Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt

Offenbach am Main

2011 - 2016


2011-16/DS-I(A)0224Ausgegeben am 09.08.2012

Eing. Dat. 09.08.2012

 

 

 

 

Tempelseeanlage – Gesamtkonzept Sanierung Teich und Umfeld
hier: Projektbeschluss
Antrag Magistratsvorlage Nr. 278/12 (Dez. I, Amt 60) vom 08.08.2012

 


Der Magistrat beantragt, dass die Stadtverordnetenversammlung wie folgt beschließt:

1. Der Sanierung der Teiche in der Tempelseeanlage sowie ihres Umfeldes, auf der
    Grundlage der vom Amt für Stadtplanung und Baumanagement in Zusammenarbeit
    mit dem Büro BGS Umwelt Brandt Gerdes Sitzmann GmbH, Darmstadt, sowie dem
    Büro GPM, Kronberg, erstellten und vom Revisionsamt geprüften Kostenberechnung
    in Höhe von 310.000,00 € wird zugestimmt.

2. Die erforderlichen Mittel werden bewilligt und bei dem Untersachkonto 58000.51010
    „Instandhaltung Park- und Gartenanlagen (13.01.01)“, SK 61650003, Produkt
    13.01.01, PN V 9049 wie folgt bereitgestellt:

    Haushaltsplan 2011 und früher:                                           240.000,00 €
    Haushaltsplan 2012:                                                                 70.000,00 €
    Gesamt:                                                                                     310.000,00 €
   
3. Die jährlich anfallenden und vom Revisionsamt geprüften Folgekosten in Höhe von
    13.732,68 € sind in den folgenden Jahren zu veranschlagen.

    Die Unterhaltungskosten (Pflegeleistung ESO) erhöhen sich durch die Maßnahme um
    3.068,68 €/pa. Dieser Betrag ist in dem o.g. Betrag in Höhe von 13.732,68 € enthalten.

    Die entsprechenden Mittel sind bei dem Untersachkonto 58000.67581 „Grünpflege
    Unterhaltung, neue Maßnahmen“, SK 61650003 Produkt 13.01.01 in den
    Folgehaushaltsjahren zusätzlich bereitzustellen.


Begründung:

 

Aufgrund eigener Beobachtungen sowie mehrerer Hinweise bzw. Beschwerden von Bürgern wurde von den Ämtern für Umwelt, Energie und Mobilität sowie Stadtplanung und Baumanagement festgestellt, dass die beiden Teiche in der Tempelseeanlage faulig riechen.

 

Bei einem damaligen gemeinsamen OT konnte festgestellt werden, dass selbst im Spätherbst ein leicht  fauliger Geruch vom Wasser ausgeht. Zu erkennen war auch, dass die Teiche stark verlaubt und verschlammt sind. Beide Ämter sahen einvernehmlich Handlungsbedarf und hielten die Erstellung eines Sanierungs- und Pflegekonzeptes für sinnvoll. Ziel der Sanierung ist zum einen der Erhalt bzw. die Wiederherstellung eines ökologisch wertvollen Lebensraumes für Tiere und Pflanzen. Zum anderen sind Wasser und Gewässer ein Element, das Bürgern als Freizeitflächen besonders wichtig ist. Insofern ist das zweite Ziel der Maßnahme der Erhalt dieser besonderen Qualität der Tempelseeanlage als Freizeitanlage.

 

In einem ersten Schritt wurde ein Gewässerökologe mit der Feststellung des Zustandes hinsichtlich Gehölzbeständen am Teich, Wasserfauna, Nährstoffen und chemisch-physikalische Parameter, Wasserqualität, Schlammvolumen,  Schlammanalytik, sowie daraus abgeleitet Empfehlungen für die Pflege und Sanierung der Teiche, beauftragt.

 

Zusammenfassung der Ergebnisse:

Aufgrund Sauerstoff verbrauchender Prozesse beim bakteriellen Abbau organischer Substanzen weisen die beiden Teiche nur geringe Sauerstoffwerte auf. Die Nährstoffgehalte sind aufgrund des organischen Eintrags (insbesondere durch Laubabwurf der umstehenden Bäume) sehr hoch, so dass man von einer Überdüngung sprechen kann. Die Schlammdicke füllt mindestens die Hälfte der Teichvolumina aus. Der darüber befindliche Wasserkörper ist damit starken Schwankungen von wasserchemischen und physikalischen Parametern ausgesetzt, die insgesamt als lebensfeindlich zu bezeichnen sind. Auftretende Sauerstoffdefizite, extrem hohe pH-Werte, hohe Ammoniakwerte und Faulgasbildungsprozesse führen dazu, dass das Gewässer „umkippt“, so dass es zu starker Geruchsbelästigung kommt und das Gewässer seine Funktion als Lebensraum für Fische und Amphibien verliert.

 

Handlungsempfehlungen des Gutachters:

1.     Restaurierung der Teiche durch Entfernung des Schlammes

2.     Weitestgehende Vermeidung des Eintrages von organischem Material

3.     Herstellung von Frischluftschneisen

4.     Ufergestaltung (Anlegen von Flachwasserzonen zur Erhöhung der Selbstreinigungsleistung)

5.     Öffentlichkeitsarbeit (Vermeidung von Hundekot, Vermeidung der Fütterung von Wasservögeln)

 

In einem nächsten Schritt wurde ein Ingenieurbüro mit der Prüfung verschiedener Möglichkeiten zur Entfernung des Schlamms beauftragt. Die Prüfung erfolgte insbesondere nach den Kriterien Kosten, Nachhaltigkeit und Genehmigungsfähigkeit. Geprüft wurden unter anderem:

-       Der Schlammabbau mittels Belüftung der Teiche.

-       Das Abpumpen des Schlammes und Entsorgung des flüssigen Schlammes über einen Entsorger.

-       Die Entschlammung und Entsorgung des Schlammes auf landwirtschaftlichen und städtischen Flächen.

-       Die Entschlammung mittels Vorkonditionierung und Entsorgung über einen Entsorger.

-       Kombinationen der o.g. Varianten (Belüftung eines Teiches, Entschlammung des anderen Teiches).

 

Eine auf den ersten Blick finanziell günstigere Lösung (Variante 2: nur Teilflächen sanieren, Reduktion des Schlammes durch Belüftung) wurde wegen des ungenügenden Schlammabbaus und negativer Folgen (Nährstoffanreicherung) als nicht zielführend und nicht nachhaltig eingestuft und deshalb verworfen. Vor diesem Hintergrund wird eine Lösung empfohlen, die vorsieht, das Wasser des Teichs abzupumpen, den Schlamm vorzukonditionieren, bis zur stichfesten Konsistenz zu trocknen, zu entnehmen und zu entsorgen (Variante 1).

 

In einer weiteren Prüfung aufgrund STV-Beschluss 2011-16/DS-I(A)0065/2 vom 10.11.2011 wurden nochmals mögliche Alternativen vor allem in Richtung einer Teilverfüllung des Gewässers geprüft, mit dem Ziel, Kosten einzusparen. Außerdem wurde die Maßnahme im Sinne eines Gesamtkonzepts um förderliche Maßnahmen im Umfeld erweitert. Die Prüfung ergab, dass kurzfristig für eine Teilverfüllung (Variante 2) deutlich höhere Investitionskosten erforderlich sind, die nicht zur Verfügung stehen. Deshalb soll die ursprünglich verfolgte Lösung (Variante 1), in Verbindung mit Maßnahmen zur Verbesserung des Umfeldes entsprechend der Empfehlungen des Gutachters, realisiert werden.

 

Die eigentliche Entschlammung der Teiche wird ergänzt durch Gehölzauslichtungen, die zukünftig den Eintrag von Laub in die Gewässer reduzieren und eine bessere Belichtung und somit höhere biologische Aktivität bewirken. Weiterhin werden als biotopverbessernde Maßnahme Initialpflanzungen mit Röhricht und Wasserpflanzen durchgeführt.

 

Baumfällungen und Eingriffe in den ufernahen Gehölzbestand sind erforderlich, um die Eintragung von Laub zu reduzieren, d.h. die Neubildung von Schlamm möglichst lang hinauszuzögern. Die Fäll- und Rodungsmaßnahmen wurden im Vorfeld bei einem Orstermin mit dem Amt für Umwelt, Energie und Mobilität und dem Naturschutzbeirat einvernehmlich abgestimmt. Vorgesehen ist es, ca. 31 Bäume zu fällen sowie 52 weitere Bäume und Gehölze auf den Stock zu setzen.


Die Teiche sind bis auf wenige Grünfrösche amphibienfrei, so dass von einem Abfischen oder Absammeln vor der Entschlammung abgesehen werden kann. Beide Teiche sind in hoher Dichte vom Giebel (Fischart) besiedelt, der an extreme Lebensbedingungen angepasst ist. Diese Fische werden in Abstimmung mit der Stadt von örtlichen Fischereivereinen vorab abgefischt.

 

Der Schlamm wurde beprobt. Es liegen geringfügige Belastungen mit Blei und Zink vor (Einordnung nach LAGA Klasse Z1.1), so dass eine direkte Verwertung des Schlamms ohne Aufbereitung nicht möglich ist. Dies wird bei der Entsorgung entsprechend berücksichtigt, unmittelbare Gefährdungen gehen davon jedoch nicht aus.

 

Beurteilung der Auswirkungen auf Natur, Umwelt und Klima

Die Auswirkungen auf Natur, Umwelt und Klima werden vom Amt für Umwelt, Energie und Mobilität wie folgt eingeschätzt:

 

Untere Naturschutzbehörde

Zur Wiederherstellung eines funktionsfähigen Gewässerbiotops im Tempelseeweiher besteht aus naturschutzfachlicher Sicht dringender Handlungsbedarf. Hierfür werden die in der Planung dargestellten Maßnahmen mit den nachfolgend beschriebenen Ergänzungen für unverzichtbar erachtet:

 

•          vollständige Beseitigung des Faulschlammes aus beiden Gewässerabschnitten

Aus naturschutzbehördlicher Sicht kann die hierzu erforderliche Beseitigung der im „Schilfteich“ noch vorhandenen Schilf- und Binsenbestände, gesetzlich geschützte Lebensräume nach  § 30 Abs. 2 Nr. 2 BNatSchG (Röhrichte), unter folgender Bedingung zugelassen werden: Die Röhrichtpflanzen sind entweder schonend zu entnehmen und nach Reinigung des Wurzelwerks wieder einzubringen oder in gleicher Artenzusammensetzung neu anzupflanzen.

 

•          Statt vorkultivierter Schilfpflanzen-Matten (zur Verbesserung der Selbstreinigungsleistung der Gewässer) sollten teilweise Rohrkolben, Teichbinse, Igelkolben, Sumpfschwertlilie und Waldsimse verwendet und in ausreichendem Abstand zu den Schilfanpflanzungen eingebracht werden.

 

•          Minimierung von organischen Einträgen (Falllaub und Nadeln) durch die Freimachung der Ufer von Gehölzen. Die bakterielle Zersetzung dieser Abfälle im Wasser erfolgt unter erheblichem Sauerstoffverbrauch zu Lasten der Wasserqualität. Die Freimachung der Uferzone von Gehölzen sollte bis an den umlaufenden Weg erfolgen.

 

•          Entfernung insbesondere der für die Gesunderhaltung des Gewässers schädlichen Arten wie Sumpfzypresse, Flügelnuss und anderen Exoten. Die im Abfall dieser Baumarten enthaltenen Substanzen sind für viele Wasserorganismen schädlich, teilweise sogar toxisch. Die durch den Besitz flugfähiger Samen ausgezeichnete Kaukasische Flügelnuss sollte auch jenseits des Weges vollständig beseitigt werden. Zu den hierzu erforderlichen Eingriffen in den Gehölzbestand erteilt das Amt für Umwelt, Energie und Mobilität das Einvernehmen. Somit sind die Vorgaben der Organisationsverfügung 149 i. V. mit der Satzung zum Schutz der Grünbestände in Offenbach erfüllt.

 

Artenschutz:

Die Überwinterung von Amphibien oder anderen höheren Wasserorganismen am Gewässergrund ist wegen der Freisetzung giftiger Gase aus der mächtigen Faulschlammschicht derzeit ausgeschlossen. Daher bestehen keine Bedenken, die Entschlammung des Weihers auch während der Herbst- und Wintermonate durchzuführen. Mit den Arbeiten ist nach Ende der gesetzlich geschützten Vogelbrutzeit (01.03.-30.09.) zu beginnen (§ 39 Abs. 5 Nrn. 2 und 3 BNatSchG).

 

Untere Wasserbehörde

Aus Sicht des Gewässerschutzes ist die vorgesehene Entschlammung erforderlich.

Die geplanten Maßnahmen führen zu Verbesserungen der Lebensraumfunktionen im Umfeld des Gewässers und damit  zur (Wieder)Herstellung des vormals wertvollen Gewässerbiotops und einer guten Wasserqualität.

 

Altlasten / Bodenschutz

Aus Sicht des Bodenschutzes bestehen keine Bedenken.

 

Immissionsschutz

Nicht betroffen.

 

Klimaschutz / Energie

Nicht betroffen.

 

Erläuterung zur Kostenberechnung

Mit der Durchführung der erforderlichen Arbeiten soll sofort nach Bereitstellung der Haushaltsmittel begonnen werden.

 

Über die Maßnahme wurde durch die beauftragten Büros BGS Umwelt, Darmstadt, und GPM, Kronberg, eine Kostenberechnung erstellt, die, vom Revisionsamt geprüft, mit 310.000,00 € abschließt.

 

Die vom Revisionsamt geprüften jährlichen Folgekosten für die Gesamtmaßnahme belaufen sich insgesamt auf 13.732,68 €.

 

Im Büro der ehrenamtlichen Magistratsmitglieder und anschließend im Büro der Stadtverordnetenversammlung liegen die Planungsunterlagen, die Folgekostenberechnung sowie eine detaillierte Kostenberechnung zur Einsichtnahme aus.

Anlage:

Auszug aus der Stadtkarte