betroffen. Anstatt einer Schuldenbremse fordern wir wirksame Maßnahmen, um die kommunalen Finanzen zu stärken. Denn seit Jahrzehnten geht es in den Gemeinden weniger um ein Ausgaben- als um ein kommunales Einnahmeproblem.  Zu seiner Lösung bedarf es sowohl einer Steuerreform, die die finanzielle Handlungsfähigkeit des Staates insgesamt stärkt (z.B. die Erhebung von Vermögens-, Millionärs- und Transaktionssteuer) als auch eine Neuordnung der Finanzen zwischen Bund, Ländern und Kommunen.

 

Die Verankerung einer „Schuldenbremse“ würde zudem den sozialen Gehalt der Hessischen Verfassung weiter aushöhlen. Wenn es in Artikel 38 heißt „Die Wirtschaft des Landes hat die Aufgabe, dem Wohle des ganzen Volkes und der Befriedigung seines Bedarfs zu dienen.“ kann es nicht um einen Wettbewerb der Steuersenkung sich gegenseitig auskonkurrierender Kommunen gehen, sondern um die Förderung  der Existenzgrundlagen aller Bürgerinnen und Bürger.

 

Durch die von der Landesregierung auf die politische Agenda gesetzte Schuldenbremse ist aber eine verstärkte Konkurrenz um zukünftige Landesmittel absehbar und zweierlei gewiss: Dass durch eine "Schuldenbremse" eine Konsolidierung kommunaler Finanzen zusätzlich noch weniger möglich wird und kommunale Investitionstätigkeiten, die bislang Tausenden gewerblich Beschäftigten ihren Lebensunterhalt sicherten, versiegen.

 

Da die Beschreibung der negativen Folgen der Schuldenbremse weder von der initiatorischen Landesregierung noch von der sie tragenden Parteien zu erwarten ist, ist es unbedingte Aufgabe der bedrängten Kommunen ihr Wahlvolk jetzt über die für es zu erwartenden Konsequenzen aufzuklären.